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Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
Januar 1998

Vorwort

Ein in der Öffentlichkeit im In- und Ausland breit diskutierter Fall wissenschaftlichen Fehlverhaltens hat das Präsidium der Deutschen Forschungsgemeinschaft veranlaßt, eine international zusammengesetzte Kommission unter Vorsitz des Präsidenten zu berufen und sie zu bitten,

  • Ursachen von Unredlichkeit im Wissenschaftssystem nachzugehen,
  • präventive Gegenmaßnahmen zu diskutieren,
  • die existierenden Mechanismen wissenschaftlicher Selbstkontrolle zu überprüfen und Empfehlungen zu ihrer Sicherung zu geben.

Mitglieder der Kommission waren

  • Professor Dr. Ulrike Beisiegel, Medizinische Universitätsklinik Hamburg
  • Professor Dr. Johannes Dichgans, Neurologische Universitätsklinik Tübingen
  • Professor Dr. Gerhard Ertl, Fritz Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin
  • Professor Dr. Siegfried Großmann, Fachbereich Physik der Universität Marburg
  • Professor Dr. Bernhard Hirt, Institut Suisse de Recherches Expérimentales sur le Cancer, Epalinges s. Lausanne
  • Professor Dr. Claude Kordon, INSERM U 159 Neuroendocrinologie, Paris
  • Professor Dr. Lennart Philipson, Skirball Institute of Biomolecular Medicine, New York University, New York
  • Professor Dr. Eberhard Schmidt-Aßmann, Institut für deutsches und europäisches Verwaltungsrecht der Universität Heidelberg
  • Professor Dr. Wolf Singer, Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt/Main
  • Professor Dr. Cornelius Weiss, Fakultät für Chemie und Mineralogie der Universität Leipzig
  • Professor Dr. Sabine Werner, Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried
  • Professor Dr. Björn H. Wiik, Deutsches Elektronen-Synchrotron, Hamburg

Die Kommission legt als Ergebnis ihrer Arbeit die folgenden, am 9. Dezember 1997 einstimmig verabschiedeten Empfehlungen vor. Die Begründungen und Kommentare enthalten Anregungen für die Umsetzung. Ihnen folgt ein kurzer Überblick über die Probleme im Wissenschaftssystem, mit denen die Kommission sich auseinandergesetzt hat, und über Lösungsansätze im Ausland, deren Kenntnis für die Erarbeitung der Empfehlungen wichtig war.

Allen, die an der Arbeit der Kommission mitgewirkt haben, insbesondere auch den kooperierenden Institutionen in Europa und den USA, danke ich herzlich.

Bonn, am 19. Dezember 1997

Professor Dr. Wolfgang Frühwald

Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft

I. Empfehlungen

Vorbemerkung

Der Anlaß, der die Kommission zusammengeführt hat, war ein besonders schwerwiegender (1) Fall wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Er führte zu einer breiten Diskussion in Politik, Administration und Öffentlichkeit darüber, ob Vergleichbares häufiger vorkommt und ob die Wissenschaft in ihren Institutionen über hinreichende Kontrollmechanismen zur Qualitätssicherung verfügt. Wie konnte es geschehen, daß sie über so lange Zeit außer Funktion gesetzt wurden? Fast alle betroffenen wissenschaftlichen Arbeiten erschienen in internationalen Zeitschriften mit Gutachtersystem. Bei allen Promotionen, Habilitationen und Berufungen wurden die gängigen Kontrollmechanismen der Selbstergänzung der wissenschaftlichen Gemeinschaft ohne formale Fehler in Tätigkeit gesetzt, ohne daß Unregelmäßigkeiten entdeckt wurden. Gleiches galt für Anträge auf Fördermittel bei der DFG und bei anderen Förderungsorganisationen über lange Zeit.

Weitere Fragen schlossen sich an: Ist ein Eingreifen des Staates, sind neue Regelungen erforderlich, um die staatlich finanzierte Wissenschaft und die auf ihre Ergebnisse angewiesene Öffentlichkeit vor mißbräuchlichen Praktiken zu schützen?

Nach bestem Wissen und gestützt auf alle greifbaren Erfahrungen in anderen Ländern können diese Fragen so beantwortet werden:

Wissenschaftliche Arbeit beruht auf Grundprinzipien, die in allen Ländern und in allen wissenschaftlichen Disziplinen gleich sind. Allen voran steht die Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen. Sie ist zugleich ethische Norm und Grundlage der von Disziplin zu Disziplin verschiedenen Regeln wissenschaftlicher Professionalität, d.h. guter wissenschaftlicher Praxis. Sie den Studierenden und dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu vermitteln, gehört zu den Kernaufgaben der Hochschulen. Die Voraussetzungen für ihre Geltung und Anwendung in der Praxis zu sichern, ist eine Kernaufgabe der Selbstverwaltung der Wissenschaft.

Der hohe Leistungsstand des Wissenschaftssystems macht täglich erfahrbar, daß die Grundprinzipien guter wissenschaftlicher Praxis erfolgreich angewendet werden. Gravierende Fälle wissenschaftlicher Unredlichkeit sind seltene Ereignisse. Jeder Fall, der vorkommt, ist aber ein Fall zu viel; denn nicht nur widerspricht Unredlichkeit - anders als der Irrtum - fundamental den Grundsätzen und dem Wesen wissenschaftlicher Arbeit; sie ist auch für die Wissenschaft selbst eine große Gefahr. Sie kann das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft ebenso untergraben wie das Vertrauen der Wissenschaftler untereinander zerstören, ohne das erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit nicht möglich ist.

Unredlichkeit kann in der Wissenschaft so wenig vollständig verhindert oder ausgeschlossen werden wie in anderen Lebensbereichen. Man kann und muß aber Vorkehrungen gegen sie treffen. Dafür bedarf es keiner staatlichen Maßnahmen. Erforderlich ist aber, daß nicht nur jeder Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin, sondern vor allem auch die Wissenschaft in ihren verfaßten Institutionen - Hochschulen, Forschungsinstitute, Fachgesellschaften, wissenschaftliche Zeitschriften, Förderungseinrichtungen - sich die Normen guter wissenschaftlicher Praxis bewußt macht und sie in ihrem täglichen Handeln anwendet.

