Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
Januar 1998
Vorwort
Ein in der Öffentlichkeit im In- und Ausland breit diskutierter
Fall wissenschaftlichen Fehlverhaltens hat das Präsidium der Deutschen
Forschungsgemeinschaft veranlaßt, eine international zusammengesetzte
Kommission unter Vorsitz des Präsidenten zu berufen und sie zu
bitten,
- Ursachen von Unredlichkeit im Wissenschaftssystem nachzugehen,
- präventive Gegenmaßnahmen zu diskutieren,
- die existierenden Mechanismen wissenschaftlicher Selbstkontrolle zu
überprüfen und Empfehlungen zu ihrer Sicherung zu geben.
Mitglieder der Kommission waren
- Professor Dr. Ulrike Beisiegel, Medizinische Universitätsklinik
Hamburg
- Professor Dr. Johannes Dichgans, Neurologische Universitätsklinik
Tübingen
- Professor Dr. Gerhard Ertl, Fritz Haber-Institut der
Max-Planck-Gesellschaft, Berlin
- Professor Dr. Siegfried Großmann, Fachbereich Physik der
Universität Marburg
- Professor Dr. Bernhard Hirt, Institut Suisse de Recherches
Expérimentales sur le Cancer, Epalinges s. Lausanne
- Professor Dr. Claude Kordon, INSERM U 159 Neuroendocrinologie,
Paris
- Professor Dr. Lennart Philipson, Skirball Institute of Biomolecular
Medicine, New York University, New York
- Professor Dr. Eberhard Schmidt-Aßmann, Institut für
deutsches und europäisches Verwaltungsrecht der Universität
Heidelberg
- Professor Dr. Wolf Singer, Max-Planck-Institut für Hirnforschung,
Frankfurt/Main
- Professor Dr. Cornelius Weiss, Fakultät für Chemie und
Mineralogie der Universität Leipzig
- Professor Dr. Sabine Werner, Max-Planck-Institut für Biochemie,
Martinsried
- Professor Dr. Björn H. Wiik, Deutsches Elektronen-Synchrotron,
Hamburg
Die Kommission legt als Ergebnis ihrer Arbeit die folgenden, am 9.
Dezember 1997 einstimmig verabschiedeten Empfehlungen vor. Die
Begründungen und Kommentare enthalten Anregungen für die
Umsetzung. Ihnen folgt ein kurzer Überblick über die Probleme im
Wissenschaftssystem, mit denen die Kommission sich auseinandergesetzt hat,
und über Lösungsansätze im Ausland, deren Kenntnis für
die Erarbeitung der Empfehlungen wichtig war.
Allen, die an der Arbeit der Kommission mitgewirkt haben, insbesondere
auch den kooperierenden Institutionen in Europa und den USA, danke ich
herzlich.
Bonn, am 19. Dezember 1997
Professor Dr. Wolfgang Frühwald
Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft
I. Empfehlungen
Vorbemerkung
Der Anlaß, der die Kommission zusammengeführt hat, war ein
besonders schwerwiegender (1) Fall wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Er
führte zu einer breiten Diskussion in Politik, Administration und
Öffentlichkeit darüber, ob Vergleichbares häufiger vorkommt
und ob die Wissenschaft in ihren Institutionen über hinreichende
Kontrollmechanismen zur Qualitätssicherung verfügt. Wie konnte es
geschehen, daß sie über so lange Zeit außer Funktion
gesetzt wurden? Fast alle betroffenen wissenschaftlichen Arbeiten
erschienen in internationalen Zeitschriften mit Gutachtersystem. Bei allen
Promotionen, Habilitationen und Berufungen wurden die gängigen
Kontrollmechanismen der Selbstergänzung der wissenschaftlichen
Gemeinschaft ohne formale Fehler in Tätigkeit gesetzt, ohne daß
Unregelmäßigkeiten entdeckt wurden. Gleiches galt für
Anträge auf Fördermittel bei der DFG und bei anderen
Förderungsorganisationen über lange Zeit.
Weitere Fragen schlossen sich an: Ist ein Eingreifen des Staates, sind
neue Regelungen erforderlich, um die staatlich finanzierte Wissenschaft und
die auf ihre Ergebnisse angewiesene Öffentlichkeit vor
mißbräuchlichen Praktiken zu schützen?
Nach bestem Wissen und gestützt auf alle greifbaren Erfahrungen in
anderen Ländern können diese Fragen so beantwortet werden:
Wissenschaftliche Arbeit beruht auf Grundprinzipien, die in allen
Ländern und in allen wissenschaftlichen Disziplinen gleich sind. Allen
voran steht die Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen. Sie ist
zugleich ethische Norm und Grundlage der von Disziplin zu Disziplin
verschiedenen Regeln wissenschaftlicher Professionalität, d.h. guter
wissenschaftlicher Praxis. Sie den Studierenden und dem wissenschaftlichen
Nachwuchs zu vermitteln, gehört zu den Kernaufgaben der Hochschulen.
Die Voraussetzungen für ihre Geltung und Anwendung in der Praxis zu
sichern, ist eine Kernaufgabe der Selbstverwaltung der Wissenschaft.
Der hohe Leistungsstand des Wissenschaftssystems macht täglich
erfahrbar, daß die Grundprinzipien guter wissenschaftlicher Praxis
erfolgreich angewendet werden. Gravierende Fälle wissenschaftlicher
Unredlichkeit sind seltene Ereignisse. Jeder Fall, der vorkommt, ist aber
ein Fall zu viel; denn nicht nur widerspricht Unredlichkeit - anders als
der Irrtum - fundamental den Grundsätzen und dem Wesen
wissenschaftlicher Arbeit; sie ist auch für die Wissenschaft selbst
eine große Gefahr. Sie kann das Vertrauen der Öffentlichkeit in
die Wissenschaft ebenso untergraben wie das Vertrauen der Wissenschaftler
untereinander zerstören, ohne das erfolgreiche wissenschaftliche
Arbeit nicht möglich ist.
Unredlichkeit kann in der Wissenschaft so wenig vollständig
verhindert oder ausgeschlossen werden wie in anderen Lebensbereichen. Man
kann und muß aber Vorkehrungen gegen sie treffen. Dafür bedarf
es keiner staatlichen Maßnahmen. Erforderlich ist aber, daß
nicht nur jeder Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin, sondern vor
allem auch die Wissenschaft in ihren verfaßten Institutionen -
Hochschulen, Forschungsinstitute, Fachgesellschaften, wissenschaftliche
Zeitschriften, Förderungseinrichtungen - sich die Normen guter
wissenschaftlicher Praxis bewußt macht und sie in ihrem
täglichen Handeln anwendet.
Gute wissenschaftliche Praxis bildet daher den Kern der folgenden
Empfehlungen; sie ist Voraussetzung für eine leistungsfähige, im
internationalen Wettbewerb anerkannte wissenschaftliche Arbeit. Der
Gegensatz zu guter wissenschaftlicher Praxis, den es zu verhindern gilt,
ist wissenschaftliche Unredlichkeit (scientific dishonesty), die
bewußte Verletzung elementarer wissenschaftlicher Grundregeln. Der
breitere Begriff "wissenschaftliches Fehlverhalten" (scientific misconduct)
wird dort verwendet, wo nach dem Zusammenhang (z.B. bei Verfahrensregeln)
die Normverletzung als Tatbestand das ist, was es zu klären gilt.
Die Empfehlungen richten sich vornehmlich an die verfaßten
Institutionen der Wissenschaft, über sie aber auch an alle ihre
Mitglieder. Im Vordergrund stehen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis,
die nicht neu sind, deren tägliche bewußte Einhaltung aber die
wirksamste Vorbeugung gegen Unredlichkeit darstellt. Gestützt auf
ausländische Erfahrungen enthalten die Empfehlungen auch Grundregeln
für den Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens.
Alle wissenschaftlichen Einrichtungen sollen dafür ein faires
Verfahren, das die Interessen der Beteiligten und Betroffenen ebenso
schützt wie ihren eigenen guten Ruf, für ihren jeweiligen Bereich
erörtern, ausgestalten und in Kraft setzen.
Adressaten sind somit an erster Stelle die Hochschulen, vor allem die
Universitäten, und Forschungseinrichtungen, weil Forschung und die
Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ihre ureigenen Aufgaben
bilden. Die Pflege guter wissenschaftlicher Praxis und der angemessene
Umgang mit Vorwürfen von Fehlverhalten sind institutionelle Aufgaben.
Die Verantwortung für ihre Erfüllung tragen die Leitung jeder
Einrichtung und ihre für Grundsatzfragen zuständigen Organe. Das
ergibt sich nicht nur aus ihrer tatsächlichen Nähe zu den
forschenden Wissenschaftlern, sondern auch aus ihrer Rolle als deren
Arbeitgeber oder Dienstherr und für die Hochschulen aus ihrem Monopol
für die Verleihung akademischer Grade.
Die Empfehlungen sind - auch wenn sie nicht für alle
Wissenschaftsgebiete in gleicher Weise angewendet werden können -
absichtlich nicht als detailliertes Regelsystem ausgestaltet. Sie bieten
vielmehr den Institutionen des Wissenschaftssystems einen Rahmen für
eigene Überlegungen, die sie selbst jeweils gemäß ihrer
äußeren und inneren Verfassung und ihren Aufgaben entwickeln
müssen. In den Begründungen und Erläuterungen sind - auf
Erfahrungen im In- und Ausland zurückgehende - Anregungen enthalten,
wie dies geschehen kann.
Wissenschaftliche Arbeit unterliegt auf vielen Gebieten rechtlichen und
standesrechtlichen Regelungen, Verhaltensregeln wie der Deklaration von
Helsinki und professionellen Normen. Die Empfehlungen sollen diese Normen
und Regelungen in keinem Punkt ersetzen, sondern durch allgemeine
Grundsätze ergänzen. Sie entfalten und detaillieren
wissenschaftsethische Prinzipien, wie sie in vielen ausländischen
Universitäten gelten (2) und wie sie in Verhaltenskodizes, z.B. dem
der Gesellschaft Deutscher Chemiker (3) niedergelegt sind.
Empfehlung 1
Regeln guter wissenschaftlicher Praxis sollen - allgemein und nach
Bedarf spezifiziert für die einzelnen Disziplinen - Grundsätze
insbesondere für die folgenden Themen umfassen:
· allgemeine Prinzipien wissenschaftlicher Arbeit, zum
Beispiel
· lege artis zu arbeiten,
· Resultate zu dokumentieren,
· alle Ergebnisse konsequent selbst anzuzweifeln,
· strikte Ehrlichkeit im Hinblick auf die Beiträge von
Partnern, Konkurrenten und Vorgängern zu wahren,
· Zusammenarbeit und Leitungsverantwortung in Arbeitsgruppen
(Empfehlung 3),
· die Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses (Empfehlung
4)
· die Sicherung und Aufbewahrung von Primärdaten
(Empfehlung 7),
· wissenschaftliche Veröffentlichungen (Empfehlung
11).
Empfehlung 2
Hochschulen und außeruniversitäre Forschungsinstitute
sollen unter Beteiligung ihrer wissenschaftlichen Mitglieder Regeln guter
wissenschaftlicher Praxis formulieren, sie allen ihren Mitgliedern
bekanntgeben und diese darauf verpflichten. Diese Regeln sollen fester
Bestandteil der Lehre und der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses
sein.
Erläuterungen
Hochschulen "dienen ... der Pflege und der Entwicklung der
Wissenschaften ... durch Forschung, Lehre und Studium"; sie "fördern
... den wissenschaftlichen ... Nachwuchs" (§ 2 HRG). Sie sind damit in
umfassender Weise legitimiert, aber auch verpflichtet, ihre innere Ordnung
so zu gestalten, daß Wissenschaft entsprechend ihren immanenten
Werten und Normen betrieben werden kann.
Ähnliches gilt mit den durch Rechtsform und Aufgaben bedingten
Modifikationen für die öffentlich finanzierten
außeruniversitären Forschungseinrichtungen (4). Die Freiheit der
Wissenschaft in Forschung, Lehre und Studium ist in Deutschland in der
Verfassung garantiert. Freiheit der Wissenschaft gehört dabei
untrennbar zusammen mit Verantwortung; das gilt für jeden
Wissenschaftler ebenso wie für die Institutionen, in denen
Wissenschaft verfaßt ist. Jeder, der Wissenschaft zum Beruf hat,
trägt Verantwortung dafür, die grundlegenden Werte und Normen
wissenschaftlicher Arbeit zu pflegen, in seinem Handeln täglich zu
verwirklichen und für sie einzustehen.
Wenn daher in Hochschulen und außeruniversitären
Forschungsinstituten Regeln guter wissenschaftlicher Praxis verbindlich
formuliert werden, so müssen sie durch die Beteiligung eines Gremiums
der wissenschaftlichen Selbstverwaltung auf die Grundlage eines Konsenses
ihrer wissenschaftlichen Mitglieder gestellt werden.
Dem wissenschaftlichen Nachwuchs kann nur durch eine als Vorbild
geeignete wissenschaftliche Arbeitsweise der erfahrenen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und durch Gelegenheit zur
Diskussion der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis einschließlich
ihrer (im weiten Sinne) ethischen Aspekte ein starkes Fundament für
die Wahrnehmung der eigenen Verantwortung vermittelt werden. Daher sollen
Regeln guter wissenschaftlicher Praxis in die akademische Lehre und in die
Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses integriert sein.
Empfehlung 3
Die Leitung jeder Hochschule und jeder Forschungseinrichtung
trägt die Verantwortung für eine angemessene Organisation, die
sichert, daß in Abhängigkeit von der Größe der
einzelnen wissenschaftlichen Arbeitseinheiten die Aufgaben der Leitung,
Aufsicht, Konfliktregelung und Qualitätssicherung eindeutig zugewiesen
sind und gewährleistet ist, daß sie tatsächlich
wahrgenommen werden.
Erläuterungen
Wie auf allen Gebieten können Grundwerte auch in der Wissenschaft
letztendlich nur von jedem einzelnen gelebt werden. Die Verantwortung
für sein eigenes Verhalten trägt jeder Wissenschaftler allein.
Wer Leitungsaufgaben wahrnimmt, trägt damit aber zugleich
Verantwortung für die Verhältnisse in der ganzen Einheit, die ihm
oder ihr untersteht.
Mitglieder einer Arbeitsgruppe müssen sich aufeinander verlassen
können. Nur auf der Grundlage wechselseitigen Vertrauens sind die
Gespräche, Diskussionen - bis hin zu Auseinandersetzungen (5) -
möglich, die für lebendige, produktive Gruppen charakteristisch
sind. Die eigene Arbeitsgruppe ist für den einzelnen Forscher nicht
nur seine institutionelle Heimat, sie ist auch der Ort, wo Ideen im
Gespräch zu Hypothesen und Theorien werden, wo die Interpretation und
Einordnung einzelner, überraschender Ergebnisse in Zusammenhänge
stattfindet.
Das Zusammenwirken in wissenschaftlichen Arbeitsgruppen muß so
beschaffen sein, daß die in spezialisierter Arbeitsteilung erzielten
Ergebnisse wechselseitig mitgeteilt, kritisiert und in einen gemeinsamen
Kenntnisstand integriert werden können. Dies ist auch für die
Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern in der
Gruppe zur Selbständigkeit besonders wichtig. In größeren
Gruppen empfiehlt sich dafür eine geregelte Organisationsform (z.B.
regelmäßige Kolloquien). Dasselbe gilt für die
wechselseitige Überprüfung von Arbeitsergebnissen. Der
primäre Test eines wissenschaftlichen Ergebnisses ist seine
Reproduzierbarkeit. Je überraschender, aber auch je erwünschter
(im Sinne der Bestätigung einer liebgewordenen Hypothese) ein Ergebnis
ist, um so wichtiger ist die unabhängige Wiederholung des Weges zu ihm
in der Gruppe, ehe es außerhalb der Gruppe weitergegeben wird.
Sorgfältige Qualitätssicherung ist ein Merkmal wissenschaftlicher
Redlichkeit.
Arbeitsgruppen müssen nicht hierarchisch organisiert sein. Auch
wenn sie es nicht sind, ergibt sich aber zwangsläufig eine
funktionelle Teilung der Verantwortung, indem z.B. eine Person die
Federführung für einen Antrag auf Forschungsmittel und damit
gegenüber der fördernden Institution die Rechenschaftspflicht
nach deren Regeln übernimmt. Im Regelfall hat eine Arbeitsgruppe eine
Leiterin oder einen Leiter. Ihr oder ihm fällt die Verantwortung
dafür zu, daß die Gruppe als ganze ihre Aufgaben erfüllen
kann, daß die dafür nötige Zusammenarbeit und Koordination
funktioniert und daß allen Mitgliedern der Gruppe ihre Rechte und
Pflichten bewußt sind.
