![]() |
26. Juni 2000:
Datenschutzbeauftragte fordern aussagefähige Berichte zum
Großen Lauschangriff
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder kritisiert den ersten Bericht der Bundesregierung über die Großen Lauschangriffe zur Strafverfolgung im Jahr 1998. Der Bericht gewährleistet keine effektive parlamentarische Kontrolle, da wesentliche Angaben zu der Effizienz der Maßnahme und den hiermit verbundenen Grundrechts-eingriffen fehlen. Es fehlen insbesondere Angaben über die Zahl der tatsächlich abgehörten Personen, die Art der abgehörten Räume (Geschäftsräume, Wohnungen, Restaurants usw.), die Anzahl und Dauer der angeordneten Verlängerungen der Maßnahme, die Zahl der Verhaftungen, Anklageerhebungen und Verurteilungen, zu denen die Maßnahme beigetragen hat. Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Akteneinsicht, Prof. Dr. Hansjürgen Garstka, fordert den Senat auf, nicht dem Beispiel der Bundesregierung zu folgen und in dem demnächst dem Abgeordnetenhaus von Berlin vorzulegenden Bericht über Große Lauschangriffe der Polizei zur Gefahrenabwehr mehr Angaben aufzunehmen. Garstka: "Nur ein qualifizierter Bericht über die durchgeführten Großen Lauschangriffe ermöglicht eine sachgerechte Bewertung der Effizienz und Intensität der damit verbundenen Grundrechtseingriffe." Die Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder ist beigefügt.
Anlage zur Presseerklärung des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht vom 26. Juni 2000
Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder Effektive parlamentarische Kontrolle von Lauschangriffen durch aussagekräftige jährliche Berichte der Bundesregierung Die Bundesregierung hat den Bundestag jährlich über die nach Art. 13 Abs. 3 GG zur Strafverfolgung eingesetzten "Großen Lauschangriffe" zu unterrichten. § 100 e StPO konkretisiert die Berichtspflicht dahingehend, dass die Bundesregierung aufgrund von Mitteilungen der Staatsanwaltschaften der Länder den Bundestag über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der Maßnahmen zu unterrichten hat. Diese Berichte sollen eine laufende parlamentarische Kontrolle dieser mit intensiven Grundrechtseingriffen verbundenen Maßnahmen ermöglichen. Der Bundestag soll aufgrund der Berichte in die Lage versetzt werden, die Angemessenheit und Eignung der Maßnahmen zu überprüfen. Diesen Anforderungen wird der erste von der Bundesregierung vorgelegte Bericht nicht in vollem Umfang gerecht. So wurde nur die Gesamtzahl der von der Anordnung Betroffenen erfasst, wobei zwischen Beschuldigten und nicht beschuldigten Wohnungsinhabern unterschieden wird. Nach § 100 e Abs. 1 StPO muss über den Umfang der Maßnahme berichtet werden. Hierzu zählt die Angabe über die Anzahl aller von der Maßnahme betroffenen Personen, nicht nur der in der gerichtlichen Anordnung genannten. Von dem "Großen Lauschangriff" ist jeder betroffen, dessen gesprochenes Wort in der Wohnung abgehört wird. Er greift auch in die grundrechtlich geschützten Rechte der am Verfahren Unbeteiligten, wie z.B. unverdächtige Familienangehörige, Bekannte, Besucherinnen und Besucher sowie sonstige Personen, die nicht selbst Wohnungsinhaber sind, ein. Dem wollte der Gesetzgeber mit der Einführung der Berichtspflicht Rechnung tragen. Die Beschränkung der Berichtspflicht auf Wohnungsinhaber und Beschuldigte gibt nicht den wirklichen Umfang der von der Maßnahme betroffenen Personen wieder. Somit erfüllt sie den Zweck der im Grundgesetz vorgesehenen Berichtspflicht nicht. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, wenn - wie in den "Wire-tap-Reports" der USA - die Anzahl der abgehörten Gespräche und die Anzahl der Gespräche, die mit dem Ermittlungsverfahren in Zusammenhang stehen, die Art der betroffenen Räume (Geschäftsräume, Wohnung, Restaurant etc.), die Anzahl und Dauer der angeordneten Verlängerungen der Maßnahme, die Zahl der Verhaftungen, Anklageerhebungen und Verurteilungen, zu denen die Maßnahme beigetragen hat, angegeben werden. Die Länder haben nach Art. 13 Abs. 6 Satz 3 GG eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle zu gewährleisten. Die oben genannten Forderungen gelten deshalb gleichermaßen bzw. in entsprechender Weise für die den Landesparlamenten vorzulegenden jährlichen Berichte über die nach § 100 c Abs. 1 Nr. 3 StPO durchgeführten Maßnahmen bzw. über die von der Polizei zur Gefahrenabwehr veranlassten "Großen Lauschangriffe".
| ||
Berlin, am 26.06.2000 | |||
![]() |