Gute wissenschaftliche Praxis bildet daher den Kern der folgenden Empfehlungen; sie ist Voraussetzung für eine leistungsfähige, im internationalen Wettbewerb anerkannte wissenschaftliche Arbeit. Der Gegensatz zu guter wissenschaftlicher Praxis, den es zu verhindern gilt, ist wissenschaftliche Unredlichkeit (scientific dishonesty), die bewußte Verletzung elementarer wissenschaftlicher Grundregeln. Der breitere Begriff "wissenschaftliches Fehlverhalten" (scientific misconduct) wird dort verwendet, wo nach dem Zusammenhang (z.B. bei Verfahrensregeln) die Normverletzung als Tatbestand das ist, was es zu klären gilt.

Die Empfehlungen richten sich vornehmlich an die verfaßten Institutionen der Wissenschaft, über sie aber auch an alle ihre Mitglieder. Im Vordergrund stehen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, die nicht neu sind, deren tägliche bewußte Einhaltung aber die wirksamste Vorbeugung gegen Unredlichkeit darstellt. Gestützt auf ausländische Erfahrungen enthalten die Empfehlungen auch Grundregeln für den Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Alle wissenschaftlichen Einrichtungen sollen dafür ein faires Verfahren, das die Interessen der Beteiligten und Betroffenen ebenso schützt wie ihren eigenen guten Ruf, für ihren jeweiligen Bereich erörtern, ausgestalten und in Kraft setzen.

Adressaten sind somit an erster Stelle die Hochschulen, vor allem die Universitäten, und Forschungseinrichtungen, weil Forschung und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ihre ureigenen Aufgaben bilden. Die Pflege guter wissenschaftlicher Praxis und der angemessene Umgang mit Vorwürfen von Fehlverhalten sind institutionelle Aufgaben. Die Verantwortung für ihre Erfüllung tragen die Leitung jeder Einrichtung und ihre für Grundsatzfragen zuständigen Organe. Das ergibt sich nicht nur aus ihrer tatsächlichen Nähe zu den forschenden Wissenschaftlern, sondern auch aus ihrer Rolle als deren Arbeitgeber oder Dienstherr und für die Hochschulen aus ihrem Monopol für die Verleihung akademischer Grade.

Die Empfehlungen sind - auch wenn sie nicht für alle Wissenschaftsgebiete in gleicher Weise angewendet werden können - absichtlich nicht als detailliertes Regelsystem ausgestaltet. Sie bieten vielmehr den Institutionen des Wissenschaftssystems einen Rahmen für eigene Überlegungen, die sie selbst jeweils gemäß ihrer äußeren und inneren Verfassung und ihren Aufgaben entwickeln müssen. In den Begründungen und Erläuterungen sind - auf Erfahrungen im In- und Ausland zurückgehende - Anregungen enthalten, wie dies geschehen kann.

Wissenschaftliche Arbeit unterliegt auf vielen Gebieten rechtlichen und standesrechtlichen Regelungen, Verhaltensregeln wie der Deklaration von Helsinki und professionellen Normen. Die Empfehlungen sollen diese Normen und Regelungen in keinem Punkt ersetzen, sondern durch allgemeine Grundsätze ergänzen. Sie entfalten und detaillieren wissenschaftsethische Prinzipien, wie sie in vielen ausländischen Universitäten gelten (2) und wie sie in Verhaltenskodizes, z.B. dem der Gesellschaft Deutscher Chemiker (3) niedergelegt sind.

Empfehlung 1

Regeln guter wissenschaftlicher Praxis sollen - allgemein und nach Bedarf spezifiziert für die einzelnen Disziplinen - Grundsätze insbesondere für die folgenden Themen umfassen:

· allgemeine Prinzipien wissenschaftlicher Arbeit, zum Beispiel

· lege artis zu arbeiten,

· Resultate zu dokumentieren,

· alle Ergebnisse konsequent selbst anzuzweifeln,

· strikte Ehrlichkeit im Hinblick auf die Beiträge von Partnern, Konkurrenten und Vorgängern zu wahren,

· Zusammenarbeit und Leitungsverantwortung in Arbeitsgruppen (Empfehlung 3),

· die Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses (Empfehlung 4)

· die Sicherung und Aufbewahrung von Primärdaten (Empfehlung 7),

· wissenschaftliche Veröffentlichungen (Empfehlung 11).

Empfehlung 2

Hochschulen und außeruniversitäre Forschungsinstitute sollen unter Beteiligung ihrer wissenschaftlichen Mitglieder Regeln guter wissenschaftlicher Praxis formulieren, sie allen ihren Mitgliedern bekanntgeben und diese darauf verpflichten. Diese Regeln sollen fester Bestandteil der Lehre und der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sein.

Erläuterungen

Hochschulen "dienen ... der Pflege und der Entwicklung der Wissenschaften ... durch Forschung, Lehre und Studium"; sie "fördern ... den wissenschaftlichen ... Nachwuchs" (§ 2 HRG). Sie sind damit in umfassender Weise legitimiert, aber auch verpflichtet, ihre innere Ordnung so zu gestalten, daß Wissenschaft entsprechend ihren immanenten Werten und Normen betrieben werden kann.

Ähnliches gilt mit den durch Rechtsform und Aufgaben bedingten Modifikationen für die öffentlich finanzierten außeruniversitären Forschungseinrichtungen (4). Die Freiheit der Wissenschaft in Forschung, Lehre und Studium ist in Deutschland in der Verfassung garantiert. Freiheit der Wissenschaft gehört dabei untrennbar zusammen mit Verantwortung; das gilt für jeden Wissenschaftler ebenso wie für die Institutionen, in denen Wissenschaft verfaßt ist. Jeder, der Wissenschaft zum Beruf hat, trägt Verantwortung dafür, die grundlegenden Werte und Normen wissenschaftlicher Arbeit zu pflegen, in seinem Handeln täglich zu verwirklichen und für sie einzustehen.

Wenn daher in Hochschulen und außeruniversitären Forschungsinstituten Regeln guter wissenschaftlicher Praxis verbindlich formuliert werden, so müssen sie durch die Beteiligung eines Gremiums der wissenschaftlichen Selbstverwaltung auf die Grundlage eines Konsenses ihrer wissenschaftlichen Mitglieder gestellt werden.

