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22. Februar 2000:

Statt mehr Datenschutz weniger Persönlichkeitsrechte in Strafverfahren

Zur Bundesratsentscheidung über Datenschutz im Strafverfahren erklären die Datenschutzbeauftragten von Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein- Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein:

Jahrelang hat es der Gesetzgeber versäumt, für die hochsensiblen personenbezo- genen Informationen in Strafverfahren Datenschutzregelungen zu verabschieden - ein nach Meinung aller Datenschutzbeauftragter unhaltbarer Zustand. Mehrere Entwürfe eines "Strafverfahrensänderungsgesetzes" (StVÄG) sind am Widerstand der Länder gescheitert. Der von der Bundesregierung 1999 vorgelegte Gesetzentwurf verschlechterte die inhaltlich ohnehin unzureichenden Regelungen der vorherigen Entwürfe aus grundrechtlicher Sicht sogar noch in wesentlichen Punkten. Die am 27. Januar 2000 im Bundestag verabschiedete Fassung enthält lediglich an wenigen Stellen Korrekturen zugunsten des Persönlichkeitsschutzes von Beschuldigten und Zeugen, beispielsweise bei der eingriffsintensiven Öffentlichkeitsfahndung. Geblieben sind gravierende datenschutzrechtliche Mängel:

  • Die Zweckbindung von Daten aus der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung wird nahezu vollständig aufgehoben.
  • Den Strafverfolgungsbehörden wird ein regelrechtes "Befugnis-Shopping" eröffnet. Verfahrensdaten sollen auch zur Verfolgung künftiger Straftaten in Dateien gespeichert werden dürfen, obwohl die Polizei solche Dateien auf landesrechtli- cher Grundlage bereits seit langem besitzt.
  • Ein gemeinsamer Datenpool der Justizbehörden wird eingeführt, unabhängig davon, ob die Informationen für ihre konkreten Aufgaben wirklich erforderlich sind.
  • Die bestehenden landespolizeirechtlichen Regelungen zur Wahrung der Zweckbindung und damit die Kompetenzen des Landesgesetzgebers werden unterlaufen.

Das genügt einer Reihe von Ländern offenbar immer noch nicht. Sie wollen das Datenschutzniveau weiter absenken.

Am Freitag, den 25. Februar 2000, beschließt der Bundesrat über den Entwurf. Nach dem Vorstoß einiger Länder sollen nicht nur die wenigen Verbesserungen des Bundestagsbeschlusses rückgängig gemacht, sondern über die bereits völlig unzureichenden bisherigen Entwürfe hinaus weitere Verwässerungen des Persönlichkeitsschutzes bei der Strafverfolgung vorgenommen werden. Damit hätten die Strafverfolgungsbehörden unannehmbar weite Befugnisse, mit sensiblen Informationen aus schwerwiegenden Grundrechtseingriffen umzugehen.

Es kann nicht angehen, dass - wie einige Länder es wollen -
  • die Polizei bei der Öffentlichkeitsfahndung nicht einmal nachträglich von der Staatsanwaltschaft kontrolliert wird,
  • Zeugen selbst bei Bagatelldelikten per Öffentlichkeitsfahndung, auch über Fernsehen oder Internet, gesucht werden können,
  • das Erfordernis richterlicher Kontrolle als "bürokratischer Aufwand" abgetan wird,
  • Erkenntnisse aus präventiven Lauschangriffen generell zur Strafverfolgung genutzt werden dürfen, unabhängig von der Schwere des Delikts,
  • Observationen bis zu sieben Tagen ohne rechtliche Regelung möglich sein sollen,
  • nicht am Verfahren beteiligte Private schon bei "berechtigtem Interesse" Akteneinsicht in sensible Strafverfahrensakten bekommen,
  • die Zweckbindung für präventivpolizeiliche Daten völlig wegfällt,
  • sämtliche Informationen aus Strafverfahren durch die Polizei sogar zur Gefah- renvorsorge oder zum Schutz privater Rechte genutzt werden dürfen und
  • öffentliche Stellen Informationen aus Strafverfahrensakten praktisch für alle Zwecke bekommen können.

Hierdurch würde der verfassungsrechtlich gebotene Ausgleich zwischen Persön- lichkeitsschutz und Interessen der Strafverfolgungsbehörden vollständig verfehlt.


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  Berlin, am
  22.02.2000
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