Diese Forderung hat unmittelbare Folgen für die optimale bzw. die
maximale Größe einer Arbeitsgruppe. Eine Leitungsfunktion wird
leer, wenn sie nicht verantwortlich in Kenntnis aller dafür relevanten
Umstände wahrgenommen werden kann. Die Leitung einer Arbeitsgruppe
verlangt Präsenz und Überblick. Wo sie (z.B. auf der Ebene der
Leitung großer Institute oder Kliniken) nicht mehr hinreichend
vorhanden sind, müssen Leitungsaufgaben delegiert werden, was nicht zu
komplexen hierarchischen Strukturen führen muß. Die
'Führungsspanne' darf nicht zu groß werden.
Institutionen der Wissenschaft sind gehalten, Organisationsstrukturen zu
gewährleisten, die eine lebendige Wechselwirkung der beschriebenen Art
mindestens ermöglichen, im Idealfall: fördern. Hochschulen als
mitgliedschaftlich verfaßte Institutionen - und analog
außeruniversitäre Forschungsinstitute - müssen die
Voraussetzungen dafür garantieren, daß alle ihre Mitglieder den
Normen guter wissenschaftlicher Praxis gerecht werden können. Auf der
Ebene der Leitung der Institution ist die Verantwortung dafür
angesiedelt, daß eine geeignete Organisationsstruktur vorhanden und
bekannt ist, daß Ziele und Aufgaben festgelegt werden und ihre
Einhaltung kontrolliert werden kann, und daß schließlich
Mechanismen der Regelung für Konflikte vorhanden sind.
Empfehlung 4
Der Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
muß besondere Aufmerksamkeit gelten. Hochschulen und
Forschungseinrichtungen sollen Grundsätze für seine Betreuung
entwickeln und die Leitungen der einzelnen wissenschaftlichen
Arbeitseinheiten darauf verpflichten.
Erläuterungen
Da Arbeitsgruppen in aller Regel aus älteren und jüngeren,
erfahreneren und weniger erfahrenen Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern bestehen, schließt die Leitung einer Gruppe die
Verantwortung dafür ein, daß für jedes jüngere
Mitglied der Gruppe, vor allem Doktorandinnen und Doktoranden, aber auch
fortgeschrittene Studierende und jüngere 'postdocs', eine angemessene
Betreuung gesichert ist. Für jede(n) von ihnen muß es eine
primäre Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner geben (6).
Auf Arbeitsgebieten, wo alle darin tätigen Gruppen im intensiven
Wettbewerb zueinander stehen, können gerade für die jüngeren
Mitglieder der Gruppe rasch Situationen vermeintlicher oder
tatsächlicher Überforderung entstehen. Eine lebendige
Kommunikation innerhalb der Arbeitsgruppe und gesicherte
Betreuungsverhältnisse sind die wirksamsten Mittel, einem Abgleiten
(der jüngeren wie der erfahreneren Mitglieder der Gruppe) in
unredliche Verhaltensweisen vorzubeugen. Wer eine Arbeitsgruppe leitet,
trägt Verantwortung dafür, daß diese Voraussetzungen
jederzeit gegeben sind.
Es empfiehlt sich, wie Erfahrungen im In- und Ausland zeigen, für
Doktoranden neben der primären 'Bezugsperson' eine Betreuung durch
zwei weitere erfahrenere Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler
vorzusehen, die für Rat und Hilfe und bei Bedarf zur Vermittlung in
Konfliktsituationen zur Verfügung stehen, aber auch den
Arbeitsfortschritt in jährlichen Abständen diskutieren. Sie
sollten örtlich erreichbar sein, aber nicht alle derselben
Arbeitsgruppe, auch nicht notwendig derselben Fakultät oder
Institution angehören; mindestens eine(r) sollte vom Doktoranden
selbst bestimmt sein.
Empfehlung 5
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen unabhängige
Vertrauenspersonen/Ansprechpartner vorsehen, an die sich ihre Mitglieder in
Konfliktfällen, auch in Fragen vermuteten wissenschaftlichen
Fehlverhaltens, wenden können.
Erläuterungen
In Fragen guter wissenschaftlicher Praxis soll ein neutraler und
qualifizierter Ansprechpartner (oder eine entsprechend besetzte Kommission)
die Mitglieder der Hochschulen und Forschungseinrichtungen beraten. Er/sie
hat auch die Aufgabe, eventuelle Vorwürfe wissenschaftlichen
Fehlverhaltens vertraulich entgegenzunehmen und im Bedarfsfall an die
verantwortliche Stelle weiterzugeben. Er oder sie sollte aus dem Kreis der
Wissenschaftler der jeweiligen Institution kommen.
Es ist wichtig, für diese auch im Sinne der Prävention
wissenschaftlicher Unredlichkeit wesentliche Funktion Personen
bewährter persönlicher Integrität auszuwählen und ihnen
eine ihrer Aufgabe gemäße unabhängige Stellung zu
verleihen. Dafür (ggf. als Vorsitzender eines Gremiums, wenn diese
Lösung gewählt wird) käme die Stellung eines Prorektors
für (Forschung und) wissenschaftlichen Nachwuchs - in
außeruniversitären Instituten ein Mitglied der Leitung - in
Betracht.
Hochschul- oder Institutsangehörige werden ihre Probleme in der
Regel bevorzugt einer örtlich erreichbaren Instanz mit Kenntnis der
lokalen Verhältnisse vortragen wollen. Sie sollen dazu aber
selbstverständlich nicht verpflichtet sein, wenn sie es vorziehen,
sich unmittelbar an den (weiter unten - Empfehlung 16 - vorgeschlagenen)
überregionalen 'Ombudsman' zu wenden.
Empfehlung 6
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen ihre Leistungs- und
Bewertungskriterien für Prüfungen, für die Verleihung
akademischer Grade, Beförderungen, Einstellungen, Berufungen und
Mittelzuweisungen so festlegen, daß Originalität und
Qualität als Bewertungsmaßstab stets Vorrang vor Quantität
haben.
Diese Empfehlung wurde aufgrund eines Beschlusses der
Mitgliederversammlung der DFG vom 17. Juni 1998 neu formuliert:
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen bei Prüfungen,
bei der Verleihung akademischer Grade, Einstellungen und Berufungen
Originalität und Qualität stets Vorrang vor Quantität
zumessen. Dies soll vorrangig auch für die leistungs- und
belastungsorientierte Mittelzuweisung in der Forschung gelten.
|
Erläuterungen
Dem einzelnen Forscher können die Bedingungen seiner Arbeit und
ihrer Bewertung die Wahrung guter wissenschaftlicher Praxis erleichtern
oder erschweren. Bedingungen, die unredliches Verhalten begünstigen,
müssen abgebaut werden. Kriterien, die vorrangig Quantität
messen, erzeugen Druck zur Massenproduktion und bieten daher keinen
geeigneten Maßstab für die Beurteilung qualitativ hochwertiger
Wissenschaft.
Quantitative Kriterien sind heute meist informell, teilweise sogar
förmlich festgelegt, als Maßstab für die Bewertung von
Qualifikationsleistungen aller Art (Magisterprüfung, Promotion,
Habilitation etc.: Umfang der schriftlichen Arbeit, Zahl der
Publikationen), bei der Sichtung von Bewerbungen und bei der Begutachtung
von Anträgen auf Forschungsmittel oft gängige Praxis. Diese
Praxis bedarf der Überprüfung mit dem Ziel der Rückkehr zu
qualitativen Maßstäben. Die Überprüfung sollte bei den
Prüfungsanforderungen beginnen und alle akademischen
Qualifikationsstufen umfassen. Bei Bewerbungen sollte prinzipiell eine
maximale Zahl als Leistungsnachweis vorzulegender Veröffentlichungen
festgelegt werden.
Da Veröffentlichungen die wichtigsten Produkte wissenschaftlicher
Arbeit sind, lag es nahe, im Leistungsvergleich Produktivität als Zahl
der Produkte, also Veröffentlichungen, pro Zeiteinheit zu messen. Doch
führte dies zu Mißbräuchen wie sehr kleinteiligen
sogenannten "Salamiveröffentlichungen", Doppelpublikation und
Orientierung am Prinzip der "least publishable unit". Da
Produktivitätsmaße ohne Ergänzung durch
Qualitätsindikatoren wenig aussagen, ist die Orientierung an der
Länge der Veröffentlichungsliste rasch durch zusätzliche
Kriterien wie das Ansehen der Zeitschriften, in denen publiziert wird,
quantifiziert im "impact factor" (s.u. Abschnitt II.5), ergänzt
worden. Sowohl das Zählen von Publikationen als auch das Nachschlagen
(womöglich mit folgender Addition) von "impact factors" sind jedoch
offenkundig für sich genommen keine angemessene Form der
Leistungsbewertung. Von einer Würdigung dessen, was die Qualität
wissenschaftlicher Leistung ausmacht, nämlich ihrer Originalität,
ihrer "Innovationshöhe", ihres Beitrags zum Erkenntnisfortschritt,
sind sie weit entfernt, und ihr immer häufigerer Gebrauch bringt sie
in Gefahr, von Hilfsmitteln zu Surrogaten des Qualitätsurteils zu
werden.
Quantitative Leistungsindikatoren können sich dazu eignen,
große Kollektive (Fakultäten, Institute, ganze Länder) im
Überblick zu vergleichen oder Entwicklungen im Zeitverlauf anschaulich
darzustellen; dafür stellt die Bibliometrie heute vielfältige
Instrumente bereit, die freilich in der Anwendung spezifischen Sachverstand
voraussetzen.
Die angemessene Würdigung der Leistung eines einzelnen oder einer
kleinen Arbeitsgruppe erfordert dagegen stets qualitative Kriterien im
engeren Sinn: Die Veröffentlichungen müssen gelesen und mit dem
Stand des Wissens und den Beiträgen anderer Individuen und
Arbeitsgruppen zu ihm kritisch verglichen werden.
Diese inhaltliche Auseinandersetzung, die Zeit und Sorgfalt kostet, ist
der Kern des "peer review", der durch nichts ersetzt und durch den
oberflächlichen Gebrauch von quantitativen Indikatoren nur entwertet
oder verschleiert werden kann.
Für die Praxis der wissenschaftlichen Arbeit und für die
Anleitung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern ergeben
sich daraus klare Regeln; sie gelten spiegelbildlich für Begutachtung
und Leistungsbewertung:
- Auch auf Arbeitsfeldern, wo intensiver Wettbewerb dazu zwingt,
möglichst rasch zu publizieren, muß die Qualität der Arbeit
und der Veröffentlichung oberstes Gebot sein. Ergebnisse müssen,
wo immer tatsächlich möglich, kontrolliert und repliziert werden,
ehe sie zur Veröffentlichung eingereicht werden.
- Wo Leistungen - in der Forschungsförderung, im Personalmanagement,
bei Bewerbungen - zu bewerten sind, müssen die Bewertenden, die
Gutachter, ermutigt werden, die Qualität vor allem anderen explizit zu
würdigen. Ihnen sollten daher nur jeweils möglichst wenige, nach
Auffassung der Autoren besonders wichtige oder gelungene,
Veröffentlichungen zur Beurteilung vorgelegt werden.
Empfehlung 7
Primärdaten als Grundlagen für Veröffentlichungen
sollen auf haltbaren und gesicherten Trägern in der Institution, wo
sie entstanden sind, für zehn Jahre aufbewahrt werden.
Erläuterungen
Ein wissenschaftliches Ergebnis ist in aller Regel ein komplexes Produkt
vieler einzelner Arbeitsschritte. In allen experimentellen Wissenschaften
entstehen die Ergebnisse, über die in Veröffentlichungen
berichtet wird, aus Einzelbeobachtungen, die sich zu Teilergebnissen
summieren. Beobachtung und Experiment, auch numerische Rechnungen, sei es
als eigenständige Arbeitsmethode, sei es zur Unterstützung der
Auswertung und Analyse, produzieren zunächst "Daten". Vergleichbares
gilt in den empirisch arbeitenden Sozialwissenschaften.Experimente und
numerische Rechnungen können nur reproduziert werden, wenn alle
wichtigen Schritte nachvollziehbar sind. Dafür müssen sie
aufgezeichnet werden.
Jede Veröffentlichung, die auf Experimenten oder numerischen
Simulationen beruht, enthält obligatorisch einen Abschnitt
"Materialien und Methoden", der diese Aufzeichnungen so zusammenfaßt,
daß die Arbeiten an anderem Ort nachvollzogen werden können.
Wiederum gilt Ähnliches in der Sozialforschung mit der Maßgabe,
daß es immer mehr üblich wird, die Primärdaten nach
Abschluß ihrer Auswertung durch die Gruppe, die die Erhebung
verantwortet, bei einer unabhängigen Stelle zu hinterlegen.
Auf die Aufzeichnungen später zurückgreifen zu können,
ist schon aus Gründen der Arbeitsökonomie in einer Gruppe ein
zwingendes Gebot. Noch wichtiger wird dies, wenn veröffentlichte
Resultate von anderen angezweifelt werden.
Daher hat jedes Forschungsinstitut, in dem lege artis gearbeitet wird,
klare Regeln über die Aufzeichnungen, die zu führen sind, und
über die Aufbewahrung der Originaldaten und Datenträger, auch
wenn dies nicht ohnehin vorgeschrieben ist, z.B. durch Rechtsnormen wie das
Arzneimittelgesetz, das Gentechnikgesetz, das Tierschutzgesetz und die dazu
erlassenen Verordnungen, oder durch Regelwerke vom Typ "Good Clinical
Practice". In den USA ist es üblich, daß derartige Regeln eine
Aufbewahrung der Originaldaten (mit Zugangsmöglichkeit auch für
berechtigte Dritte)
- in dem Labor, wo die Daten entstanden sind
- für acht bis zehn Jahre nach der Entstehung
fordern, wobei regelmäßig auch das Verfahren bei Ortswechsel
des für die Entstehung der Daten verantwortlichen
Arbeitsgruppenmitglieds festgelegt wird: in der Regel bleiben die
Originalunterlagen am Entstehungsort; es können aber Duplikate
angefertigt oder Zugangsrechte bestimmt werden.
In renommierten Labors hat sich die Regel bewährt, daß der
komplette Datensatz, der einer aus dem Labor hervorgegangenen Publikation
zugrunde liegt, als Doppel zusammen mit dem Publikationsmanuskript und der
dazu geführten Korrespondenz archiviert wird. Bei Verwendung
platzsparender Techniken (Diskette, CD-ROM) ist dies ohne großen
Aufwand möglich.
Die Berichte über wissenschaftliches Fehlverhalten sind voll von
Beschreibungen verschwundener Originaldaten und der Umstände, unter
denen sie angeblich abhanden gekommen waren. Schon deshalb ist die
Feststellung wichtig, daß das Abhandenkommen von Originaldaten aus
einem Labor gegen Grundregeln wissenschaftlicher Sorgfalt
verstößt und prima facie einen Verdacht unredlichen oder grob
fahrlässigen Verhaltens rechtfertigt (7).
Empfehlung 8
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen Verfahren zum Umgang
mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens vorsehen. Diese
müssen von dem dafür legitimierten Organ beschlossen sein und
unter Berücksichtigung einschlägiger rechtlicher Regelungen
einschließlich des Disziplinarrechts folgendes umfassen:
· eine Definition von Tatbeständen, die in Abgrenzung zu
guter wissenschaftlicher Praxis (Nr. 1) als wissenschaftliches
Fehlverhalten gelten, beispielsweise Erfindung und Fälschung von
Daten, Plagiat, Vertrauensbruch als Gutachter oder Vorgesetzter,
· Zuständigkeit, Verfahren (einschließlich
Beweislastregeln) und Fristen für Ermittlungen zur Feststellung des
Sachverhalts,
· Regeln zur Anhörung Beteiligter oder Betroffener, zur
Wahrung der Vertraulichkeit und zum Ausschluß von
Befangenheit,
· Sanktionen in Abhängigkeit vom Schweregrad
nachgewiesenen Fehlverhaltens,
· Zuständigkeit für die Festlegung von
Sanktionen.
Erläuterungen
Das Disziplinarrecht hat gesetzlichen Vorrang vor diesen
institutionsinternen Verfahren, soweit es um die Verhängung auf das
Dienstverhältnis bezogener Sanktionen geht. Auch die übrigen
gesetzlichen Maßstäbe z.B. des Arbeitsrechts und des Rechts der
akademischen Grade können nicht durch interne Regelungen
entkräftet werden. Die vorliegenden Empfehlungen sollen diese
vorhandenen Wege nicht ersetzen, sondern in Erinnerung rufen und
ergänzen.
Die gesetzlichen Verfahren erfassen nicht alle Konstellationen von
Fehlverhalten in der Wissenschaft und schützen zum Teil andere
Rechtsgüter als die Vertrauenswürdigkeit und
Funktionsfähigkeit der Wissenschaft. Aufgrund der unterschiedlichen
Regelungsziele und -zusammenhänge stellen sie zum Teil
zusätzliche Voraussetzungen auf, die über wissenschaftliches
Fehlverhalten als solches hinausgehen oder andere Akzente setzen. Sie sind
nicht auf die Interessenlage im Falle eines Vorwurfs wissenschaftlichen
Fehlverhaltens zugeschnitten und tragen daher den Interessen des
Verdächtigten, seiner Forschungsinstitution und gegebenenfalls des
"whistle blower" nicht optimal Rechnung. Meist brauchen die gesetzlichen
Verfahren für ihren Weg durch verschiedene Instanzen mehrere
Jahre.