Dem wissenschaftlichen Nachwuchs kann nur durch eine als Vorbild geeignete wissenschaftliche Arbeitsweise der erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und durch Gelegenheit zur Diskussion der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis einschließlich ihrer (im weiten Sinne) ethischen Aspekte ein starkes Fundament für die Wahrnehmung der eigenen Verantwortung vermittelt werden. Daher sollen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis in die akademische Lehre und in die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses integriert sein.

Empfehlung 3

Die Leitung jeder Hochschule und jeder Forschungseinrichtung trägt die Verantwortung für eine angemessene Organisation, die sichert, daß in Abhängigkeit von der Größe der einzelnen wissenschaftlichen Arbeitseinheiten die Aufgaben der Leitung, Aufsicht, Konfliktregelung und Qualitätssicherung eindeutig zugewiesen sind und gewährleistet ist, daß sie tatsächlich wahrgenommen werden.

Erläuterungen

Wie auf allen Gebieten können Grundwerte auch in der Wissenschaft letztendlich nur von jedem einzelnen gelebt werden. Die Verantwortung für sein eigenes Verhalten trägt jeder Wissenschaftler allein. Wer Leitungsaufgaben wahrnimmt, trägt damit aber zugleich Verantwortung für die Verhältnisse in der ganzen Einheit, die ihm oder ihr untersteht.

Mitglieder einer Arbeitsgruppe müssen sich aufeinander verlassen können. Nur auf der Grundlage wechselseitigen Vertrauens sind die Gespräche, Diskussionen - bis hin zu Auseinandersetzungen (5) - möglich, die für lebendige, produktive Gruppen charakteristisch sind. Die eigene Arbeitsgruppe ist für den einzelnen Forscher nicht nur seine institutionelle Heimat, sie ist auch der Ort, wo Ideen im Gespräch zu Hypothesen und Theorien werden, wo die Interpretation und Einordnung einzelner, überraschender Ergebnisse in Zusammenhänge stattfindet.

Das Zusammenwirken in wissenschaftlichen Arbeitsgruppen muß so beschaffen sein, daß die in spezialisierter Arbeitsteilung erzielten Ergebnisse wechselseitig mitgeteilt, kritisiert und in einen gemeinsamen Kenntnisstand integriert werden können. Dies ist auch für die Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern in der Gruppe zur Selbständigkeit besonders wichtig. In größeren Gruppen empfiehlt sich dafür eine geregelte Organisationsform (z.B. regelmäßige Kolloquien). Dasselbe gilt für die wechselseitige Überprüfung von Arbeitsergebnissen. Der primäre Test eines wissenschaftlichen Ergebnisses ist seine Reproduzierbarkeit. Je überraschender, aber auch je erwünschter (im Sinne der Bestätigung einer liebgewordenen Hypothese) ein Ergebnis ist, um so wichtiger ist die unabhängige Wiederholung des Weges zu ihm in der Gruppe, ehe es außerhalb der Gruppe weitergegeben wird. Sorgfältige Qualitätssicherung ist ein Merkmal wissenschaftlicher Redlichkeit.

Arbeitsgruppen müssen nicht hierarchisch organisiert sein. Auch wenn sie es nicht sind, ergibt sich aber zwangsläufig eine funktionelle Teilung der Verantwortung, indem z.B. eine Person die Federführung für einen Antrag auf Forschungsmittel und damit gegenüber der fördernden Institution die Rechenschaftspflicht nach deren Regeln übernimmt. Im Regelfall hat eine Arbeitsgruppe eine Leiterin oder einen Leiter. Ihr oder ihm fällt die Verantwortung dafür zu, daß die Gruppe als ganze ihre Aufgaben erfüllen kann, daß die dafür nötige Zusammenarbeit und Koordination funktioniert und daß allen Mitgliedern der Gruppe ihre Rechte und Pflichten bewußt sind.

Diese Forderung hat unmittelbare Folgen für die optimale bzw. die maximale Größe einer Arbeitsgruppe. Eine Leitungsfunktion wird leer, wenn sie nicht verantwortlich in Kenntnis aller dafür relevanten Umstände wahrgenommen werden kann. Die Leitung einer Arbeitsgruppe verlangt Präsenz und Überblick. Wo sie (z.B. auf der Ebene der Leitung großer Institute oder Kliniken) nicht mehr hinreichend vorhanden sind, müssen Leitungsaufgaben delegiert werden, was nicht zu komplexen hierarchischen Strukturen führen muß. Die 'Führungsspanne' darf nicht zu groß werden.

Institutionen der Wissenschaft sind gehalten, Organisationsstrukturen zu gewährleisten, die eine lebendige Wechselwirkung der beschriebenen Art mindestens ermöglichen, im Idealfall: fördern. Hochschulen als mitgliedschaftlich verfaßte Institutionen - und analog außeruniversitäre Forschungsinstitute - müssen die Voraussetzungen dafür garantieren, daß alle ihre Mitglieder den Normen guter wissenschaftlicher Praxis gerecht werden können. Auf der Ebene der Leitung der Institution ist die Verantwortung dafür angesiedelt, daß eine geeignete Organisationsstruktur vorhanden und bekannt ist, daß Ziele und Aufgaben festgelegt werden und ihre Einhaltung kontrolliert werden kann, und daß schließlich Mechanismen der Regelung für Konflikte vorhanden sind.

Empfehlung 4

Der Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses muß besondere Aufmerksamkeit gelten. Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen Grundsätze für seine Betreuung entwickeln und die Leitungen der einzelnen wissenschaftlichen Arbeitseinheiten darauf verpflichten.

Erläuterungen

Da Arbeitsgruppen in aller Regel aus älteren und jüngeren, erfahreneren und weniger erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bestehen, schließt die Leitung einer Gruppe die Verantwortung dafür ein, daß für jedes jüngere Mitglied der Gruppe, vor allem Doktorandinnen und Doktoranden, aber auch fortgeschrittene Studierende und jüngere 'postdocs', eine angemessene Betreuung gesichert ist. Für jede(n) von ihnen muß es eine primäre Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner geben (6).

Auf Arbeitsgebieten, wo alle darin tätigen Gruppen im intensiven Wettbewerb zueinander stehen, können gerade für die jüngeren Mitglieder der Gruppe rasch Situationen vermeintlicher oder tatsächlicher Überforderung entstehen. Eine lebendige Kommunikation innerhalb der Arbeitsgruppe und gesicherte Betreuungsverhältnisse sind die wirksamsten Mittel, einem Abgleiten (der jüngeren wie der erfahreneren Mitglieder der Gruppe) in unredliche Verhaltensweisen vorzubeugen. Wer eine Arbeitsgruppe leitet, trägt Verantwortung dafür, daß diese Voraussetzungen jederzeit gegeben sind.