Trotz ihrer zum Teil gegensätzlichen Rollen teilen der
Beschuldigte, seine Institution und derjenige, der Zweifel an der Arbeit
geäußert hat, das Ziel einer möglichst schnellen
Aufklärung der vorgebrachten Verdächtigungen ohne
öffentliches Aufsehen. Allen dreien liegt an dem Schutz ihres Rufes.
Die für das Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen
Fehlverhaltens aufzustellenden Regeln müssen sich an diesem
gemeinsamen Interesse orientieren. Sie sollten daher
zweckmäßigerweise ein abgestuftes Verfahren vorsehen:
Die erste Phase des Verfahrens (Vorermittlung) dient der Ermittlung
einer Tatsachengrundlage zur Beurteilung des geäußerten
Verdachts. Sie balanciert Vertraulichkeit von Informationen über den
Angeschuldigten und denjenigen, der Vorwürfe erhebt, mit einer genauen
Feststellung des Geschehens in vorgeschrieben kurzer Zeit. Besonders in
dieser ersten Phase steht der Schutz des potentiell Unschuldigen im
Vordergrund. Am Schluß der ersten Phase steht die Entscheidung, ob
sich der Verdacht verdichtet hat und daher weitere Untersuchungen
erforderlich macht, oder ob er sich als gegenstandslos erwiesen hat.
Eine zweite Phase (Hauptverfahren) umfaßt zusätzlich
erforderliche Untersuchungen, insbesondere Beweisaufnahmen, die
förmliche Feststellung, daß wissenschaftliches Fehlverhalten
vorliegt oder nicht, und schließlich die Reaktion auf einen
bestätigten Verdacht. Die Reaktionen können die Gestalt von
Schlichtungen oder Schiedssprüchen, Empfehlungen an Vorgesetzte oder
andere oder den Ausspruch von Sanktionen - etwa auch die Verpflichtung, als
unkorrekt erwiesene Veröffentlichungen zurückzuziehen oder zu
korrigieren - durch die dazu legitimierte Instanz der jeweiligen
Einrichtung annehmen. Der Vertrauensschutz der Wissenschaft in der
Öffentlichkeit macht es erforderlich, nicht nur Ermittlung und
Aufklärung, sondern auch Reaktion an einem zeitlichen Maßstab zu
messen.
Das Verfahren findet, wie erläutert, seine Grenze dort, wo
gesetzliche Regelungen greifen. Die genaue Einordnung eines Vorfalls in der
ersten Phase der Ermittlungen wird nicht immer möglich sein, so
daß die Gestaltung der Vorermittlungen an den Anforderungen
verwandter Verfahren gemessen werden muß, wenn Ermittlungsergebnisse
gegebenenfalls auch in diesen verwertet werden sollen.
Das Verhältnis der institutionsinternen Verfahren zu den gesetzlich
geregelten, wie denen des Disziplinarrechts, beschränkt sich nicht auf
eine Abgrenzung der Rechtsprechungskompetenzen bei unter Umständen
gemeinsam geführten Ermittlungen. Interne Regelungen können je
nach Art und Schwere des Fehlverhaltens Wege zu einvernehmlichen
Lösungen im Wege der Schlichtung vorzeichnen. Diese haben allgemein
den Vorteil, daß sie Verfahren auf der Basis einer Einigung der
Beteiligten, d.h. ohne streitentscheidendes Urteil eines Dritten,
zügig beenden. Dadurch geben sie dem Verhältnis der Beteiligten
für die Zukunft eine Chance. Der oft auf Dauer angelegte Charakter von
Arbeits- und Dienstverhältnissen legt ein solches Verfahren in vielen
Fällen nahe, wie die gesetzlich vorgesehene Güteverhandlung im
arbeitsgerichtlichen Prozeß zeigt. Damit die Vorteile solcher
Lösungswege nicht durch unbegrenzte Verzögerungen bei der
Einigung über die Person des Schlichters und das Schlichtungsergebnis
ausgehöhlt werden, sollen die internen Regelungen Fristen bestimmen,
nach welchen Zeiträumen auf die formalen, gesetzlichen Verfahren (mit
allen ihren Vor- und Nachteilen) zurückgegriffen wird.
Eine Verfahrensbeilegung auf der Basis einer Einigung hat Potential zur
Befriedung und kann unter Umständen dem Einzelfall besser gerecht
werden als ein Urteil auf der Grundlage abstrakt gefaßter
Tatbestände und Rechtsfolgen. Gleichzeitig darf diese
Flexibilität aber nicht zur persönlichen Bevorzugung führen
oder dazu, daß Vorwürfe ungeklärt unter den Teppich gefegt
werden.
Bei der Einrichtung neuer Verfahrensarten zur Konfliktregelung hat sich
im Ausland bereits bewährt, von Beginn der Umsetzung an Daten zur
Bewertung der Verfahren, z.B. durch die Beteiligten und die betroffenen
Institutionen, einheitlich zu erfassen. Dadurch läßt sich eine
Grundlage für eine kritische Betrachtung nach einer gewissen
Anlaufphase und mögliche Verbesserungsvorschläge schaffen.
Je nachdem, welche Eingriffe institutionseigene Verfahren in die Rechte
der Beteiligten vorsehen, ist ihr hoheitlicher Charakter zu beachten, der
sie einer Überprüfung durch die Gerichte aussetzt. Derartige
Eingriffe können bereits in der Phase der Ermittlung vorkommen und
sind sicherlich bei der Verhängung konkreter Sanktionen gegeben.
Beide Verfahrensabschnitte, Vorermittlung und Hauptverfahren,
müssen den folgenden Grundsätzen genügen:
a) a) Aus der Regelung muß vor dem Eintreten eines konkreten
Vorfalls hervorgehen:
- wer die Aufgabe wahrnimmt, Vorwürfe wissenschaftlichen
Fehlverhaltens entgegenzunehmen,
- wann Ermittlungen einzuleiten sind, von wem genau und in welcher
Form,
- in welchen Schritten vorgesehene Entscheidungsgremien einzurichten
sind, seien es ad hoc-Gruppen, ständige Kommissionen oder eine
Mischform, z.B. mit einem ständigen Vorsitzenden und im übrigen
im Einzelfall berufenen Mitgliedern aus der Institution selbst oder von
außerhalb. Letztendlich sollen die wissenschaftlichen Mitglieder das
Verfahren in den Händen halten und in den entscheidenden Gremien die
Mehrheit der Mitglieder stellen. Die Beiziehung externer
Sachverständiger kann aber der Objektivierung immer dienen und wird in
kleineren Institutionen unerläßlich sein.
b) b) Befangenheit eines Ermittlers muß sowohl durch ihn selbst
als auch durch den Angeschuldigten geltend gemacht werden können.
c) Dem von Vorwürfen Getroffenen ist in jeder Phase des Verfahrens
Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
d) Bis zum Nachweis eines schuldhaften Fehlverhaltens sind die Angaben
über die Beteiligten des Verfahrens und die bisherigen Erkenntnisse
streng vertraulich zu behandeln.
e) Das Ermittlungsergebnis ist zu einem geeignetem Zeitpunkt nach
Abschluß der Ermittlungen betroffenen Wissenschaftsorganisationen und
Journalen mitzuteilen.
f) Die einzelnen Verfahrensabschnitte müssen innerhalb angemessener
Fristen abgeschlossen werden.
g) Die Vorgänge und Ergebnisse einzelner Verfahrensabschnitte sind
schriftlich und gut nachvollziehbar zu protokollieren.
Die Umsetzung dieser Empfehlung wird, wie aus dem Vorstehenden deutlich
wird, ein hohes Maß an juristischer Erfahrung erfordern. Es empfiehlt
sich daher, daß eine zentrale Institution, beispielsweise die
Hochschulrektorenkonferenz, sich der Aufgabe annimmt, für die
Hochschulen eine Muster-Verfahrensordnung zu erarbeiten (siehe auch
Empfehlung 9 für die außeruniversitären
Forschungsinstitute).
Die Kommission weist in diesem Zusammenhang noch auf folgendes hin:
Gerichtliche Auseinandersetzungen in Fällen wissenschaftlichen
Fehlverhaltens führen zu neuen und schwierigen Rechtsfragen. Diese
betreffen zum einen die Rolle wissenschaftseigener Standards innerhalb der
Vorschriften staatlichen Rechts, zum anderen auch den Nachweis
wissenschaftlicher Unredlichkeit und die dabei anzuwendenden Regeln der
Beweislastverteilung. Fragen dieser Art können nur gelöst werden,
wenn alle Interessen freier Wissenschaft umfassend in den Blick genommen
werden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft sollte zu einem mehr als nur
gelegentlichen Diskurs zwischen Vertretern unterschiedlicher
Forschungsrichtungen und praktizierenden Juristen einladen.
Der Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in der Vergangenheit
offenbart die unterschiedlichen Zusammenhänge, in denen sich
Wissenschaft und Rechtspflege bewegen. An dem Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts zur Reaktion der Justus Liebig-Universität
auf Fälschungsvorwürfe gegen einen Professor (8) läßt
sich das Bild der Wissenschaft aus juristischer Sicht ablesen. Es stellt
die Wissenschaft dar als einen Diskurs, in dem alles Geltung und damit den
Schutz der grundgesetzlich verbürgten Forschungsfreiheit verlangen
kann, was als ernsthafter Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist
(9). Damit haben die Richter die Ausgrenzung eines Vorhabens und seines
Urhebers aus dem Schutz der Wissenschaftsfreiheit recht weitgehend von dem
Willen des letzteren abhängig gemacht. Es kann sich zwar auch nach
Auffassung der Bundesverwaltungsgerichts niemand allein durch seinen Willen
unter den Schutz der grundrechtlich garantierten Wissenschaftsfreiheit
begeben, dieser endet jedoch nur durch eine "zweifelsfreie Feststellung",
daß ein Werk den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG verfehlt
(10).
Das Urteil zeigt das Bestreben der Gerichte, durch eine weite Definition
grundrechtlich geschützter Wissenschaft die Ausgrenzung
unkonventioneller Ansätze und Methoden durch Universitätsgremien
zu verhindern. Der hohe Rang der Wissenschaft in der Verfassung legt eine
hohe Meßlatte an jede gesetzliche Regelung und jede administrative
oder gerichtliche Entscheidung, die zum Schutz anderer Rechtsgüter
eine Einschränkung der Freiheit der Wissenschaft bedeutet. Freilich
dürfen dabei in der jeweiligen Disziplin anerkannte
Forschungsstandards, Verantwortungsregeln und Sorgfaltspflichten -
einschließlich ihrer beweisrechtlichen Konsequenzen (im entschiedenen
Fall war das Datenmaterial, auf dem die Publikationen und die darin
enthaltenen Behauptungen beruhten, nicht mehr vorhanden) - nicht
außer acht bleiben. Das Urteil zeigt damit, daß die
Schnittstellen zwischen dem Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen
Fehlverhaltens in den Organen der Selbstverwaltung auf der einen und den
förmlichen Verfahren der Justiz auf der anderen Seite in
ähnlicher Weise diskutiert zu werden verdienen, wie dies in den
Vereinigten Staaten geschehen ist (11).
Die Kommission schlägt der Deutschen Forschungsgemeinschaft daher
vor, in regelmäßigen Abständen Rechtspraktiker,
Rechtswissenschaftler und Vertreter anderer Wissenschaftszweige zu
Rundgesprächen einzuladen. Dabei könnten u.a. die folgenden
Themen zur Diskussion stehen:
- die rechtliche Definition von Wissenschaft und die
Berücksichtigung wissenschaftsimmanenter Normen,
- Beweislast und Beweiswürdigung bei der Feststellung
wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Zusammenhang mit der Führung von
Laborbüchern,
- die Einbindung von Wissenschaftlern in hochschulrechtliche und
beamtenrechtliche Strukturen,
- alternative Wege zur Konfliktlösung in der Wissenschaft, wie z.B.
Schiedsgutachterverfahren, Schiedsverfahren und Schlichtungsverfahren,
- die Formen der Beteiligung eines Wissenschaftlers an dem Fehlverhalten
seiner Mitarbeiter und ihre Folgen,
- die institutionelle Verantwortung für Organisations- und
Arbeitsstrukturen und die wissenschaftliche Selbstverwaltung.
Empfehlung 9
Für außeruniversitäre Forschungsinstitute, die nicht
in einer Trägerorganisation zusammengeschlossen sind, kann sich
insbesondere für das Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen
wissenschaftlichen Fehlverhaltens (Nr. 8) ein gemeinschaftliches Vorgehen
empfehlen.
Erläuterungen
Die Max-Planck-Gesellschaft hat im November 1997 für alle ihre
Institute eine Verfahrensordnung bei Verdacht auf wissenschaftliches
Fehlverhalten (12) beschlossen; ihr Präsident hat die Ausarbeitung von
Regeln guter wissenschaftlicher Praxis angekündigt. Für
selbständige wissenschaftliche Einrichtungen kann einerseits, wie
für die Hochschulen, von Bedeutung sein, daß die für sie
geltenden Regeln guter wissenschaftlicher Praxis ihren Aufgaben angemessen
sind und sie im Konsens ihrer wissenschaftlichen Mitglieder beschlossen
werden. Andererseits kann es sich empfehlen, daß Verhaltenskodizes
und Verfahrensregeln der hier empfohlenen Art für mehrere Institute im
Verbund erarbeitet werden, sowohl wegen der erwünschten
Einheitlichkeit der Maßstäbe als auch im Interesse der
Vermeidung eines Übermaßes an Beratung. So bietet es sich an,
daß z.B. die in der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft deutscher
Forschungszentren oder auch die in der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried
Wilhelm Leibniz zusammengeschlossenen Institute gemeinsame Grundsätze
ausarbeiten und andere außeruniversitäre Institute in diesem
Sinne zusammenarbeiten.
Empfehlung 10
Wissenschaftliche Fachgesellschaften sollen für ihren
Wirkungsbereich Maßstäbe für gute wissenschaftliche Praxis
erarbeiten, ihre Mitglieder darauf verpflichten und sie öffentlich
bekanntgeben.
Erläuterungen
Wissenschaftliche Fachgesellschaften (13) haben wichtige Funktionen in
der gemeinsamen Willensbildung ihrer Mitglieder, nicht zuletzt in Fragen
fachbezogener Standards und Normen professioneller Arbeit sowie im Hinblick
auf forschungsethische Richtlinien. Eine Anzahl von deutschen
Fachgesellschaften hat in ihren Statuten oder selbständig auf deren
Grundlage teils allgemeine, teils auch fachspezifische Verhaltenskodizes,
insbesondere für die Forschung, festgelegt und veröffentlicht,
wie dies in den USA seit längerer Zeit üblich ist, so
beispielsweise die Gesellschaft Deutscher Chemiker (3), die Deutsche
Gesellschaft für Soziologie (14), die Deutsche Gesellschaft für
Erziehungswissenschaft (15) und andere. In jüngerer Zeit beginnen
deutsche Fachgesellschaften, die solche Richtlinien noch nicht haben,
damit, sie zu entwickeln (16). Diese Bemühungen um die Festlegung von
Maßstäben sind ein wichtiges Element der Qualitätssicherung
für die Forschung und verdienen noch weitere Verbreitung.
Da für viele wissenschaftliche Disziplinen inzwischen
europäische Fachgesellschaften bestehen, empfiehlt sich eine
Diskussion von Fragen guter wissenschaftlicher Praxis auch im
europäischen Rahmen.
Analog können - unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen
Rechtsnatur - die Richtlinien der Ärztekammern, insbesondere der
Bundesärztekammer, gesehen werden, auf deren Empfehlung seit 1979
bundesweit Ethik-Kommissionen zur Beurteilung von Forschungsvorhaben mit
Patienten und Probanden eingerichtet worden sind. Sie haben sich zu einer
Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, deren Geschäftsführung
bei der Bundesärztekammer angesiedelt ist. Seit der fünften
Novelle zum Arzneimittelgesetz von 1995 sind den Ethik-Kommissionen
über die Beratung der Projektleiter hinaus wesentliche Aufgaben bei
der Qualitätssicherung klinischer Studien zugewachsen (17).
Zwischen den standesrechtlichen Kodizes der Ärzte und den
Grundprinzipien wissenschaftlicher Arbeit bestehen beachtenswerte
Parallelen. Im Rahmen der Bewertung ärztlichen Verhaltens spielen z.B.
auch Organisations- und Dokumentationspflichten sowie die Einwirkung auf
Beweismittel eine Rolle. Die Verletzung dieser Pflichten kann in bestimmten
Fällen auch die Beweislast beeinflussen (18). Diese Parallelen bieten
der Wissenschaft die Möglichkeit, unter einzelnen Aspekten aus
Erfahrungen der Ärztekammern im Umgang mit Fehlverhalten zu
lernen.
Empfehlung 11
Autorinnen und Autoren wissenschaftlicher Veröffentlichungen
tragen die Verantwortung für deren Inhalt stets gemeinsam. Eine
sogenannte "Ehrenautorschaft" ist ausgeschlossen.
Empfehlung 12
Wissenschaftliche Zeitschriften sollen in ihren Autorenrichtlinien
erkennen lassen, daß sie sich im Hinblick auf die Originalität
eingereichter Beiträge und die Kriterien für die Autorschaft an
der besten international üblichen Praxis orientieren.
Gutachter eingereichter Manuskripte sollen auf Vertraulichkeit und
auf Offenlegung von Befangenheit verpflichtet werden.
Erläuterungen
Wissenschaftliche Veröffentlichungen sind das primäre Medium
der Rechenschaft von Wissenschaftlern über ihre Arbeit. Mit der
Veröffentlichung gibt ein Autor (oder eine Gruppe von Autoren) ein
wissenschaftliches Ergebnis bekannt, identifiziert sich damit und
übernimmt die Gewähr für den Inhalt der
Veröffentlichung. Zugleich erwirbt der Autor und/oder der Verlag des
Publikationsorgans dadurch dokumentierte Rechte (Urheberrecht, copyright
etc.). Im Zusammenhang damit hat das Datum der Veröffentlichung eine
wesentliche Bedeutung im Sinne der Dokumentierung der wissenschaftlichen
Priorität erlangt; alle guten naturwissenschaftlichen Zeitschriften
berichten, wann ein Manuskript eingegangen und wann es (meist nach
Überprüfung durch Gutachter) akzeptiert worden ist.
Wegen ihrer Bedeutung als Prioritäts- und Leistungsnachweis sind
Veröffentlichungen seit langem Gegenstand vielfältiger Konflikte
und Kontroversen. Aus ihnen haben sich jedoch allgemein anerkannte Regeln
(19) für die geläufigsten Konfliktpunkte, nämlich die
Originalität und Eigenständigkeit des Inhalts und die Autorschaft
herausgebildet, die im folgenden zusammengefaßt sind:
Veröffentlichungen sollen, wenn sie als Bericht über neue
wissenschaftliche Ergebnisse intendiert sind,
- die Ergebnisse vollständig und nachvollziehbar beschreiben,
- eigene und fremde Vorarbeiten vollständig und korrekt nachweisen
(Zitate),
- bereits früher veröffentlichte Ergebnisse nur in klar
ausgewiesener Form und nur insoweit wiederholen, wie es für das
Verständnis des Zusammenhangs notwendig ist.
Viele gute und angesehene Zeitschriften verlangen in ihren
Autorenrichtlinien eine schriftliche Versicherung, daß der Inhalt
eines Manuskripts nicht schon ganz oder teilweise anderweitig publiziert
oder zur Publikation eingereicht wurde. Sie akzeptieren Manuskripte
insbesondere dann nicht, wenn ihr Inhalt zuvor (ehe er von Gutachtern und
von der Fachöffentlichkeit geprüft werden konnte) dem allgemeinen
Publikum bekanntgegeben wurde; Ausnahmen werden bei der ausführlichen
Publikation zuvor nur in Kongreßbeiträgen ("abstracts")
referierter Ergebnisse zugelassen.
Als Autoren einer wissenschaftlichen Originalveröffentlichung
sollen alle diejenigen, aber auch nur diejenigen, firmieren, die zur
Konzeption der Studien oder Experimente, zur Erarbeitung, Analyse und
Interpretation der Daten und zur Formulierung des Manuskripts selbst
wesentlich beigetragen und seiner Veröffentlichung zugestimmt haben,
d.h. sie verantwortlich mittragen. Einige Zeitschriften verlangen,
daß dies durch Unterschrift aller Autoren bekundet wird, andere
verpflichten jedenfalls den korrespondierenden Autor als den für alle
Einzelheiten einer Publikation Verantwortlichen zu einer entsprechenden
Versicherung. Für den Fall, daß nicht alle Koautoren sich
für den gesamten Inhalt verbürgen können, empfehlen manche
Zeitschriften, die Einzelbeiträge kenntlich zu machen.
Mit dieser Definition vor Autorschaft werden andere - auch wesentliche -
Beiträge wie
- Verantwortung für die Einwerbung der Förderungsmittel,
- Beitrag wichtiger Untersuchungsmaterialien,
- Unterweisung von Mitautoren in bestimmten Methoden,
- Beteiligung an der Datensammlung und -zusammenstellung,
- Leitung einer Institution oder Organisationseinheit, in der die
Publikation entstanden ist,
für sich allein nicht als hinreichend erachtet, Autorschaft zu
rechtfertigen.
Eine "Ehrenautorschaft" ist sowohl nach den Richtlinien der besten
Zeitschriften als auch nach den Verhaltenskodizes der bekanntesten
amerikanischen Forschungsuniversitäten keinesfalls akzeptabel. Als
angemessene Formen der Erwähnung werden beispielsweise Fußnoten
oder Danksagungen empfohlen.
Zur Vermeidung von Konflikten über die Autorschaft empfehlen die
Zeitschriften - um so mehr, je größer die Zahl der an der
Erarbeitung der Ergebnisse Beteiligten ist - frühzeitig klare
Vereinbarungen zu treffen, die bei Dissens eine Orientierung
ermöglichen.
Fast alle guten Zeitschriften verpflichten ihre Gutachter, denen sie
eingesandte Manuskripte zur Prüfung anvertrauen, auf strikte
Vertraulichkeit und auf Offenlegung von Befangenheiten, die dem Herausgeber
und seinem Beratungsgremium bei der Auswahl entgangen sein könnten.
Viele gute Zeitschriften verpflichten sich außerdem gegenüber
ihren Autoren zu einer Rückmeldung innerhalb definierter, kurzer Zeit
und setzen dementsprechend ihren Gutachtern kurze Fristen für die
Abgabe ihres Kommentars.
Die Kommission hält eine Diskussion der hier zusammengefaßten
Fragen der Qualitätssicherung, in noch breiterem Umfang, als sie sich
in jüngsten Veröffentlichungen (20) andeutet, auf
europäischer oder internationaler Ebene für
wünschenswert.
Empfehlung 13
Einrichtungen der Forschungsförderung sollen nach Maßgabe
ihrer Rechtsform in ihren Antragsrichtlinien klare Maßstäbe
für die Korrektheit der geforderten Angaben zu eigenen und fremden
Vorarbeiten, zum Arbeitsprogramm, zu Kooperationen und zu allen anderen
für das Vorhaben wesentlichen Tatsachen formulieren und auf die Folgen
unkorrekter Angaben aufmerksam machen.
Erläuterungen
Forschungsförderung findet in verschiedenen Rahmen statt, seien es
Bundes- oder Landesministerien, öffentlich- oder privatrechtliche
Stiftungen und Fördereinrichtungen oder die Deutsche
Forschungsgemeinschaft. Anders als in Forschungseinrichtungen und
Hochschulen, an denen direkt Forschung betrieben wird, reichen die
Beziehungen der Förderinstitutionen zu einzelnen Wissenschaftlern
meist über ihren eigenen organisatorischen Rahmen hinaus.
Sie stehen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaftlern, die
Anträge auf Forschungsförderung stellen, und solchen, die
Anträge begutachten. Die Förderinstitutionen legen ein
großes Maß an Vertrauen in den einzelnen Wissenschaftler,
einerseits, wenn sie seine Angaben in einem Antrag als Grundlage der
Beurteilung seines Vorhabens anerkennen, und andererseits, wenn sie seinem
Kollegen den Antrag, der schutzwürdige neue Ideen enthält, zur
Begutachtung übergeben. In dem Schutz dieser unentbehrlichen
Vertrauensgrundlage liegt das eigene Interesse aller
Förderinstitutionen an der Einhaltung von Grundprinzipien in der
wissenschaftlichen Arbeit und in der Begutachtung.
Förderinstitutionen spielen für den einzelnen Wissenschaftler
eine essentielle Rolle, weil sie Forschung finanziell unterstützen.
Indem sie den einzelnen als Antragsteller oder Empfänger von
Förderungsmitteln ansprechen, können sie Einfluß auf die
Festigung von Standards wissenschaftlicher Arbeitsweise und ihren Schutz
ausüben. Durch Ausgestaltung ihrer Antragskriterien und
Förderbedingungen können sie Umstände abbauen, die zu
Fehlverhalten verleiten. Auf den Umgang mit einem Fall, in dem sie
finanziell oder in ihrem Ruf durch das Fehlverhalten eines Wissenschaftlers
selbst direkt betroffen werden, müssen die Förderorganisationen
sich vorbereiten. Derartige Fälle können durch falsche Angaben in
Anträgen, durch den Mißbrauch von gewährten Mitteln oder
schließlich durch unredlichen Umgang mit zur Begutachtung
überantworteten Anträgen ausgelöst werden.
Um die Grundlage des Vertrauens gegenüber den Antragstellern zu
schützen und ihnen eine Orientierung zu geben, sollten
Forschungsförderer in ihren Antragsformularen oder -anleitungen klar
und deutlich solche Maßstäbe nennen, denen ein qualifizierter
Antrag genügen muß:
- Vorarbeiten sind konkret und vollständig darzustellen.
- Eigene und fremde Literatur ist genau zu zitieren. Noch nicht
erschienene Publikationen sind klar zu kennzeichnen als "im Druck in ...",
"angenommen bei ..." oder "eingereicht bei ...".
- Projekte sind nach bestem Gewissen inhaltlich so zu beschreiben, wie
der Antragsteller beabsichtigt, sie durchzuführen.
- Kooperationen können bei der Antragsbewertung nur
Berücksichtigung finden, wenn alle Beteiligten die erklärte
Absicht und die Möglichkeit zu der angestrebten Zusammenarbeit
haben.
Die Antragsteller sollen durch ihre Unterschrift auch ihre Kenntnis
dieser Grundsätze dokumentieren.
Empfehlung 14
In den Richtlinien für die Verwendung bewilligter Mittel soll
der/die für das Vorhaben Verantwortliche auf die Einhaltung guter
wissenschaftlicher Praxis verpflichtet werden. Ist eine Hochschule oder ein
Forschungsinstitut allein oder gleichberechtigt Empfänger der Mittel,
so müssen dort Regeln guter wissenschaftlicher Praxis (Nr. 1) und
für den Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens
(Nr. 8) etabliert sein.
An Einrichtungen, die sich nicht an die Empfehlungen 1 bis 8 halten,
sollen keine Fördermittel vergeben werden.
Der 2. Absatz dieser Empfehlung wurde aufgrund eines Beschlusses der
Mitgliederversammlung der DFG vom 17. Juni 1998 neu formuliert:
Fördermittel der DFG sind zu verweigern, wenn eine Hochschule
oder Forschungseinrichtung gegen Sinn und Zweck der Empfehlungen 1 bis 8
gravierend verstößt. Dies gilt jedoch erst nach der
Verabschiedung der Musterordnung durch die HRK und auch dann nicht sofort,
sondern mit einer angemessenen Übergangsfrist.
|
Erläuterungen
Das Verhältnis einer Förderorganisation zu einem Antragsteller
gestaltet sich zunächst einseitig. Die Bewilligung nach Begutachtung
begründet eine engere zweiseitige Verbindung, die weitere
Möglichkeiten eröffnet, den einzelnen Wissenschaftler
anzusprechen.
Zum Schutz der Organisation vor dem Fehlverhalten einzelner
Beihilfeempfänger sollen die Forschungsförderer ihrer Rechtsform
entsprechend das Rechtsverhältnis eigener Art (21) mit
geförderten Wissenschaftlern gestalten und darin normative
Maßstäbe und Reaktionen verankern und bekanntgeben.
Die Definition wissenschaftlichen Fehlverhaltens an sich soll den
Institutionen überlassen werden, an denen Forschung tatsächlich
stattfindet, um Homogenität innerhalb einer Forschungsumgebung zu
schaffen. Gleiches gilt für tatsächliche Ermittlungen, die zur
Aufklärung eines Verdachts erforderlich werden.
Dagegen müssen die Förderorganisationen ihre Reaktionen auf
Verhalten, das sie selbst finanziell oder in ihrem Ruf betrifft, in ihren
Förderbedingungen festlegen und bekanntgeben. Statt der
geläufigen Möglichkeit, auf der Grundlage des bürgerlichen
Rechts in solchen Fällen auf das Bereicherungs- und Deliktsrecht
zurückzugreifen, können sie z.B. Vertragsstrafen für
bestimmte Konstellationen mit ihren Beihilfeempfängern vereinbaren,
deren Inhalt nicht unbedingt Geldzahlungen sein müssen, sondern die
auch Verwarnungen, Ausschlüsse u.a. umfassen können (22).
Empfehlung 15
Förderorganisationen sollen ihre ehrenamtlichen Gutachter auf
die Wahrung der Vertraulichkeit der ihnen überlassenen
Antragsunterlagen und auf Offenlegung von Befangenheit verpflichten. Sie
sollen die Beurteilungskriterien spezifizieren, deren Anwendung sie von
ihren Gutachtern erwarten. Unreflektiert verwendete quantitative
Indikatoren wissenschaftlicher Leistung (z.B. sogenannte impact-Faktoren)
sollen nicht Grundlage von Förderungsentscheidungen werden.
Erläuterungen
Auch Gutachtern können formulierte Standards zur Orientierung bei
ihrer Arbeit dienen. Die Vertraulichkeit des fremden Ideenmaterials, zu dem
ein Gutachter Zugang erlangt, schließt die Weitergabe an Dritte, und
sei es auch nur zur Hilfe bei der Begutachtung, absolut aus. Um eine
objektive und an wissenschaftlichen Kriterien ausgerichtete Bewertung zu
sichern, müssen die Förderorganisationen ihre Gutachter so
auswählen, daß Befangenheit und jeder Anschein von ihr vermieden
werden. Wo dies im Einzelfall nicht gelungen ist, müssen Gutachter
eventuelle Interessenkonflikte oder Befangenheiten, die in der Person des
Antragstellers oder dem angestrebten Projekt begründet sein
können, anzeigen. Die Anzeige von Interessenkollisionen liegt auch im
Interesse des Gutachters, der seinen Ruf als den eines fairen und neutralen
Sachverständigen festigt.
Die Richtlinien über Vertraulichkeit und den Umgang mit
Befangenheit müssen als Anknüpfung für Reaktionen auf
Mißbrauch der Gutachterposition taugen. Anders als in den Richtlinien
für Antragsteller kommen freilich Vertragsstrafen, die vor dem Beginn
einer Begutachtung zu vereinbaren wären, nicht in Betracht. Die
Gutachtertätigkeit ist ein Ehrenamt. Jede auch nur hypothetische
Unterstellung unredlichen Verhaltens würde hier abschreckend und
demotivierend wirken. Daran ändert das Auftragsverhältnis,
welches im rechtlichen Sinne möglicherweise zwischen den Gutachtern
und der Förderorganisation zustande kommt, nichts (23). Reaktionen auf
Fehlverhalten von Gutachtern sollten daher allgemein in den Regelungen der
Förderorganisationen vorgesehen sein, im Gegensatz zu Vereinbarungen
mit jedem einzelnen.
Für den Fall des Verdachts der Verwendung fremder Ideen für
eigene Projekte oder anderer gravierender Formen des Vertrauensbruchs durch
einen Gutachter empfiehlt die Kommission den Einsatz von
Sachverständigen zur schnellstmöglichen Aufklärung. Ein
Gutachter, dem dergestalt Mißbrauch von vertraulichen
Antragsinformationen nachgewiesen wird, darf nicht mehr gehört werden
und muß, beruht seine Tätigkeit auf einem Wahlamt, dieses
verlieren.
Die Mitteilung eines belastenden Befundes an andere
Forschungsförderer kann ebenfalls sinnvoll sein. Unredlicher Umgang
eines Gutachters mit vertraulichen Antragsinhalten kann die Aufhebung
seiner Anonymität gegenüber dem geschädigten Antragsteller
rechtfertigen, um diesem zu ermöglichen, seine Rechte gegen den
Gutachter durchzusetzen.
Analoge Regelungen sind für die Mitarbeiter und die Mitglieder von
Entscheidungsgremien vorzusehen, die im Rahmen ihres Amtes Zugang zu
vertraulichen Antragsunterlagen haben.
In vergleichbar zurückhaltender Form wie die Anforderungen an die
Vertraulichkeit und Neutralität müssen auch die Kriterien
vorgegeben werden, deren Anwendung eine Förderorganisation von ihren
Gutachtern erwartet. Maßnahmen zur Qualitätssicherung der
Begutachtung sind gleichwohl notwendig, schon deshalb, weil
unterschiedliche Förderungsprogramme neben den allgemeinen Kriterien
wissenschaftlicher Qualität unterschiedliche Akzente setzen, die den
Gutachtern bekannt sein müssen; sie sind daher auch weithin
üblich (24).