Es empfiehlt sich, wie Erfahrungen im In- und Ausland zeigen, für Doktoranden neben der primären 'Bezugsperson' eine Betreuung durch zwei weitere erfahrenere Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler vorzusehen, die für Rat und Hilfe und bei Bedarf zur Vermittlung in Konfliktsituationen zur Verfügung stehen, aber auch den Arbeitsfortschritt in jährlichen Abständen diskutieren. Sie sollten örtlich erreichbar sein, aber nicht alle derselben Arbeitsgruppe, auch nicht notwendig derselben Fakultät oder Institution angehören; mindestens eine(r) sollte vom Doktoranden selbst bestimmt sein.

Empfehlung 5

Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen unabhängige Vertrauenspersonen/Ansprechpartner vorsehen, an die sich ihre Mitglieder in Konfliktfällen, auch in Fragen vermuteten wissenschaftlichen Fehlverhaltens, wenden können.

Erläuterungen

In Fragen guter wissenschaftlicher Praxis soll ein neutraler und qualifizierter Ansprechpartner (oder eine entsprechend besetzte Kommission) die Mitglieder der Hochschulen und Forschungseinrichtungen beraten. Er/sie hat auch die Aufgabe, eventuelle Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens vertraulich entgegenzunehmen und im Bedarfsfall an die verantwortliche Stelle weiterzugeben. Er oder sie sollte aus dem Kreis der Wissenschaftler der jeweiligen Institution kommen.

Es ist wichtig, für diese auch im Sinne der Prävention wissenschaftlicher Unredlichkeit wesentliche Funktion Personen bewährter persönlicher Integrität auszuwählen und ihnen eine ihrer Aufgabe gemäße unabhängige Stellung zu verleihen. Dafür (ggf. als Vorsitzender eines Gremiums, wenn diese Lösung gewählt wird) käme die Stellung eines Prorektors für (Forschung und) wissenschaftlichen Nachwuchs - in außeruniversitären Instituten ein Mitglied der Leitung - in Betracht.

Hochschul- oder Institutsangehörige werden ihre Probleme in der Regel bevorzugt einer örtlich erreichbaren Instanz mit Kenntnis der lokalen Verhältnisse vortragen wollen. Sie sollen dazu aber selbstverständlich nicht verpflichtet sein, wenn sie es vorziehen, sich unmittelbar an den (weiter unten - Empfehlung 16 - vorgeschlagenen) überregionalen 'Ombudsman' zu wenden.

Empfehlung 6

Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen ihre Leistungs- und Bewertungskriterien für Prüfungen, für die Verleihung akademischer Grade, Beförderungen, Einstellungen, Berufungen und Mittelzuweisungen so festlegen, daß Originalität und Qualität als Bewertungsmaßstab stets Vorrang vor Quantität haben.

Diese Empfehlung wurde aufgrund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung der DFG vom 17. Juni 1998 neu formuliert:

Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen bei Prüfungen, bei der Verleihung akademischer Grade, Einstellungen und Berufungen Originalität und Qualität stets Vorrang vor Quantität zumessen. Dies soll vorrangig auch für die leistungs- und belastungsorientierte Mittelzuweisung in der Forschung gelten.

Erläuterungen

Dem einzelnen Forscher können die Bedingungen seiner Arbeit und ihrer Bewertung die Wahrung guter wissenschaftlicher Praxis erleichtern oder erschweren. Bedingungen, die unredliches Verhalten begünstigen, müssen abgebaut werden. Kriterien, die vorrangig Quantität messen, erzeugen Druck zur Massenproduktion und bieten daher keinen geeigneten Maßstab für die Beurteilung qualitativ hochwertiger Wissenschaft.

Quantitative Kriterien sind heute meist informell, teilweise sogar förmlich festgelegt, als Maßstab für die Bewertung von Qualifikationsleistungen aller Art (Magisterprüfung, Promotion, Habilitation etc.: Umfang der schriftlichen Arbeit, Zahl der Publikationen), bei der Sichtung von Bewerbungen und bei der Begutachtung von Anträgen auf Forschungsmittel oft gängige Praxis. Diese Praxis bedarf der Überprüfung mit dem Ziel der Rückkehr zu qualitativen Maßstäben. Die Überprüfung sollte bei den Prüfungsanforderungen beginnen und alle akademischen Qualifikationsstufen umfassen. Bei Bewerbungen sollte prinzipiell eine maximale Zahl als Leistungsnachweis vorzulegender Veröffentlichungen festgelegt werden.

Da Veröffentlichungen die wichtigsten Produkte wissenschaftlicher Arbeit sind, lag es nahe, im Leistungsvergleich Produktivität als Zahl der Produkte, also Veröffentlichungen, pro Zeiteinheit zu messen. Doch führte dies zu Mißbräuchen wie sehr kleinteiligen sogenannten "Salamiveröffentlichungen", Doppelpublikation und Orientierung am Prinzip der "least publishable unit". Da Produktivitätsmaße ohne Ergänzung durch Qualitätsindikatoren wenig aussagen, ist die Orientierung an der Länge der Veröffentlichungsliste rasch durch zusätzliche Kriterien wie das Ansehen der Zeitschriften, in denen publiziert wird, quantifiziert im "impact factor" (s.u. Abschnitt II.5), ergänzt worden. Sowohl das Zählen von Publikationen als auch das Nachschlagen (womöglich mit folgender Addition) von "impact factors" sind jedoch offenkundig für sich genommen keine angemessene Form der Leistungsbewertung. Von einer Würdigung dessen, was die Qualität wissenschaftlicher Leistung ausmacht, nämlich ihrer Originalität, ihrer "Innovationshöhe", ihres Beitrags zum Erkenntnisfortschritt, sind sie weit entfernt, und ihr immer häufigerer Gebrauch bringt sie in Gefahr, von Hilfsmitteln zu Surrogaten des Qualitätsurteils zu werden.