Noch schwieriger als die Sicherung der Vertraulichkeit der Begutachtung
ist die Sicherung ihrer wissenschaftlichen Qualität, d.h. die Auswahl
der für die Beurteilung eines Antrags am besten qualifizierten
Gutachter, auch solcher, die sich nicht mit einfachen Zugängen zur
oberflächlichen Abschätzung der Produktivität der
antragstellenden Arbeitsgruppe begnügen, sondern die Mühe der
inhaltlichen Beschäftigung mit dem vorgestellten Projekt und den
Vorarbeiten dazu nicht scheuen. Für die wissenschaftlichen Mitarbeiter
der Förderorganisationen liegt hierin eine ständige, große
Herausforderung.
Auch wenn die Begutachtung von Förderungsanträgen generell
kein geeigneter Weg sein kann, wissenschaftliches Fehlverhalten
aufzudecken, sind Laborbesuche bei örtlichen Begutachtungen, indem sie
Gelegenheit zum Informationsaustausch mit allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern einer Arbeitsgruppe bieten, eine wichtige
Informationsquelle.
Empfehlung 16
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft soll eine unabhängige
Instanz - etwa in Gestalt eines Ombudsmans oder auch eines Gremiums von
wenigen Personen - berufen und mit den nötigen Arbeitsmitteln
ausstatten, die allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zur
Beratung und Unterstützung in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis
und ihrer Verletzung durch wissenschaftliche Unredlichkeit zur
Verfügung steht und jährlich darüber öffentlich
berichtet.
Erläuterungen
Die Formulierung von Normen und Vorgaben für gute wissenschaftliche
Praxis legt für ihre Verwirklichung nur eine Grundlage.
Schwierigkeiten bei der Einhaltung von Grundprinzipien treten in allen
Lebensgebieten erst bei ihrer Umsetzung in einem konkreten Fall auf, in dem
Gegenpole von "redlich" und "unredlich" aufgrund von Verflechtungen und
Wertungskonflikten im Einzelfall weniger klar zu trennen sind.
Dies gilt sowohl bei Fragen, die eigenes wissenschaftliches Verhalten
betreffen, als auch für Zweifel an dem Verhalten anderer. Letzteres
stellt besonders junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die noch
am Aufbau ihrer Karriere arbeiten, zumindest subjektiv häufig vor die
Frage, ob das Interesse an der Offenlegung des unredlichen Verhaltens eines
älteren, u.U. vorgesetzten Wissenschaftlers das Risiko für die
eigene Karriere, welches dadurch entstehen kann, aufwiegt. Sie kommen
dadurch in einen schwerwiegenden Konflikt. "Whistle blowers" oder
"Informanten" geraten leicht in den Verdacht der Denunziation. Um allen
Wissenschaftlern, insbesondere dem Nachwuchs, aus dieser einsamen
Konfliktlage einen Ausweg zu öffnen, empfiehlt die Kommission der
Deutschen Forschungsgemeinschaft die Berufung eines Ombudsmans oder
mehrerer Ombudsleute für die Wissenschaft.
Eine derartige Vertrauensperson oder -kommission soll mit einer gewissen
Autorität ausgestattet werden, die ihre Grundlage z.B. in der Wahl
durch den Senat der DFG und einer jährlichen Berichterstattung an ihn
finden kann. Sie soll nicht eigene Ermittlungen nach dem Vorbild des
heutigen "Office of Research Integrity" des amerikanischen Public Health
Service führen (25), sondern vor allem durch ihre persönliche
Autorität, Integrität und Neutralität den Wissenschaftlern
ein kompetenter und vertrauenswürdiger Ansprechpartner sein, der
gegebenenfalls erhebliche Verdachtsmomente aufnimmt und zur Aufmerksamkeit
der sachnahen Institutionen bringt. Wichtig ist der Kommission, daß
diese Vertrauensperson(en) allen Wissenschaftlern zugänglich ist
(sind), unabhängig von ihrem Bezug oder dem eines betroffenen Projekts
zur Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Durch die Einrichtung einer derartigen Appellationsinstanz kann die
Deutsche Forschungsgemeinschaft das öffentliche Vertrauen in die gute
wissenschaftliche Praxis erhalten, indem sie die Aufmerksamkeit
demonstriert, die die Wissenschaft ihrer eigenen Selbstkontrolle schenkt
(26). Die Empfehlung an die Hochschulen und Forschungseinrichtungen,
Vertrauensleute zu benennen, soll damit nicht ihre Grundlage verlieren,
sondern ergänzt werden.
II. Probleme im Wissenschaftssystem
Fragen und Diskussionen ähnlich denen, die die Ausarbeitung der
vorliegenden Empfehlungen angestoßen haben, gab es in
größerem Umfang erstmals vor fast 20 Jahren in den USA, nachdem
dort im Verlauf weniger Jahre an mehreren angesehenen
Forschungsuniversitäten Vorwürfe wissenschaftlichen
Fehlverhaltens erhoben und teils nach einiger Zeit erhärtet, teils
über Jahre hin unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit
und der Gerichte kontrovers verfolgt und erst nach langer Zeit (in einem
Fall erst im elften Jahr nach den ersten Vorwürfen) entschieden
wurden.
Den von 1978 bis zum Ende der achtziger Jahre in den USA zu causes
célèbres gewordenen Fällen sind folgende Merkmale
gemeinsam (27):
- Der/die Beschuldigte und die Institution, wo die Arbeiten stattfanden,
waren hoch renommiert; mindestens war der/die Beschuldigte Mitglied einer
angesehenen Arbeitsgruppe. In der Regel wurden die Beschuldigungen von
weniger prominenter Seite erhoben.
- Die Tatsachenaufklärung durch die Institution verlief
zögerlich und/oder ungeschickt.
- Die Öffentlichkeit wurde durch Presse und andere Medien
frühzeitig informiert, so daß alle weiteren Schritte von
Aufmerksamkeit und Kontroversen begleitet waren.
Die meisten dieser Fälle waren außerdem von gerichtlichen
Auseinandersetzungen begleitet; an einigen von ihnen nahmen auch Politiker
regen Anteil. Vor allem die Öffentlichkeitswirksamkeit führte
dazu, daß sich ab Beginn der achtziger Jahre zahlreiche Gremien
sowohl mit der Kasuistik als auch mit grundsätzlichen
Überlegungen zu "scientific fraud and misconduct" beschäftigten
(28). Dem verbreiteten Eindruck, die Institutionen der Wissenschaft seien
auf das Problem schlecht eingerichtet, wurde mit institutionellen
Regelungen begegnet, über die weiter unten (Abschnitt III.1) berichtet
wird.
Erste Versuche, das Problem "Fehlverhalten in der Wissenschaft" zu
quantifizieren (29), führten zu wenig schlüssigen Ergebnissen.
Inzwischen liegen Erfahrungsberichte der für "scientific misconduct"
zuständigen Behörden, dem Office of Inspector General (OIG) der
National Science Foundation (NSF) und dem Office of Research Integrity
(ORI) des Public Health Service vor. Das OIG erhielt im Durchschnitt der
letzten Jahre zwischen 30 und 80 neue 'Fälle' pro Jahr bei ca. 50.000
unterstützten Projekten und fand Fehlverhalten in etwa einem Zehntel
dieser Fälle. Im Jahresbericht des ORI für 1995 wird über 49
neue Fälle beim ORI selbst und über 64 neue Fälle in
Institutionen seines Geschäftsbereichs im Vorjahr bei mehr als 30.000
von den National Institutes of Health (NIH) geförderten Vorhaben
berichtet (30).
Das im Jahr 1992 auf Inititative des dänischen medizinischen
Forschungsrates gegründete und seit 1996 unter der Schirmherrschaft
des dortigen Forschungsministeriums stehende Danish Committee on Scientific
Dishonesty (31) hatte sich im ersten Jahr seiner Amtszeit mit 15
Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu befassen; in den
darauffolgenden Jahren nahm die Anzahl der neuen 'Fälle' zunächst
rasch ab und stieg 1996 wieder auf zehn.
Zur Kenntnis der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind aus Deutschland
in den letzten zehn Jahren vor 1997 insgesamt sechs Fälle von
Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens gelangt. Seit 1992 sind
sie, soweit die DFG involviert war, nach den vom Präsidium erlassenen
Regeln zum Umgang mit derartigen Vorkommnissen behandelt worden, die unter
anderem folgendes vorsehen:
- Prüfung der Vorwürfe in den zuständigen Referaten der
Geschäftsstelle und Anhörung der Betroffenen,
- sofern hiernach ein substantieller Verdacht wissenschaftlichen
Fehlverhaltens bestätigt und eine einvernehmliche Regelung nicht
erzielt wird, Befassung eines Unterausschusses des Hauptausschusses der DFG
unter Vorsitz des Generalsekretärs; dieser Ausschuß stellt unter
Anhörung der Beteiligten den Tatbestand fest und empfiehlt
gegebenenfalls dem Hauptausschuß die erforderlichen
Maßnahmen,
- Verhängung von gegebenenfalls erforderlichen Sanktionen durch den
Hauptausschuß der DFG.
In drei Fällen betrafen die erhobenen Vorwürfe die Aneignung
von vertraulichen Antragsunterlagen oder andere Formen problematischen
Verhaltens bei Gutachtern. Sie wurden in Korrespondenz und Gesprächen
zwischen der Geschäftsstelle der DFG und den Beteiligten
beigelegt.
In den drei anderen Fällen ging es um Vorwürfe der Erfindung
oder Fälschung experimenteller Forschungsergebnisse in
Hochschuleinrichtungen. Ihnen sind folgende Merkmale gemeinsam:
- Die veröffentlichten Ergebnisse wurden nach kürzerer oder
längerer Zeit im wissenschaftlichen Schrifttum angezweifelt.
- Die jeweils zuständigen Stellen in den Hochschulen wurden
tätig, ermittelten den Sachverhalt unter Anhörung der Betroffenen
und zum Teil weiterer Beteiligter, und trafen Maßnahmen.
- Alle drei Fälle - der älteste reicht ins Jahr 1988
zurück - sind Ende 1997 noch bei Gericht anhängig. In einem Fall
erhebt derzeit die betroffene Universität Verfassungsbeschwerde gegen
ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (8). In einem weiteren,
jüngeren Fall liegt bislang erst ein Beschluß des
zuständigen Verwaltungsgerichts im vorläufigen
Rechtsschutzverfahren vor (32).
Im folgenden wird entsprechend dem Mandat der Kommission, "Ursachen von
Unredlichkeit im Wissenschaftssystem nachzugehen", versucht, einige der
Faktoren zu beschreiben, die Unredlichkeit begünstigen könnten
und es rechtfertigen, diesen Problemen heute mehr als früher
Aufmerksamkeit zu widmen.
Wissenschaftliche Unredlichkeit ist stets Verhalten von Individuen, auch
wenn sie nicht allein handeln. Dementsprechend fehlt es weder in den
Analysen einzelner Fälle noch in generalisierenden Betrachtungen an
individualpsychologischen Erklärungen bis hin zur Psychopathologie
(33). Diese Erklärungen führen indessen schon vom Ansatz her
nicht weiter, wenn die Frage aufgeworfen wird, welche allgemeinen
Bedingungen wissenschaftliche Unredlichkeit begünstigen und welche
Prävention möglich ist.
1. Normen der Wissenschaft
Unredlichkeit und bewußte Regelverstöße gibt es in
allen Lebensbereichen. Die Wissenschaft, und speziell die Forschung sind
aus mehreren Gründen gegenüber Unredlichkeit besonders
empfindlich:
Forschung als Tätigkeit ist Suche nach neuen Erkenntnissen. Diese
entstehen aus einer stets durch Irrtum und Selbsttäuschung
gefährdeten Verbindung von Systematik und Eingebung. Ehrlichkeit
gegenüber sich selbst und gegenüber anderen ist eine
Grundbedingung dafür, daß neue Erkenntnisse - als vorläufig
gesicherte Ausgangsbasis für weitere Fragen (34) - überhaupt
zustande kommen können. "Ein Naturwissenschaftler wird durch seine
Arbeit dazu erzogen, an allem, was er tut und herausbringt, zu zweifeln,
... besonders an dem, was seinem Herzen nahe liegt" (35).
Forschung im idealisierten Sinne ist Suche nach Wahrheit. Wahrheit ist
unlauteren Methoden kategorial entgegengesetzt. Unredlichkeit - anders als
gutgläubiger Irrtum, der nach manchen wissenschaftstheoretischen
Positionen essentiell für den Fortschritt der Erkenntnis ist,
jedenfalls aber zu den 'Grundrechten' des Wissenschaftlers gehört (36)
- stellt also die Forschung nicht nur in Frage, sie zerstört sie.
Forschung geschieht heute fast durchweg mit Blick auf einen engeren
(innerwissenschaftlichen) und weiteren (gesellschaftlichen) sozialen
Kontext: Forscher sind in der Zusammenarbeit wie im Wettbewerb aufeinander
angewiesen. Sie können nicht erfolgreich sein, wenn sie einander - und
ihren Vorgängern, sogar ihren Konkurrenten - nicht vertrauen
können. "Wissenschaftlich ... überholt zu werden, ist ... nicht
nur unser aller Schicksal, sondern unser aller Zweck. Wir können nicht
arbeiten, ohne zu hoffen, daß andere weiter kommen werden als wir."
Max Webers Ausspruch (37) gilt für Zeitgenossen nicht weniger als
für Vor- und Nachfahren. So ist Ehrlichkeit nicht nur
selbstverständliche Grundregel professioneller wissenschaftlicher
Arbeit, "daß innerhalb der Räume des Hörsaals, nun einmal
keine andere Tugend gilt als eben: schlichte intellektuelle
Rechtschaffenheit" (37); sie ist das Fundament der Wissenschaft als eines
sozialen Systems.
2. Wissenschaft als Beruf - heute
Schon im Jahr 1919, noch geraume Zeit vor dem Aufstieg der Vereinigten
Staaten zur führenden Wissenschaftsnation, hat Max Weber in dem
bereits zitierten Kontext gesagt: "Unser deutsches Universitätsleben
amerikanisiert sich, wie unser Leben überhaupt, in sehr wichtigen
Punkten, und diese Entwicklung, das bin ich überzeugt, wird weiter
übergreifen ..." (37). A fortiori sind heute die USA das Land, in dem
die Strukturen professioneller Wissenschaft und ihre Probleme am klarsten
in Erscheinung treten und am besten dokumentiert sind (38). Schon die
für einen großen Teil der aktuellen Verhältnisse
grundlegende Tatsache, daß "90 Prozent aller jemals aktiven
Wissenschaftler heute leben", wurde von einem Amerikaner zuerst
veröffentlicht (39). Die USA waren auch das Land, in dem nach der
beispiellosen Anstrengung des Manhattan-Projekts ein nationales staatliches
Engagement für die Grundlagenforschung als intellektuelles Kapital
gefordert (40) und verwirklicht wurde. Das nach der Gründung der
National Science Foundation (1950) und der National Institutes of Health
(1948) über Jahre stetig wachsende Engagement der amerikanischen
Bundesregierung führte zu einem rapiden Wachstum des Forschungssystems
im ganzen und zur Herausbildung der Forschungsuniversitäten, in denen
ein erheblicher Teil der Gesamtaktivität über Projektmittel der
Forschungsförderungsinstitutionen finanziert wird. Anders als in
Deutschland können diese nicht nur das Gehalt des Projektleiters,
sondern auch über die sogenannten "overheads" Infrastrukturkosten
einschließlich der Mittel für die Verwaltung enthalten. Der
Erfolg im Wettbewerb um diese Mittel entscheidet daher über
Karrierechancen, Ausstattung und - kumulativ - über das Ansehen der
Abteilung und der gesamten Universität. Wesentliches Kriterium
für den Erfolg im Wettbewerb wurde die wissenschaftliche
Produktivität, gemessen an ihren der wissenschaftlichen
Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Ergebnissen. Damit geriet
die Veröffentlichung im Lauf der Zeit in eine Doppelrolle: neben ihrer
Funktion im wissenschaftlichen Diskurs und als Dokument neuen Wissens wurde
sie Mittel zum Zweck, bald mehr gezählt als gelesen. Zugleich
entwickelte sich in dem Maße, wie Forschungsergebnisse Grundlage von
Anwendungen wurden, eine immer intensivere Wechselwirkung der
'akademischen' Forschung mit Anwendungsfeldern in der Industrie, im
Gesundheitswesen, in der Politikberatung u.a.m. Neuerdings sieht man in den
USA wiederum bedeutsame Änderungen: die über lange Jahre fraglos
akzeptierte Bedeutung der Forschung als nationale Aufgabe geht zurück;
die Wissenschaft wird zu einem Verbraucher staatlicher Mittel neben anderen
und muß ihre Forderungen in der Konkurrenz zu anderen Bereichen der
staatlichen Daseinsvorsorge rechtfertigen. Kooperationen mit Anwendern
gewinnen - mit großen Unterschieden nach Disziplinen - noch weiter an
Bedeutung; wissenschaftliche Ergebnisse werden immer öfter auch als
Grundlage finanziellen Erfolgs gesehen (41).
Vieles aus dieser Schilderung läßt sich auf deutsche
Verhältnisse übertragen. Die quantitative Entwicklung ist -
berücksichtigt man die unterschiedlichen Größen der beiden
Länder - durchaus ähnlich. Im Jahr 1920 zählte der
Lehrkörper der Universitäten und vergleichbaren Einrichtungen in
ganz Deutschland 5.403 Professoren und Dozenten (42). Die Zahl der Stellen
für Professoren an Hochschulen stieg in Westdeutschland von rund 5.500
im Jahr 1950 auf rund 34.100 im Jahr 1995, die für "übriges
wissenschaftliches Personal" von rund 13.700 auf 55.900. In ganz
Deutschland gab es im Jahr 1996 rund 42.000 Stellen für Professoren
und 72.700 Stellen für "übriges wissenschaftliches Personal" (43)
an Hochschulen. In diesen Zahlen ist das nicht aus Stellen, sondern aus
Mitteln Dritter finanzierte wissenschaftliche Personal nicht enthalten. Die
staatlichen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in den
Hochschulen machten ihrerseits rund ein Fünftel der
Bruttoinlandsausgaben für F&E aus (44).
Die Zahlen veranschaulichen, daß akademische Forschung in
Deutschland (wie in den übrigen entwickelten Ländern) sich in
weniger als einem Jahrhundert von einer allein oder in kleinen
Gemeinschaften betriebenen gelehrten Arbeit weithin zu
großbetrieblichen Arbeits- und Organisationsformen entwickelt hat.
Der Begriff der "Wissensproduktion" hat sich dafür eingebürgert;
Veränderungen der Produktionsform werden heute in ähnlichen
Kategorien diskutiert wie die der industriellen Produktion (45).
3. Wettbewerb
Wettbewerb ist Bestandteil des Wissenschaftssystems seit dem 17.
Jahrhundert (46). Ging es damals darum, wer als erster eine Entdeckung
gemacht und sie veröffentlicht hatte, erstreckt sich unter den
heutigen Bedingungen der Forschungsfinanzierung der Wettbewerb auch auf die
materielle Sicherung wissenschaftlicher Arbeit bis hin zum Fortbestand von
Arbeitsgruppen und zu den Existenzgrundlagen der einzelnen Forscher. Neben
den Wettbewerb der einzelnen Wissenschaftler, der sich auf fast allen
Feldern im internationalen Rahmen abspielt, ist ein Wettbewerb der
Institutionen und Nationen getreten (47). Anders als bei den
Medaillenspiegeln der Sportwettbewerbe ist allerdings der Abstand zwischen
der Goldmedaille und dem Feld sehr groß: Ein vom Erstentdecker
veröffentlichtes Ergebnis zu bestätigen, bringt wenig Ehre. Es
gibt keine Silbermedaillen, und die nationalen Rekorde werden international
nicht beachtet. Um so wichtiger ist freilich die Nachprüfung
veröffentlichter Ergebnisse durch andere, auf demselben Arbeitsgebiet
kompetente Arbeitsgruppen.
In jeder Form des Wettbewerbs gibt es gezielte Regelverstöße,
und ihre Wahrscheinlichkeit wächst mit der Intensität des
Wettbewerbs ebenso wie mit dem Erfolgsdruck, unter dem sich Teilnehmer
sehen. Unerträglicher Erfolgsdruck ist das Motiv, das beispielsweise
William Summerlin, die zentrale Figur des ersten in den USA berühmt
gewordenen neueren Fälschungsfalls, neben anderem anführte:
"Immer wieder wurde ich aufgefordert, Versuchsdaten zu publizieren und
Projektanträge ... zu erstellen. Dann kam eine Zeit im Herbst 1973,
als ich keine neue überraschende Entdeckung vorzuweisen hatte und mir
Dr. Good brutal eröffnete, daß ich ein Versager sei ... So stand
ich unter extremem Produktionsdruck ..." (48).
Vor allem im amerikanischen System der Forschungsförderung, wo
schon seit langem die Erfolgsquoten von Förderungsanträgen
konsistent niedrig sind, muß die Motivation, durch regelwidriges
Verhalten zum Erfolg zu kommen, hoch eingeschätzt werden. Unter
vergleichbarem Druck sehen sich mittlerweile auch in Deutschland viele, vor
allem junge, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Neben der Versuchung zum gezielten Regelverstoß kann
Wettbewerbsdruck auch zu Nachlässigkeit und mangelnder Sorgfalt
führen. Ein Kernstück wissenschaftlicher Methode ist aber der
systematische Zweifel an den eigenen Ergebnissen. Experimente sollten
gerade dann - und möglichst unabhängig - wiederholt werden, wenn
sie das erhoffte Ergebnis bringen. Erfolgsdruck und Eile, das Bestreben,
schneller als die Konkurrenz zu publizieren, sind eine Quelle schlecht
abgesicherter Resultate, in der Praxis weit häufiger als
Manipulationen und Fälschungen.
4. Veröffentlichungen
Forschungsergebnisse gelten seit den frühen neuzeitlichen Formen
der Institutionalisierung von Wissenschaft im 17. Jahrhundert erst dann als
anerkannt, wenn sie veröffentlicht und damit der Kritik und
Überprüfung zugänglich gemacht worden sind. Dieses Prinzip
ist heute unverändert gültig; es begegnet jedoch mehreren
Schwierigkeiten:
Zum einen ist im Gefolge des exponentiellen Wachstums des
Wissenschaftssystems auch die Zahl der Veröffentlichungen exponentiell
gewachsen und hat schon vor langer Zeit unüberschaubare Ausmaße
angenommen (49).
Zum anderen hat der Gebrauch der Publikationen als Erfolgskriterium im
Wettbewerb der Wissenschaftler um Karrierechancen, Forschungsmittel etc.
seinerseits zu einer Vermehrung der Veröffentlichungen geführt
und zur Aufteilung ihres Inhalts in immer kleinere Einheiten, die mit
Begriffen wie dem "publish or perish"-Prinzip oder der LPU (least
publishable unit) zwar seit langer Zeit kritisiert wird, sich aber nicht
verringert hat.
Weiterhin hat auch die Zahl der Veröffentlichungen, an denen
mehrere Autoren beteiligt sind, in diesem Jahrhundert rapide zugenommen.
Das hat nicht nur den objektiven Grund, daß in nahezu allen
Wissenschaftszweigen mit Ausnahme der Geisteswissenschaften Kooperation zu
einer notwendigen Erfolgsbedingung wissenschaftlicher Arbeit geworden ist,
sondern auch den opportunistischen Grund, daß die Länge einer
Publikationsliste zu einem ebenfalls kritisierten, aber gleichwohl
häufig angewendeten Kriterium für den wissenschaftlichen Rang
eines Forschers geworden ist.
Seit dem späten 17. Jahrhundert besteht der Brauch, neue
Forschungsergebnisse vor der Veröffentlichung kritisch zu diskutieren.
Alle angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlichen
heute nur solche Arbeiten, die von sachverständigen Gutachtern auf
ihre Validität und Originalität geprüft worden sind. Oft
enthalten die regelmäßig veröffentlichten Hinweise für
Autoren eine Beschreibung des Begutachtungsprozesses und Angaben über
Fristen und Erfolgsquoten (Anteil der angenommenen Arbeiten an den
eingereichten), die bei als führend geltenden Zeitschriften wie
"Nature" oder "Science" bei 10 Prozent oder darunter liegen (50).
Die Begutachtung ist in doppelter Weise eine kritische Phase für
Publikationsmanuskripte:
Einerseits birgt sie Gefahren für die Autoren, weil
urheberrechtlich oder patentrechtlich noch ungeschützte Ideen,
Forschungsergebnisse und Formulierungen an Personen weitergegeben werden,
deren Identität die Autoren in der Regel nicht kennen (fast alle
derartigen Begutachtungsverfahren sind anonym, und wenige Gutachter
durchbrechen von sich aus die Anonymität) und die ihre unmittelbaren
Konkurrenten sein können. Typische Vorsichtsmaßnahmen der
Zeitschriftenherausgeber sind sorgfältige Auswahl der Gutachter unter
Vermeidung von Angehörigen derselben 'Schule' und ihrer erklärten
Gegner, die Verpflichtung der Gutachter auf Vertraulichkeit und Offenlegung
von Befangenheit und die Setzung kurzer Fristen für die
Begutachtung.
Andererseits ist argumentiert worden, die Gutachter müßten
Datenmanipulationen und Fälschungen zuverlässig erkennen
können und seien im Rahmen ihrer Prüfung dazu auch moralisch
verpflichtet. Faktisch trifft dieses Argument die Wirklichkeit nur
begrenzt. Herausgeber und Gutachter entdecken in der Tat viele
Ungereimtheiten mit der Folge, daß Publikationsmanuskripte
nachgebessert werden oder (zumindest in der betreffenden Zeitschrift) nicht
erscheinen. Auch gibt es aktuelle Überlegungen von Herausgebern
führender Zeitschriften, wie der Umgang mit
Unregelmäßigkeiten in eingereichten Manuskripten und in
Publikationen verbessert werden kann (20). Die Erwartung einer stets
wirksamen Identifizierung von Unregelmäßigkeiten geht jedoch
fehl: Weder stehen den Gutachtern die Originaldaten zur Verfügung,
noch hätten sie die Zeit, die Experimente oder Beobachtungen zu
wiederholen, selbst wenn dies regelmäßig möglich wäre.
Auch in diesem Stadium wissenschaftlicher Selbstkontrolle ist das
wechselseitige Vertrauen eine wesentliche Grundlage des Systems. Eben
dadurch ist es so verletzlich durch unredliches Verhalten.
Wahrscheinlicher ist die Entdeckung von Unregelmäßigkeiten
bei der Überprüfung publizierter Ergebnisse durch andere Gruppen.
Nach Schätzungen werden zwischen einem Promille und einem Prozent
veröffentlichter Arbeiten korrigiert oder zurückgezogen, nachdem
ihre Validität angezweifelt wurde. Darüber, inwieweit in solchen
Fällen Irrtum oder Täuschung die Ursache ist, gibt es keine
Daten. Zweifel werden den Autoren im Regelfall von Kollegen unmittelbar
mitgeteilt. Die Herausgeber von Zeitschriften haben, wenn ihnen Zweifel
informell bekannt werden, wenig Handlungsspielraum. Die
Veröffentlichung von Korrekturen unterliegt, wenn nicht alle Autoren
einer Arbeit sie gemeinsam verantworten, juristischen Risiken (51).
5. Quantitative Leistungsmessung
Die bisher geschilderten Anfälligkeiten des Wissenschaftssystems
gegenüber Unredlichkeit in ihren verschiedenen Formen sind in den
letzten beiden Jahrzehnten durch die breite Einführung
computergestützter Literaturnachweisverfahren und ihre zunehmende
Nutzung zur Bewertung wissenschaftlicher Leistungen und
Leistungsfähigkeit vermehrt worden. Die inhaltsreichste und am
häufigsten genutzte Datenbasis dafür ist der Science Citation
Index, der vom Institute for Scientific Information (ISI) in Philadelphia
veröffentlicht wird. Er erlaubt es, die Wirkung von
Veröffentlichungen anhand ihrer Zitierungen quantitativ darzustellen,
und obgleich methodische Einzelheiten nach wie vor in Zeitschriften wie
"Scientometrics" diskutiert werden, sind Zitatenanalysen aus der Praxis der
Bewertung von Forschungsleistungen nicht mehr wegzudenken und spielen, wie
jüngste Veröffentlichungen zeigen (52) eine wachsende Rolle in
der Gestaltung der Forschungspolitik in verschiedenen Ländern. Auch
die Beobachtung der wissenschaftlichen Entwicklung durch die Analyse, zu
welchen Themen besonders extensiv publiziert wird und welche Arbeiten
besonders häufig zitiert werden, ist auf dieser Grundlage gut
möglich und trägt inzwischen eine eigene Zeitschrift "Science
Watch".
Neben der Wirkung der wissenschaftlichen Arbeiten von Einzelpersonen,
Gruppen, Fachbereichen/Fakultäten und ganzen Ländern kann
über die Zitierhäufigkeit auch die Wirkung von Zeitschriften
berechnet werden ("journal impact factor"); er wird vom ISI jährlich
veröffentlicht und gilt weithin als Maß der Anerkennung -
mittelbar also der Qualität - einer Zeitschrift. So hat z.B. "Nature"
den impact factor 27, das "Journal of Biological Chemistry" 7,4 und
"Arzneimittelforschung" 0,5. In der Begutachtung von
Forschungsanträgen spielt regelmäßig die
'Publikationsleistung' der Antragsteller eine entscheidende Rolle. Schon
immer war es ein Kriterium, inwieweit ein Antragsteller und seine Gruppe in
"guten" Zeitschriften mit Gutachtersystem (und nicht lediglich "abstracts"
in Kongreßberichten oder Beiträge in Sammelbänden ohne
Begutachtung) veröffentlicht hatten. Seit der "journal impact factor"
eine bequeme Quantifizierung ermöglicht, wird er von Gutachtern zur
Bewertung von Leistungen mit zunehmender Häufigkeit verwendet.
Diese Praxis begegnet Bedenken, die in jüngster Zeit stärker
artikuliert werden (53). Die Bedenken sind aus mehreren Gründen
berechtigt:
Zum einen hängt die Zitierhäufigkeit offenkundig nicht nur vom
Ansehen einer Zeitschrift oder einer Arbeitsgruppe ab, sondern vor allem
von der Größe der Gruppe von Wissenschaftlern, die sich für
das Thema interessiert. Spezialisierte Zeitschriften haben geringere
"impact factors" als solche mit breiter Leserschaft; in einem kleinen Fach
gelten andere quantitative Maßstäbe als in einem großen.
Ein Assyriologe und ein Germanist wären mit dem "impact factor" auch
dann schlecht vergleichbar, wenn die Publikationsgewohnheiten in beiden
Fächern gleich wären. Auch die fachspezifischen
Publikationsgewohnheiten spielen für die Vergleichbarkeit eine
große Rolle: der Publikationsrhythmus ist in der Halbleiterphysik ein
anderer als in der molekularen Entwicklungsbiologie. So wird in Arbeiten
zur Methodik bibliometrischer Analysen immer wieder betont, daß nur
Vergleichbares verglichen werden darf (54).
Zum anderen delegiert ein Gutachter, der sich in der Bewertung lediglich
auf Publikationszahlen und (etwa im "impact factor" ausgedrückte)
Zitierhäufigkeiten stützt, seine Verantwortung vollständig
auf die jeweiligen Zeitschriften und ihre Leser. Auch bedarf es für
das Zählen von Publikationen und das Nachschlagen von "impact factors"
bei weitem nicht derselben Kompetenz, die zur Beurteilung der Qualität
des Inhalts einer Veröffentlichung erforderlich ist. Ein Gutachter,
der sich auf ersteres beschränkt, macht sich damit letztlich
überflüssig.
Außerdem verdient Beachtung, daß alle (lediglich oder
vorwiegend) quantitativen Verfahren der Leistungsbewertung dem "publish or
perish"-Prinzip mit allen seinen bekannten Nachteilen zu noch breiterer
Geltung verhelfen.
Schließlich muß bedacht werden, daß das
Bewußtsein von der Verwendung des Zitats als Einfluß- und
(trotz aller methodischen Bedenken) als Qualitätsmaß für
die zitierte Publikation und ihre Autoren seinerseits verhaltenssteuernd
wirken und zu Mißbräuchen (z.B. Zitierkartellen) führen
kann.
6. Organisation
Forschung in Universitäten und universitätsnahen
Forschungsinstituten dient in aller Regel zugleich der Ausbildung des
wissenschaftlichen Nachwuchses. Erfolgreiche Forscher erinnern sich mit
großer Regelmäßigkeit daran, wie sie in einem gut
geführten, wissenschaftlich anspruchsvollen Arbeitskreis
selbständig geworden sind (55). Doch gibt es nicht nur solche
Verhältnisse. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler klagen
häufig über mangelnde Betreuung, über unzureichende
Anleitung, über Ausnutzung durch Vorgesetzte (bis hin zu dem Vorwurf,
die wesentlichen Bestandteile von Publikationen erarbeitet zu haben, ohne
als Autoren mitberücksichtigt zu werden) und über eine
Atmosphäre von Konkurrenzdruck und wechselseitigem Mißtrauen in
ihrer Umgebung. Ein immer wieder genanntes Problem in solchen Situationen
ist das Fehlen zugänglicher, neutraler Ansprechpartner, mit denen
Sorgen und Probleme erörtert werden können, ohne die Furcht haben
zu müssen, daß Kritik zum Verlust des Arbeitsplatzes
führt.
Als besonders problematisch hat die Kommission die Verhältnisse in
der klinischen Forschung identifiziert. Die Probleme, die auch im Ausland
beschrieben werden (56), wirken sich in Deutschland dadurch besonders stark
aus, daß die Ausbildung der Studierenden im Fach Humanmedizin
für sich allein keine geeigneten Grundlagen für eine
eigenständige wissenschaftliche Tätigkeit vermittelt (57).