Quantitative Leistungsindikatoren können sich dazu eignen, große Kollektive (Fakultäten, Institute, ganze Länder) im Überblick zu vergleichen oder Entwicklungen im Zeitverlauf anschaulich darzustellen; dafür stellt die Bibliometrie heute vielfältige Instrumente bereit, die freilich in der Anwendung spezifischen Sachverstand voraussetzen.

Die angemessene Würdigung der Leistung eines einzelnen oder einer kleinen Arbeitsgruppe erfordert dagegen stets qualitative Kriterien im engeren Sinn: Die Veröffentlichungen müssen gelesen und mit dem Stand des Wissens und den Beiträgen anderer Individuen und Arbeitsgruppen zu ihm kritisch verglichen werden.

Diese inhaltliche Auseinandersetzung, die Zeit und Sorgfalt kostet, ist der Kern des "peer review", der durch nichts ersetzt und durch den oberflächlichen Gebrauch von quantitativen Indikatoren nur entwertet oder verschleiert werden kann.

Für die Praxis der wissenschaftlichen Arbeit und für die Anleitung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern ergeben sich daraus klare Regeln; sie gelten spiegelbildlich für Begutachtung und Leistungsbewertung:

  • Auch auf Arbeitsfeldern, wo intensiver Wettbewerb dazu zwingt, möglichst rasch zu publizieren, muß die Qualität der Arbeit und der Veröffentlichung oberstes Gebot sein. Ergebnisse müssen, wo immer tatsächlich möglich, kontrolliert und repliziert werden, ehe sie zur Veröffentlichung eingereicht werden.
  • Wo Leistungen - in der Forschungsförderung, im Personalmanagement, bei Bewerbungen - zu bewerten sind, müssen die Bewertenden, die Gutachter, ermutigt werden, die Qualität vor allem anderen explizit zu würdigen. Ihnen sollten daher nur jeweils möglichst wenige, nach Auffassung der Autoren besonders wichtige oder gelungene, Veröffentlichungen zur Beurteilung vorgelegt werden.

Empfehlung 7

Primärdaten als Grundlagen für Veröffentlichungen sollen auf haltbaren und gesicherten Trägern in der Institution, wo sie entstanden sind, für zehn Jahre aufbewahrt werden.

Erläuterungen

Ein wissenschaftliches Ergebnis ist in aller Regel ein komplexes Produkt vieler einzelner Arbeitsschritte. In allen experimentellen Wissenschaften entstehen die Ergebnisse, über die in Veröffentlichungen berichtet wird, aus Einzelbeobachtungen, die sich zu Teilergebnissen summieren. Beobachtung und Experiment, auch numerische Rechnungen, sei es als eigenständige Arbeitsmethode, sei es zur Unterstützung der Auswertung und Analyse, produzieren zunächst "Daten". Vergleichbares gilt in den empirisch arbeitenden Sozialwissenschaften.Experimente und numerische Rechnungen können nur reproduziert werden, wenn alle wichtigen Schritte nachvollziehbar sind. Dafür müssen sie aufgezeichnet werden.

Jede Veröffentlichung, die auf Experimenten oder numerischen Simulationen beruht, enthält obligatorisch einen Abschnitt "Materialien und Methoden", der diese Aufzeichnungen so zusammenfaßt, daß die Arbeiten an anderem Ort nachvollzogen werden können. Wiederum gilt Ähnliches in der Sozialforschung mit der Maßgabe, daß es immer mehr üblich wird, die Primärdaten nach Abschluß ihrer Auswertung durch die Gruppe, die die Erhebung verantwortet, bei einer unabhängigen Stelle zu hinterlegen.

Auf die Aufzeichnungen später zurückgreifen zu können, ist schon aus Gründen der Arbeitsökonomie in einer Gruppe ein zwingendes Gebot. Noch wichtiger wird dies, wenn veröffentlichte Resultate von anderen angezweifelt werden.

Daher hat jedes Forschungsinstitut, in dem lege artis gearbeitet wird, klare Regeln über die Aufzeichnungen, die zu führen sind, und über die Aufbewahrung der Originaldaten und Datenträger, auch wenn dies nicht ohnehin vorgeschrieben ist, z.B. durch Rechtsnormen wie das Arzneimittelgesetz, das Gentechnikgesetz, das Tierschutzgesetz und die dazu erlassenen Verordnungen, oder durch Regelwerke vom Typ "Good Clinical Practice". In den USA ist es üblich, daß derartige Regeln eine Aufbewahrung der Originaldaten (mit Zugangsmöglichkeit auch für berechtigte Dritte)

  • in dem Labor, wo die Daten entstanden sind
  • für acht bis zehn Jahre nach der Entstehung

fordern, wobei regelmäßig auch das Verfahren bei Ortswechsel des für die Entstehung der Daten verantwortlichen Arbeitsgruppenmitglieds festgelegt wird: in der Regel bleiben die Originalunterlagen am Entstehungsort; es können aber Duplikate angefertigt oder Zugangsrechte bestimmt werden.

In renommierten Labors hat sich die Regel bewährt, daß der komplette Datensatz, der einer aus dem Labor hervorgegangenen Publikation zugrunde liegt, als Doppel zusammen mit dem Publikationsmanuskript und der dazu geführten Korrespondenz archiviert wird. Bei Verwendung platzsparender Techniken (Diskette, CD-ROM) ist dies ohne großen Aufwand möglich.

Die Berichte über wissenschaftliches Fehlverhalten sind voll von Beschreibungen verschwundener Originaldaten und der Umstände, unter denen sie angeblich abhanden gekommen waren. Schon deshalb ist die Feststellung wichtig, daß das Abhandenkommen von Originaldaten aus einem Labor gegen Grundregeln wissenschaftlicher Sorgfalt verstößt und prima facie einen Verdacht unredlichen oder grob fahrlässigen Verhaltens rechtfertigt (7).

Empfehlung 8

Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens vorsehen. Diese müssen von dem dafür legitimierten Organ beschlossen sein und unter Berücksichtigung einschlägiger rechtlicher Regelungen einschließlich des Disziplinarrechts folgendes umfassen:

· eine Definition von Tatbeständen, die in Abgrenzung zu guter wissenschaftlicher Praxis (Nr. 1) als wissenschaftliches Fehlverhalten gelten, beispielsweise Erfindung und Fälschung von Daten, Plagiat, Vertrauensbruch als Gutachter oder Vorgesetzter,

· Zuständigkeit, Verfahren (einschließlich Beweislastregeln) und Fristen für Ermittlungen zur Feststellung des Sachverhalts,

· Regeln zur Anhörung Beteiligter oder Betroffener, zur Wahrung der Vertraulichkeit und zum Ausschluß von Befangenheit,

· Sanktionen in Abhängigkeit vom Schweregrad nachgewiesenen Fehlverhaltens,

· Zuständigkeit für die Festlegung von Sanktionen.

Erläuterungen

Das Disziplinarrecht hat gesetzlichen Vorrang vor diesen institutionsinternen Verfahren, soweit es um die Verhängung auf das Dienstverhältnis bezogener Sanktionen geht. Auch die übrigen gesetzlichen Maßstäbe z.B. des Arbeitsrechts und des Rechts der akademischen Grade können nicht durch interne Regelungen entkräftet werden. Die vorliegenden Empfehlungen sollen diese vorhandenen Wege nicht ersetzen, sondern in Erinnerung rufen und ergänzen.

Die gesetzlichen Verfahren erfassen nicht alle Konstellationen von Fehlverhalten in der Wissenschaft und schützen zum Teil andere Rechtsgüter als die Vertrauenswürdigkeit und Funktionsfähigkeit der Wissenschaft. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsziele und -zusammenhänge stellen sie zum Teil zusätzliche Voraussetzungen auf, die über wissenschaftliches Fehlverhalten als solches hinausgehen oder andere Akzente setzen. Sie sind nicht auf die Interessenlage im Falle eines Vorwurfs wissenschaftlichen Fehlverhaltens zugeschnitten und tragen daher den Interessen des Verdächtigten, seiner Forschungsinstitution und gegebenenfalls des "whistle blower" nicht optimal Rechnung. Meist brauchen die gesetzlichen Verfahren für ihren Weg durch verschiedene Instanzen mehrere Jahre.

Trotz ihrer zum Teil gegensätzlichen Rollen teilen der Beschuldigte, seine Institution und derjenige, der Zweifel an der Arbeit geäußert hat, das Ziel einer möglichst schnellen Aufklärung der vorgebrachten Verdächtigungen ohne öffentliches Aufsehen. Allen dreien liegt an dem Schutz ihres Rufes. Die für das Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens aufzustellenden Regeln müssen sich an diesem gemeinsamen Interesse orientieren. Sie sollten daher zweckmäßigerweise ein abgestuftes Verfahren vorsehen:

Die erste Phase des Verfahrens (Vorermittlung) dient der Ermittlung einer Tatsachengrundlage zur Beurteilung des geäußerten Verdachts. Sie balanciert Vertraulichkeit von Informationen über den Angeschuldigten und denjenigen, der Vorwürfe erhebt, mit einer genauen Feststellung des Geschehens in vorgeschrieben kurzer Zeit. Besonders in dieser ersten Phase steht der Schutz des potentiell Unschuldigen im Vordergrund. Am Schluß der ersten Phase steht die Entscheidung, ob sich der Verdacht verdichtet hat und daher weitere Untersuchungen erforderlich macht, oder ob er sich als gegenstandslos erwiesen hat.

Eine zweite Phase (Hauptverfahren) umfaßt zusätzlich erforderliche Untersuchungen, insbesondere Beweisaufnahmen, die förmliche Feststellung, daß wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt oder nicht, und schließlich die Reaktion auf einen bestätigten Verdacht. Die Reaktionen können die Gestalt von Schlichtungen oder Schiedssprüchen, Empfehlungen an Vorgesetzte oder andere oder den Ausspruch von Sanktionen - etwa auch die Verpflichtung, als unkorrekt erwiesene Veröffentlichungen zurückzuziehen oder zu korrigieren - durch die dazu legitimierte Instanz der jeweiligen Einrichtung annehmen. Der Vertrauensschutz der Wissenschaft in der Öffentlichkeit macht es erforderlich, nicht nur Ermittlung und Aufklärung, sondern auch Reaktion an einem zeitlichen Maßstab zu messen.

Das Verfahren findet, wie erläutert, seine Grenze dort, wo gesetzliche Regelungen greifen. Die genaue Einordnung eines Vorfalls in der ersten Phase der Ermittlungen wird nicht immer möglich sein, so daß die Gestaltung der Vorermittlungen an den Anforderungen verwandter Verfahren gemessen werden muß, wenn Ermittlungsergebnisse gegebenenfalls auch in diesen verwertet werden sollen.

Das Verhältnis der institutionsinternen Verfahren zu den gesetzlich geregelten, wie denen des Disziplinarrechts, beschränkt sich nicht auf eine Abgrenzung der Rechtsprechungskompetenzen bei unter Umständen gemeinsam geführten Ermittlungen. Interne Regelungen können je nach Art und Schwere des Fehlverhaltens Wege zu einvernehmlichen Lösungen im Wege der Schlichtung vorzeichnen. Diese haben allgemein den Vorteil, daß sie Verfahren auf der Basis einer Einigung der Beteiligten, d.h. ohne streitentscheidendes Urteil eines Dritten, zügig beenden. Dadurch geben sie dem Verhältnis der Beteiligten für die Zukunft eine Chance. Der oft auf Dauer angelegte Charakter von Arbeits- und Dienstverhältnissen legt ein solches Verfahren in vielen Fällen nahe, wie die gesetzlich vorgesehene Güteverhandlung im arbeitsgerichtlichen Prozeß zeigt. Damit die Vorteile solcher Lösungswege nicht durch unbegrenzte Verzögerungen bei der Einigung über die Person des Schlichters und das Schlichtungsergebnis ausgehöhlt werden, sollen die internen Regelungen Fristen bestimmen, nach welchen Zeiträumen auf die formalen, gesetzlichen Verfahren (mit allen ihren Vor- und Nachteilen) zurückgegriffen wird.

Eine Verfahrensbeilegung auf der Basis einer Einigung hat Potential zur Befriedung und kann unter Umständen dem Einzelfall besser gerecht werden als ein Urteil auf der Grundlage abstrakt gefaßter Tatbestände und Rechtsfolgen. Gleichzeitig darf diese Flexibilität aber nicht zur persönlichen Bevorzugung führen oder dazu, daß Vorwürfe ungeklärt unter den Teppich gefegt werden.