Dementsprechend sind viele medizinische Promotionsleistungen (ausgenommen
die wachsende Zahl der auf experimentelle Arbeiten gestützten
Dissertationen) Pflichtübungen, die wissenschaftlichen
Maßstäben, wie sie in den medizinischtheoretischen Disziplinen
und in den Naturwissenschaften gelten, nicht genügen; das ist ein
Grund dafür, daß in den Statistiken über akademische
Prüfungen die Promotionen im Fach Humanmedizin stets gesondert
ausgewiesen werden. Auch wenn junge Ärztinnen und Ärzte, die
wissenschaftlich arbeiten wollen, ihre Beherrschung der wissenschaftlichen
Grundlagen der Medizin und der in den Grundlagenfächern verwendeten
Methoden und Techniken - z.B. durch einen Aufenthalt im Ausland nach der
Promotion - verbessert haben, sind die Arbeitsabläufe in den meisten
Hochschulkliniken für alle ärztlichen Mitarbeiter - in aller
Regel vom Arzt im Praktikum bis zum Direktor der Klinik - so beanspruchend,
daß eine produktive wissenschaftliche Tätigkeit auf
internationalem Niveau schwer zu erreichen ist (sogenannte
"Feierabendforschung"). Diese Überlastung begünstigt auch
Organisationsmängel in der Aufsicht und in der Kommunikationsstruktur
von Arbeitsgruppen.
Wissenschaftliche Leistung ist auch in der klinischen Medizin
Karrierevoraussetzung. Sie ist jedoch strukturell durch die Überlast
der klinischen Aufgaben, durch den Mangel an Breite der
Führungsstruktur der Kliniken und durch die Seltenheit von Positionen
für Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler mit Aussicht
auf eine stabile Lebensperspektive in den Kliniken weit mehr erschwert als
in anderen Disziplinen. Eine straffe hierarchische Führungsstruktur,
wie sie den klinischen Betrieb charakterisiert, ist für die Forschung
und die hier zu leistenden Aufgaben der Anleitung und der
Qualitätssicherung nicht notwendig förderlich. Modelle
delegierter und geteilter Verantwortung, wie sie in den von der DFG
geförderten Klinischen Forschergruppen und in manchen
Sonderforschungsbereichen etabliert worden sind, bieten Beispiele für
eine forschungsdienlichere Organisation. Sie sind auch geeignet, für
die notwendige Ausbildung des klinischwissenschaftlichen Nachwuchses eine
bessere Umgebung zu schaffen.
7. Rechtsnormen und wissenschaftliche Normen
Die Bundesrepublik Deutschland hat - anders als viele westliche Staaten
- die Freiheit der Forschung im Grundgesetz als Bestandteil ihrer
verfassungsrechtlichen Ordnung verankert. Für die Ausübung von
Wissenschaft gibt es zahlreiche - die Forschungsfreiheit im Einzelfall
durchaus einengende - spezialgesetzliche Regelungen vom Tierschutzgesetz
über das Gentechnikgesetz bis zum Chemikaliengesetz, dem
Bundesdatenschutzgesetz und dem Arzneimittelgesetz (58). Das
Verhältnis der wissenschaftsinternen Normen, die wissenschaftliches
Fehlverhalten von regelgerechter wissenschaftlicher Arbeit abzugrenzen
erlauben, zur Verfassungsnorm der Forschungsfreiheit ist dagegen noch wenig
geklärt (59). Auch das Hochschulrecht enthält wenig
einschlägige Bestimmungen, sieht man von Selbstverständlichkeiten
wie dem Verbot der Beeinträchtigung der Rechte und Pflichten anderer
Hochschulmitglieder allgemein (§ 36 V HRG) und etwa durch Forschung
mit Mitteln Dritter (§ 25 II HRG) ab.
Das Hochschulrecht bietet den Universitäten im Prinzip durchaus
hinreichende Möglichkeiten, bei Vorwürfen wissenschaftlichen
Fehlverhaltens tätig zu werden und im Bedarfsfall auch
hochschulinterne Sanktionen zu verhängen, wobei das Disziplinarrecht
unberührt bleiben kann. Schwierigkeiten zeigen sich allerdings dann,
wenn die von einer Universität getroffenen Maßnahmen Gegenstand
gerichtlicher Auseinandersetzungen werden (8, 32). Nicht nur die Dauer des
Verfahrens, sondern auch Unsicherheiten in der Interpretation und Anwendung
der hochschulrechtlichen Bestimmungen sowie in der Berücksichtigung
außerrechtlicher wissenschaftlicher Normen wie z.B. des
gewissenhaften Umgangs mit Originaldaten erscheinen problematisch.
Auf der Ebene der Forschungsförderungsorganisationen ist zu fragen,
inwieweit sie durch eigene Richtlinien und Verfahren hinreichend auf den
Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten eingerichtet sind.
Schon die Vorbereitung dieser Empfehlungen hat gezeigt, daß die
Erfahrungen anderer Institutionen, in diesem Fall aus dem Ausland, mit der
Stärkung guter wissenschaftlicher Praxis und der Bestimmung von
Definition und Verfahren im Umgang mit Fehlverhalten wichtige Anregungen
für eigene Ansätze bieten können. Nach einer gewissen
Anfangsphase könnte ein derartiger Erfahrungsaustausch auch unter
deutschen Institutionen der Wissenschaft, d.h. Hochschulen und
Forschungsinstituten, zu einer sinnvollen und umsichtigen Weiterentwicklung
der praktischen Umsetzung dieser Empfehlungen beitragen. Ein Treffen von
Fachleuten in ein bis zwei Jahren nach der Publikation dieser Empfehlungen
könnte von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder einer anderen
interessierten Institution ausgerichtet werden. Sein Ausgang wäre um
so reichhaltiger, je mehr die Hochschulen und Institute bis dahin bereits
in die Praxis umgesetzt und von ihren Erfahrungen möglichst
systematisch aufbewahrt haben.
III. Ausländische Erfahrungen
1. USA
Die weitaus meisten in einer breiteren Öffentlichkeit
bekanntgewordenen Vorwürfe wissenschaftlicher Unredlichkeit sind in
den USA erhoben (und zu einem kleineren Teil auch bestätigt) worden.
Die Verhältnisse dort sind gut zugänglich dokumentiert (21, 28)
und müssen daher hier nur kurz zusammengefaßt werden.
Aufgrund der Besonderheiten der Finanzierungsstruktur der akademischen
Forschung in den USA war bei sämtlichen Fällen wissenschaftlichen
Fehlverhaltens, die seit dem Ende der siebziger Jahre bis in die Gegenwart
dort öffentlich diskutiert worden sind, mindestens eine der beiden
großen nationalen Förderungsorganisationen involviert. Dies
sind
- die National Science Foundation (NSF), die seit 1950 mit einem
Jahresetat von derzeit rund 4 Milliarden Dollar Forschung vor allem in den
Ingenieur- und Naturwissenschaften, aber auch in den
Verhaltenswissenschaften (einschließlich der Linguistik, der
Psychologie und der Sozialwissenschaften) fördert, daneben Programme
zur Ausbildung in den Naturwissenschaften betreibt; die NSF hat keine
eigenen Institute. Sie ist eine selbständige Bundesbehörde, die
keinem Ressort zugeordnet ist;
- die National Institutes of Health (NIH), deren Anfänge bis ins
Jahr 1888 zurückgehen und die unter ihrem heutigen Namen seit 1948
bestehen (60); sie betreiben in 13 eigenen Instituten biologische und
medizinische Forschung, sind aber zugleich mit einem Anteil von rund 80
Prozent Projektmitteln an ihrem Gesamtetat von derzeit fast 14 Milliarden
Dollar die größte Forschungsförderungsorganisation der
Welt. Sie sind eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des
Department of Health and Human Services (DHHS).
Die NSF (1987) und die NIH (1989) haben ähnliche, aber nicht
identische Definitionen von "scientific misconduct" und Regeln zum Umgang
damit veröffentlicht. Sie sind für alle Institutionen bindend,
die Fördermittel in Anspruch nehmen wollen. Diese müssen
nachweisen, daß sie ein internes Verfahren etabliert haben, wie mit
Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens umgegangen wird.
Die Verantwortung für die Behandlung von Vorwürfen liegt damit
in erster Linie bei den Universitäten (ebenso: Forschungsinstituten,
Unternehmen etc.). Die großenteils nach einem von der Association of
American Universities ausgearbeiteten Muster (61) entwickelten Regeln sehen
typischerweise ein zweistufiges Verfahren vor:
- In einer informellen Voruntersuchung (inquiry) wird geklärt, ob
Anlaß besteht, eine förmliche Untersuchung (investigation)
einzuleiten.
- Förmliche Untersuchungen, meist in der Verantwortung zentraler
Universitätsorgane organisiert, dienen der Klärung des
Sachverhalts; anschließend wird eine Entscheidung getroffen, ob und
gegebenenfalls welche Sanktionen (in der Spannweite von Abmahnung bis
Entlassung) verhängt werden. In diesem Stadium hat der/die
Beschuldigte in der Regel das Recht auf anwaltlichen Rat.
Sowohl NSF als auch NIH verlangen, daß Beginn und Abschluß
jeder förmlichen Untersuchung, bei der Projektmittel von ihnen
involviert sind, ihnen angezeigt wird. Zuständig ist bei der NSF der
Inspector General, ein in der NSF selbst angesiedeltes, unmittelbar dem
National Science Board als Aufsichtsgremium unterstehendes und auch
für die Rechnungsprüfung der Zuwendungen verantwortliches Organ
(OIG). Für die NIH wird das Office of Research Integrity (ORI)
tätig, eine im Department of Health and Human Services (dem
vorgesetzten Ministerium) angesiedelte Behörde mit Jurisdiktion
für alle Bereiche des Public Health Service außer der Food and
Drug Administration (FDA). OIG und ORI können das Verfahren an sich
ziehen oder nach dessen Abschluß eigene Ermittlungen veranstalten.
Das ORI hat für die zuständigen Stellen der Institutionen, die
Mittel der NIH verwalten, einen detaillierten Leitfaden entwickelt, wie mit
Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens umzugehen ist (62).
Nach Abschluß des inneruniversitären Verfahrens befinden das
ORI und das OIG jeweils über die ihrerseits zu verhängenden
Sanktionen. Während das ORI hier selbst tätig wird (gegen seine
Maßnahmen ist ein Berufungsverfahren zu einem Departmental Appeals
Board im DHHS möglich), unterbreitet das OIG dem Deputy Director der
NSF zusammen mit dem Untersuchungsbericht einen Vorschlag, der dort
unabhängig geprüft wird, ehe Sanktionen angekündigt und dann
gegebenenfalls verhängt werden. Sanktionen können beispielsweise
sein
- Ausschluß von der Antragsberechtigung, typischerweise für
drei bis fünf Jahre, für Anträge auf
Forschungsförderung,
- Ausschluß aus den Gutachtergremien,
- Auflagen für die Antragstellung, typischerweise in Gestalt von
Aufsichtspflichten der Institution, an der die Arbeiten durchgeführt
werden sollen, meist für mehrere Jahre,
- Verpflichtung, bestimmte Publikationen zurückzuziehen oder zu
korrigieren.
OIG und ORI veröffentlichen regelmäßige
Tätigkeitsberichte (30). Danach werden Sanktionen in einer Bandbreite
zwischen 10 und 50 Prozent aller Fälle verhängt, und zwar fast
immer in Form einer freiwilligen Übereinkunft. In einem sehr
spektakulären Fall sprach das Departmental Appeals Board Mitte 1996 -
zehn Jahre nach Bekanntwerden der Vorwürfe - eine beschuldigte
Wissenschaftlerin frei.
Eine eingehende Diskussion galt und gilt in den USA der Definition von
"scientific misconduct". Wissenschaftlichen Fehlverhaltens macht sich nach
der insoweit übereinstimmenden Definiton der NIH und der NSF schuldig,
wer
bei der Antragstellung auf Mittel, in der Durchführung oder in
Berichten über Ergebnisse von der jeweiligen Institution finanzierter
Arbeiten Tatsachen frei erfindet oder fälscht oder fremdes geistiges
Eigentum plagiiert oder in anderer Weise von der allgemein akzeptierten
Praxis wissenschaftlicher Arbeit in schwerwiegender Weise abweicht
(63).
Bei der NSF folgt hierauf noch eine Schutzklausel für
gutgläubige Informanten.
Gegenstand der Auseinandersetzung ist die Unbestimmtheit der Klausel
"oder in anderer Weise ... in schwerwiegender Weise abweicht". Dagegen wird
politisch mit der Gefahr von Behördenwillkür argumentiert,
verfassungsrechtlich mit dem Bestimmtheitsgebot (64), und sachlogisch mit
der Forderung, eine Definition wissenschaftlichen Fehlverhaltens müsse
sich auf Verstöße gegen Grundregeln des Wissenschaftssystems
beschränken und nicht Tatbestände von Fehlverhalten
einschließen, die bereits anderweitig rechtlich sanktioniert sind.
Dagegen wird vor allem seitens der NSF argumentiert, die Definition sei
gerade in diesem Punkt besonders wissenschaftsnah indem sie sich auf (ggf.
fachspezifische) Normen der jeweiligen wissenschaftlichen Gemeinschaft
stütze. Im Lauf der Jahre wird diese Argumentation von der NSF
ausgebaut: Die gravierende Abweichung von den Normen korrekter
wissenschaftlicher Arbeit sei der Kern der Definition, die zuvor genannten
Tatbestände seien lediglich (empirisch am häufigsten belegte)
Beispiele dafür. Eine Beschränkung auf "FFP" (Fabrikation von
Resultaten, Fälschung, Plagiat) sei legalistisch, treffe einige
gravierende Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens (z.B. Indiskretion
eines Gutachters) nicht und verschiebe im übrigen das Problem
lediglich auf die Definition der Einzelbestandteile von "FFP" (65). Die
Diskussion in den USA ist noch nicht abgeschlossen (66).
Es bleibt anzumerken, daß die Unbestimmtheit der Definition in den
USA, soweit bekannt, bislang in der Anwendung nicht zu Kontroversen
geführt hat, im Gegensatz zu teilweise massiver Kritik an der
konkreten Untersuchungs- und Spruchpraxis des ORI.
Die kanadischen Forschungsförderungsorganisationen haben im Jahr
1994 in einer gemeinsamen Erklärung ähnliche, aber weniger
detailliert formulierte Grundsätze beschlossen, wie sie in den USA
gelten.
2. Dänemark
Als erstes europäisches Land hat Dänemark im Jahr 1992 auf
Initiative des Dänischen Medizinischen Forschungsrates (DMRC) ein
nationales Gremium zur Behandlung von Vorwürfen wissenschaftlicher
Unredlichkeit (scientific dishonesty) gebildet (Danish Committee on
Scientific Dishonesty, DCSD). Die Einsetzung folgte Empfehlungen einer
Arbeitsgruppe des DMRC, die sich ausführlich mit den Ursachen, der
Phänomenologie und den Folgen von wissenschaftlicher Unredlichkeit
befaßt hat (67). Ähnlich wie die National Science Foundation
sieht die Arbeitsgruppe den Kern wissenschaftlicher Unredlichkeit in der
Absicht, andere zu täuschen. Diese führe zu vielerlei einzelnen
Tatbeständen, die prinzipiell unterschiedlich gravierend seien, aber
auch im Einzelfall unterschiedlichen Schweregrad haben könnten. Als
Beispiele für Tatbestände, die eine förmliche Untersuchung
grundsätzlich rechtfertigen oder erfordern, nennt sie absichtliche
Fälle
- der Erfindung von Ergebnissen (fabrication of data),
- selektiven Ausblendens und Verschweigens 'unerwünschter'
Ergebnisse und
- ihrer Substitution durch erfundene Ergebnisse,
- mißbräuchlicher Anwendung statistischer Verfahren in der
Absicht, Daten in ungerechtfertigter Weise zu interpretieren,
- verzerrter Interpretation von Ergebnissen und ungerechtfertigter
Schlußfolgerungen,
- des Plagiats fremder Ergebnisse oder Veröffentlichungen,
- verzerrter Wiedergabe fremder Forschungsergebnisse,
- falscher oder ungerechtfertigter Zuweisung von Autorschaft,
- von Irreführung in Förderungsanträgen oder
Bewerbungen.
Als Beispiele für Tatbestände minderen Schweregrads nennt die
Arbeitsgruppe
- nicht offengelegte Mehrfachveröffentlichungen und andere Formen
der 'Wattierung' von Publikationslisten,
- Bekanntgabe von Forschungsergebnissen an die Laienöffentlichkeit
vor der regelgerechten Veröffentlichung im wissenschaftlichen
Schrifttum,
- Nichterwähnung früherer Beobachtungen anderer Forscher,
- Nichtberücksichtigung von Mitarbeitern als Mitautoren trotz ihrer
Beiträge zu einer Veröffentlichung.
In diesem Zusammenhang diskutiert die Arbeitsgruppe auch Schnittmengen
der betrachteten Tatbestände zu strafrechtlichen (Betrug,
Urkundenfälschung) oder zivilrechtlichen (Plagiat) Delikten.