Bei der Einrichtung neuer Verfahrensarten zur Konfliktregelung hat sich im Ausland bereits bewährt, von Beginn der Umsetzung an Daten zur Bewertung der Verfahren, z.B. durch die Beteiligten und die betroffenen Institutionen, einheitlich zu erfassen. Dadurch läßt sich eine Grundlage für eine kritische Betrachtung nach einer gewissen Anlaufphase und mögliche Verbesserungsvorschläge schaffen.

Je nachdem, welche Eingriffe institutionseigene Verfahren in die Rechte der Beteiligten vorsehen, ist ihr hoheitlicher Charakter zu beachten, der sie einer Überprüfung durch die Gerichte aussetzt. Derartige Eingriffe können bereits in der Phase der Ermittlung vorkommen und sind sicherlich bei der Verhängung konkreter Sanktionen gegeben.

Beide Verfahrensabschnitte, Vorermittlung und Hauptverfahren, müssen den folgenden Grundsätzen genügen:

a) a) Aus der Regelung muß vor dem Eintreten eines konkreten Vorfalls hervorgehen:

  • wer die Aufgabe wahrnimmt, Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens entgegenzunehmen,
  • wann Ermittlungen einzuleiten sind, von wem genau und in welcher Form,
  • in welchen Schritten vorgesehene Entscheidungsgremien einzurichten sind, seien es ad hoc-Gruppen, ständige Kommissionen oder eine Mischform, z.B. mit einem ständigen Vorsitzenden und im übrigen im Einzelfall berufenen Mitgliedern aus der Institution selbst oder von außerhalb. Letztendlich sollen die wissenschaftlichen Mitglieder das Verfahren in den Händen halten und in den entscheidenden Gremien die Mehrheit der Mitglieder stellen. Die Beiziehung externer Sachverständiger kann aber der Objektivierung immer dienen und wird in kleineren Institutionen unerläßlich sein.

b) b) Befangenheit eines Ermittlers muß sowohl durch ihn selbst als auch durch den Angeschuldigten geltend gemacht werden können.

c) Dem von Vorwürfen Getroffenen ist in jeder Phase des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

d) Bis zum Nachweis eines schuldhaften Fehlverhaltens sind die Angaben über die Beteiligten des Verfahrens und die bisherigen Erkenntnisse streng vertraulich zu behandeln.

e) Das Ermittlungsergebnis ist zu einem geeignetem Zeitpunkt nach Abschluß der Ermittlungen betroffenen Wissenschaftsorganisationen und Journalen mitzuteilen.

f) Die einzelnen Verfahrensabschnitte müssen innerhalb angemessener Fristen abgeschlossen werden.

g) Die Vorgänge und Ergebnisse einzelner Verfahrensabschnitte sind schriftlich und gut nachvollziehbar zu protokollieren.

Die Umsetzung dieser Empfehlung wird, wie aus dem Vorstehenden deutlich wird, ein hohes Maß an juristischer Erfahrung erfordern. Es empfiehlt sich daher, daß eine zentrale Institution, beispielsweise die Hochschulrektorenkonferenz, sich der Aufgabe annimmt, für die Hochschulen eine Muster-Verfahrensordnung zu erarbeiten (siehe auch Empfehlung 9 für die außeruniversitären Forschungsinstitute).

Die Kommission weist in diesem Zusammenhang noch auf folgendes hin:

Gerichtliche Auseinandersetzungen in Fällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens führen zu neuen und schwierigen Rechtsfragen. Diese betreffen zum einen die Rolle wissenschaftseigener Standards innerhalb der Vorschriften staatlichen Rechts, zum anderen auch den Nachweis wissenschaftlicher Unredlichkeit und die dabei anzuwendenden Regeln der Beweislastverteilung. Fragen dieser Art können nur gelöst werden, wenn alle Interessen freier Wissenschaft umfassend in den Blick genommen werden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft sollte zu einem mehr als nur gelegentlichen Diskurs zwischen Vertretern unterschiedlicher Forschungsrichtungen und praktizierenden Juristen einladen.

Der Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in der Vergangenheit offenbart die unterschiedlichen Zusammenhänge, in denen sich Wissenschaft und Rechtspflege bewegen. An dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Reaktion der Justus Liebig-Universität auf Fälschungsvorwürfe gegen einen Professor (8) läßt sich das Bild der Wissenschaft aus juristischer Sicht ablesen. Es stellt die Wissenschaft dar als einen Diskurs, in dem alles Geltung und damit den Schutz der grundgesetzlich verbürgten Forschungsfreiheit verlangen kann, was als ernsthafter Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (9). Damit haben die Richter die Ausgrenzung eines Vorhabens und seines Urhebers aus dem Schutz der Wissenschaftsfreiheit recht weitgehend von dem Willen des letzteren abhängig gemacht. Es kann sich zwar auch nach Auffassung der Bundesverwaltungsgerichts niemand allein durch seinen Willen unter den Schutz der grundrechtlich garantierten Wissenschaftsfreiheit begeben, dieser endet jedoch nur durch eine "zweifelsfreie Feststellung", daß ein Werk den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG verfehlt (10).

Das Urteil zeigt das Bestreben der Gerichte, durch eine weite Definition grundrechtlich geschützter Wissenschaft die Ausgrenzung unkonventioneller Ansätze und Methoden durch Universitätsgremien zu verhindern. Der hohe Rang der Wissenschaft in der Verfassung legt eine hohe Meßlatte an jede gesetzliche Regelung und jede administrative oder gerichtliche Entscheidung, die zum Schutz anderer Rechtsgüter eine Einschränkung der Freiheit der Wissenschaft bedeutet. Freilich dürfen dabei in der jeweiligen Disziplin anerkannte Forschungsstandards, Verantwortungsregeln und Sorgfaltspflichten - einschließlich ihrer beweisrechtlichen Konsequenzen (im entschiedenen Fall war das Datenmaterial, auf dem die Publikationen und die darin enthaltenen Behauptungen beruhten, nicht mehr vorhanden) - nicht außer acht bleiben. Das Urteil zeigt damit, daß die Schnittstellen zwischen dem Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in den Organen der Selbstverwaltung auf der einen und den förmlichen Verfahren der Justiz auf der anderen Seite in ähnlicher Weise diskutiert zu werden verdienen, wie dies in den Vereinigten Staaten geschehen ist (11).