Das DCSD hat den zuerst genannten Katalog von Tatbeständen
(ausdrücklich als nicht abschließend gekennzeichnet) im
wesentlichen in seine Statuten übernommen. Sein Tätigkeitsbereich
war bis 1996 durch die Zuständigkeit des DMRC definiert. Seine
Hauptaufgabe ist die Tatsachenaufklärung der ihm vorgelegten
Vorwürfe, wobei über jeden abgeschlossenen Fall ein Bericht
verfaßt wird. Strafrechtlich relevante Fälle werden an die
Strafverfolgungsbehörden abgegeben. In anderen Fällen kann das
Komitee den beteiligten Personen und Institutionen Empfehlungen geben. Das
Komitee und seine Mitglieder sehen sich außerdem verpflichtet, sich
in Vorträgen und Publikationen für Prinzipien der "good
scientific practice" einzusetzen. Seine Jahresberichte enthalten zahlreiche
Veröffentlichungen zu Einzelfragen guter wissenschaftlicher Praxis und
der Abweichungen davon und ihrer Bewertung. Dem Komitee gehören unter
dem Vorsitz eines Richters am obersten dänischen Gericht sieben
weitere Mitglieder an, die von verschiedenen Universitäten und
Wissenschaftsorganisationen bestimmt werden.
Im Lauf des Jahres 1996 wurde das DCSD ohne Veränderung seiner
Prinzipien dem Forschungsministerium unmittelbar unterstellt, womit eine
Ausdehnung seiner Zuständigkeit auf alle Wissenschaftsgebiete, wie
sein Vorsitzender sie im Jahresbericht 1996 vorgeschlagen hatte,
vorbereitet worden ist.
Das DCSD ist Vorbild für großenteils analoge, aber weniger
detailliert ausgearbeitete Regelungen in den anderen skandinavischen
Ländern geworden.
3. Großbritannien
Ähnlich wie in Dänemark hat in Großbritannien der
Medical Research Council (MRC) - soweit bekannt - als erste Institution die
Initiative ergriffen, Regeln für korrektes wissenschaftliches
Verhalten zu veröffentlichen (68) und Regeln für den Umgang mit
Vorwürfen von Fehlverhalten zu kodifizieren. Der MRC, gegründet
1913, betreibt biologische und medizinische Forschung in eigenen Research
Units und fördert auf Antrag medizinische Forschungsvorhaben in
Universitäten. Er erwartet von seinen Instituten ebenso wie von den
geförderten Institutionen, daß Verhaltensregeln formuliert und
bekanntgegeben werden. Dafür hat er neben den genannten allgemeinen
Richtlinien Empfehlungen zu verschiedenen medizinethischen Fragen - so z.B.
zur Forschung mit nicht entscheidungsfähigen Personen -
veröffentlicht. Die Richtlinien des MRC hatten maßgeblichen
Einfluß auf eine Entschließung der European Medical Research
Councils, eines ständigen Ausschusses der European Science Foundation,
zum Thema "Misconduct in Medical Research" (69).
Anders als in Dänemark erwartet der MRC, daß Vorwürfe
wissenschaftlichen Fehlverhaltens (so wie in den USA) in den einzelnen
betroffenen Institutionen behandelt werden. Sein Regelwerk (70) sieht ein
dreistufiges Verfahren vor, dessen erste Stufe die Unterrichtung des/der
Beschuldigten über die Vorwürfe mit Gelegenheit zur Stellungnahme
bildet. Das Verfahren folgt im übrigen den bereits dargelegten
Grundsätzen, die in den meisten amerikanischen Institutionen gelten.
Sanktionen reichen von der Versetzung aus dem Projekt, in dem Fehlverhalten
beobachtet wurde, über eine dienstliche Abmahnung bis zur fristlosen
Entlassung. Wie in den USA, so ist auch beim MRC eine Berufungsinstanz in
Gestalt eines Ausschusses vorgesehen, der vom Executive Director des MRC
eingesetzt wird.
Anmerkungen
(3) (1) Zusammenfassend: Robert Koenig: Panel Calls Falsification in
German Case 'Unprecedented', Science 277, 894, 1997
(2) Derek Bok: Beyond the Ivory Tower. Social Responsibilities of the
Modern University, Cambridge, Mass.: Harvard University Press 1982
(3) http://www.gdch.de
(4) Hans Heinrich Trute: Die Forschung zwischen grundrechtlicher
Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, Tübingen: Mohr
1994
(5) Hubert Markl: Wissenschaft im Widerstreit, Weinheim: VCH
Verlagsgesellschaft 1990, S. 7-21
(6) Hochschulrektorenkonferenz: Zum Promotionsstudium.
Entschließung des 179. Plenums der HRK, Bonn 1996. Dokumente zur
Hochschulreform 113/1996
(7) Danish Committee on Scientific Dishonesty: Guidelines for Data
Documentation, in: DCSD Annual Report 1994, København: The Danish
Research Councils 1995
(8) Bundesverwaltungsgericht: Urteil vom 11.12.1996, 6 C 5.95, NJW 1997,
S. 1996ff.
(9) ebenda S. 16, S. 21 (NJW 1997, S. 1996 unter Bezugnahme auf die
ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. BVerfGE
90, 1ff., 11)
(4) (10) ebenda S. 12, NJW 1997, S. 1998
(11) AAAS-ABA National Conference of Lawyers and Scientists. Project on
Scientific Fraud and Misconduct; Berichte über drei Workshops in den
Jahren 1987 bis 1988, erschienen 1988-89, Washington D.C.: American
Association for the Advancement of Science
(12) Max-Planck-Gesellschaft: Verfahren bei Verdacht auf
wissenschaftliches Fehlverhalten - Verfahrensordnung -, Beschluß des
Senats vom 14.11.1997, Typoskript
(13) Wissenschaftsrat: Zur Förderung von Wissenschaft und Forschung
durch wissenschaftliche Fachgesellschaften, Typoskript Drs. 823/92,
Köln 1992
(14) Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und des
Berufsverbandes Deutscher Soziologen, DGS-Informationen 1/93, S. 13 ff.
(15) Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft: Standards
erziehungswissenschaftlicher Forschung, in: Barbara Friebertshäuser,
Annedore Prengel (Hrsg.): Handbuch quantitative Forschungsmethoden in der
Erziehungswissenschaft, Weinheim: Juventa Verlag 1997, S. 857-863
(16) Deutsche Physikalische Gesellschaft: DPG-Presseinformation 25/97,
November 1997
(17) H. Burchardi: Die Ethikkommissionen als Instrument der
Qualitätssicherung in der klinischen Forschung, Intensivmedizin 34,
352-360, 1997
(18) Erwin Deutsch: Arztrecht und Arzneimittelrecht, Heidelberg:
Springer (2) 1991, S. 1ff., S. 155
(19) International Committee of Medical Journal Editors: Uniform
Requirements für Manuscripts Submitted to Biomedical Journals, zitiert
nach: New England Journal of Medicine 336, 309-315, 1997
(20) Nigel Williams: Editors Seek Ways to Cope With Fraud, Science 278,
1221, 1997
(21) Stefanie Stegemann-Boehl: Fehlverhalten von Forschern. Eine
Untersuchung am Beispiel der biomedizinischen Forschung im Rechtsvergleich
USA-Deutschland, Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1994 (Medizin in Recht
und Ethik, Band 29), Seite 94
(22) ebenda S. 272ff.
(23) ebenda S. 160f
(5) (24) Deutsche Forschungsgemeinschaft: Richtlinien für die
Fachgutachterinnen und Fachgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
DFG-Vordruck 1.21 (Ausgabe 11/97), http://www.dfg.de
(25) Nach den Empfehlungen aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft war
dem ORI ursprünglich eine durchaus ähnliche Rolle zugedacht; vgl.
Institute of Medicine: The Responsible Conduct of Research in the Health
Sciences. Report of a study, Washington D.C.: National Academy Press
1989
(26) Wolfgang Frühwald: Ein Ombudsman für die Wissenschaft?,
forschung - Mitteilungen der DFG 2-3, 1997, S. 3
(27) Allan Mazur: The experience of universities in handling allegations
of fraud or mis-conduct in research, in: AAAS-ABA National Conference of
Lawyers and Scientists, Project on scientific fraud and misconduct. Report
on workshop number two. Washington D.C.: American Association for the
Advancement of Science, 1989, 67-94
(28) Zusammenfassend: Panel on Scientific Responsibility and the Conduct
of Research. Committee on Science, Engineering and Public Policy. National
Academy of Sciences. National Academy of Engineering. Institute of
Medicine: Responsible Science. Ensuring the Integrity of the Research
Process, 2 Bände, Washington D.C.: National Academy Press, 1992-93
(29) Patricia K. Woolf: Deception in Scientific Research, in: AAAS-ABA
National Conference of Lawyers and Scientists, Project on scientific fraud
and misconduct. Report on workshop number one. Washington D.C.: American
Association for the Advancement of Science, 1988, 37-86
(30) Office of Inspector General: Semiannual Report to Congress,
Washington D.C.: National Science Foundation 1 (1989) ff.; Office of
Research Integrity. Annual Report, Washington D.C.: Department of Health
and Human Services. Office of the Secretary. Office of Public Health and
Science, 1994 ff.
(31) The Danish Committee on Scientific Dishonesty: Annual Report 1993,
1994, 1995, 1996, København:The Danish Research Councils; teilweise
auch verfügbar bei http://www.forskraad.dk
(32) Verwaltungsgericht Düsseldorf: Beschluß vom 11.4.1997,
15 L 4204/96
(33) Alexander Kohn: False Prophets, Oxford: Basil Blackwell 1986, u.a.
S. 193 ff.
(34) Karl R. Popper: Logik der Forschung (1934), Tübingen: Mohr ,
2. Auflage 1968
(35) Heinz Maier-Leibnitz: Über das Forschen, in ders.: Der
geteilte Plato, Zürich: Interfrom 1981, S. 12
(36) Andreas Heldrich: Freiheit der Wissenschaft - Freiheit zum Irrtum?
Haftung für Fehlleistungen in der Forschung. Heidelberg: C.F.
Müller 1987. Schriftenreihe der Juristischen Studiengesellschaft
Karlsruhe; Heft 179; Kohn (Anm. 33), S. 18-34
(37) Max Weber: Wissenschaft als Beruf (1919), in ders.: Gesammelte
Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen: Mohr 3. Auflage 1968,
582-613
(38) Die von den USA ausgehenden Veränderungen im
Wissenschaftssystem macht auch Federico DiTrocchio für die Zunahme
unredlichen Verhaltens verantwortlich: Der große Schwindel, Betrug
und Fälschung in der Wissenschaft (1993), deutsch von Andreas Simon,
Frankfurt: Campus 1994, S. 51 ff.
(39) Derek J. de Solla Price: Little Science, Big Science, New York:
Columbia University Press 1963
(40) Vannevar Bush: Science - the endless frontier, A report to the
President on a program for postwar scientific research (1945), reprint
Washington D.C.: National Science Foundation, 1960
(41) Report of the Committee on Academic Responsibility. Massachusetts
Institute of Technology (1992), zitiert nach: Responsible Science (Anm. 28)
Band 2, 159-200
(42) Untersuchungen zur Lage der deutschen Hochschullehrer, Band III:
Christian von Ferber: Die Entwicklung des Lehrkörpers der deutschen
Universitäten und Hochschulen 1864-1954, Göttingen: Vandenhoeck
& Ruprecht 1956
(43) Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und
Technologie (Hrsg.): Grund- und Strukturdaten 1996/97, Bonn: BMBF 1996
(44) Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und
Technologie (Hrsg.): Bundesbericht Forschung 1996, Bonn: BMBF 1996
(45) Michael Gibbons, Camille Limoges, Helga Nowotny, Simon Schwartzman,
Peter Scott, Martin Trow: The new production of knowledge, London: Sage
Publications 1994
(46) Robert K. Merton: Prioritätsstreitigkeiten in der Wissenschaft
(1957), in ders.: Entwicklung und Wandel von Forschungsinteressen,
Frankfurt: Suhrkamp 1985, 258-300
(47) Wissenschaftsrat: Empfehlungen zum Wettbewerb im deutschen
Hochschulsystem, Köln: Selbstverlag 1985
Heinrich Ursprung: Hochschulen im Wettbewerb, in ders.: Die Zukunft
erfinden. Wissenschaft im Wettbewerb, Zürich: vdf Hochschulverlag AG
an der ETH Zürich 1997, 142-152
(48) Zitiert nach William Broad, Nicholas Wade: Betrug und
Täuschung in der Wissenschaft (1982), Basel: Birkhäuser 1985, S.
184
(49) Derek J. de Solla Price: Diseases of Science, in ders.: Science
since Babylon (1961). Enlarged Edition, New Haven: Yale University Press
1975, 161-195
(50) http://www.nature.com und http://www.sciencemag.org;
Veröffentlichen in Nature - ein Leitfaden, München o.J.
(1996)
(51) Patricia Morgan: The impact of libel law on retractions, in:
AAAS-ABA National Conference of Lawyers and Scientists. Project on
scientific fraud and misconduct. Report on workshop number three,
Washington D.C.: American Association for the Advancement of Science 1989,
181-185
(52) Robert M. May: The Scientific Wealth of Nations, Science 275,
793-6, 1997; David Swinbanks et al.: Western research assessment meets
Asian cultures, Nature 389, 113-117, 1997
(53) Beschluß des Präsidiums der Deutschen Gesellschaft
für Unfallchirurgie e.V. vom 21.6.1997
Sigurd Lenzen: Nützlichkeit und Limitationen des sogenannten
"Journal Impact Factor" bei der Bewertung von wissenschaftlichen Leistungen
und Zeitschriften, Diabetes und Stoffwechsel 6, 273-275, 1997
Peter Lachmann und John Rowlinson: It's what not where you
publish that matters, Science and Public Affairs, Winter 1997, S. 8
(54) Zum Beispiel: Ben R. Martin und John Irvine: Assessing Basic
Research. Some partial indicators of scientific progress in radio
astronomy, Research Policy 12 (2), 61-90, 1983
(55) Eugen Seibold, Christoph Schneider: Vorschläge, in: Christoph
Schneider (hrsg.): Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, Beispiele,
Kritik, Vorschläge, Weinheim: Verlag Chemie 1983, 907-942
(56) Edward H. Ahrens, Jr.: The Crisis in Clinical Research. Overcoming
Institutional Obstacles, New York, Oxford: Oxford University Press 1992
(57) Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur klinischen Forschung in den
Hochschulen, Köln 1986, S. 25 ff.; Empfehlungen zur Verbesserung der
Ausbildungsqualität in der Medizin, in: Empfehlungen und
Stellungnahmen 1988, Köln 1989, S. 263-288; Empfehlungen zur
Neustrukturierung der Doktorandenausbildung und -förderung [1995], in
ders.: Empfehlungen zur Doktorandenausbildung und zur Förderung des
Hochschullehrernachwuchses, Köln 1997, S. 35-104
(58) Deutsche Forschungsgemeinschaft: Forschungsfreiheit. Ein
Plädoyer für bessere Rahmenbedingungen der Forschung in
Deutschland, Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft 1996
(59) Stegemann-Boehl (Anm. 21)
(60) Geschichte, Struktur und Verfahren der NIH bei Ahrens (Anm. 56) S.
65 ff.
(61) Abgedruckt in Responsible Science (Anm. 28) Band 2 S. 231-242
(62) ORI Handbook for Institutional Research Integrity Officers,
Washington D.C.: Office of Research Integrity, Februar 1997
(Typoskript)
(63) "Misconduct in science and engineering" ist nach der Definition der
NSF
"fabrication, falsification, plagiarism or other serious
deviation from accepted practices in proposing, carrying out, or reporting
results from activities funded by NSF; or retaliation of any kind against a
person who reported or provided information about suspected or alleged
misconduct and who has not acted in bad faith."
(64) Karen A. Goldmann, Montgomery K. Fisher: The constitutionality of
the "other serious deviations from accepted practices" clause, Jurimetrics
37, 149-166, 1997
(65) Robert M. Andersen: Select legal provisions regulating scientific
misconduct in federally supported research programs, in AAAS-ABA workshop
number three (s. Anm. 50), 145-156; Donald E. Buzzelli: NSF's Definition of
Misconduct in Science, The Centennial Review XXXVIII, 2, 273-296, 1994
(66) Vgl. auch Integrity and Misconduct in Research. Report of the
Commission on Research Integrity to the Secretary of Health and Human
Services (etc.), November 1995, verfügbar unter
http://www.dhhs.gov/phs/ori
(67) Daniel Andersen, Lis Attrup, Nils Axelsen, Povl Riis: Scientific
Dishonesty and Good Scientific Practice, Kopenhagen: Danish Medical
Research Council 1992
Jahresberichte des DCSD: s. Anm. 31
(68) Medical Research Council: Principles in the Assessment and Conduct
of Medical Research and Publicising Results. London: MRC 1995
(69) David Evered, Philippe Lazar: Misconduct in Medical Research, The
Lancet 345, 1161-2, 1995
(70) MRC Policy and Procedure for Inquiring into Allegations of
Scientific Misconduct, London, Dezember 1997
|