Die Kommission schlägt der Deutschen Forschungsgemeinschaft daher vor, in regelmäßigen Abständen Rechtspraktiker, Rechtswissenschaftler und Vertreter anderer Wissenschaftszweige zu Rundgesprächen einzuladen. Dabei könnten u.a. die folgenden Themen zur Diskussion stehen:

  • die rechtliche Definition von Wissenschaft und die Berücksichtigung wissenschaftsimmanenter Normen,
  • Beweislast und Beweiswürdigung bei der Feststellung wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Zusammenhang mit der Führung von Laborbüchern,
  • die Einbindung von Wissenschaftlern in hochschulrechtliche und beamtenrechtliche Strukturen,
  • alternative Wege zur Konfliktlösung in der Wissenschaft, wie z.B. Schiedsgutachterverfahren, Schiedsverfahren und Schlichtungsverfahren,
  • die Formen der Beteiligung eines Wissenschaftlers an dem Fehlverhalten seiner Mitarbeiter und ihre Folgen,
  • die institutionelle Verantwortung für Organisations- und Arbeitsstrukturen und die wissenschaftliche Selbstverwaltung.

Empfehlung 9

Für außeruniversitäre Forschungsinstitute, die nicht in einer Trägerorganisation zusammengeschlossen sind, kann sich insbesondere für das Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (Nr. 8) ein gemeinschaftliches Vorgehen empfehlen.

Erläuterungen

Die Max-Planck-Gesellschaft hat im November 1997 für alle ihre Institute eine Verfahrensordnung bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten (12) beschlossen; ihr Präsident hat die Ausarbeitung von Regeln guter wissenschaftlicher Praxis angekündigt. Für selbständige wissenschaftliche Einrichtungen kann einerseits, wie für die Hochschulen, von Bedeutung sein, daß die für sie geltenden Regeln guter wissenschaftlicher Praxis ihren Aufgaben angemessen sind und sie im Konsens ihrer wissenschaftlichen Mitglieder beschlossen werden. Andererseits kann es sich empfehlen, daß Verhaltenskodizes und Verfahrensregeln der hier empfohlenen Art für mehrere Institute im Verbund erarbeitet werden, sowohl wegen der erwünschten Einheitlichkeit der Maßstäbe als auch im Interesse der Vermeidung eines Übermaßes an Beratung. So bietet es sich an, daß z.B. die in der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren oder auch die in der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz zusammengeschlossenen Institute gemeinsame Grundsätze ausarbeiten und andere außeruniversitäre Institute in diesem Sinne zusammenarbeiten.

Empfehlung 10

Wissenschaftliche Fachgesellschaften sollen für ihren Wirkungsbereich Maßstäbe für gute wissenschaftliche Praxis erarbeiten, ihre Mitglieder darauf verpflichten und sie öffentlich bekanntgeben.

Erläuterungen

Wissenschaftliche Fachgesellschaften (13) haben wichtige Funktionen in der gemeinsamen Willensbildung ihrer Mitglieder, nicht zuletzt in Fragen fachbezogener Standards und Normen professioneller Arbeit sowie im Hinblick auf forschungsethische Richtlinien. Eine Anzahl von deutschen Fachgesellschaften hat in ihren Statuten oder selbständig auf deren Grundlage teils allgemeine, teils auch fachspezifische Verhaltenskodizes, insbesondere für die Forschung, festgelegt und veröffentlicht, wie dies in den USA seit längerer Zeit üblich ist, so beispielsweise die Gesellschaft Deutscher Chemiker (3), die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (14), die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (15) und andere. In jüngerer Zeit beginnen deutsche Fachgesellschaften, die solche Richtlinien noch nicht haben, damit, sie zu entwickeln (16). Diese Bemühungen um die Festlegung von Maßstäben sind ein wichtiges Element der Qualitätssicherung für die Forschung und verdienen noch weitere Verbreitung.

Da für viele wissenschaftliche Disziplinen inzwischen europäische Fachgesellschaften bestehen, empfiehlt sich eine Diskussion von Fragen guter wissenschaftlicher Praxis auch im europäischen Rahmen.

Analog können - unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Rechtsnatur - die Richtlinien der Ärztekammern, insbesondere der Bundesärztekammer, gesehen werden, auf deren Empfehlung seit 1979 bundesweit Ethik-Kommissionen zur Beurteilung von Forschungsvorhaben mit Patienten und Probanden eingerichtet worden sind. Sie haben sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, deren Geschäftsführung bei der Bundesärztekammer angesiedelt ist. Seit der fünften Novelle zum Arzneimittelgesetz von 1995 sind den Ethik-Kommissionen über die Beratung der Projektleiter hinaus wesentliche Aufgaben bei der Qualitätssicherung klinischer Studien zugewachsen (17).

Zwischen den standesrechtlichen Kodizes der Ärzte und den Grundprinzipien wissenschaftlicher Arbeit bestehen beachtenswerte Parallelen. Im Rahmen der Bewertung ärztlichen Verhaltens spielen z.B. auch Organisations- und Dokumentationspflichten sowie die Einwirkung auf Beweismittel eine Rolle. Die Verletzung dieser Pflichten kann in bestimmten Fällen auch die Beweislast beeinflussen (18). Diese Parallelen bieten der Wissenschaft die Möglichkeit, unter einzelnen Aspekten aus Erfahrungen der Ärztekammern im Umgang mit Fehlverhalten zu lernen.

Empfehlung 11

Autorinnen und Autoren wissenschaftlicher Veröffentlichungen tragen die Verantwortung für deren Inhalt stets gemeinsam. Eine sogenannte "Ehrenautorschaft" ist ausgeschlossen.

Empfehlung 12

Wissenschaftliche Zeitschriften sollen in ihren Autorenrichtlinien erkennen lassen, daß sie sich im Hinblick auf die Originalität eingereichter Beiträge und die Kriterien für die Autorschaft an der besten international üblichen Praxis orientieren.

Gutachter eingereichter Manuskripte sollen auf Vertraulichkeit und auf Offenlegung von Befangenheit verpflichtet werden.

Erläuterungen

Wissenschaftliche Veröffentlichungen sind das primäre Medium der Rechenschaft von Wissenschaftlern über ihre Arbeit. Mit der Veröffentlichung gibt ein Autor (oder eine Gruppe von Autoren) ein wissenschaftliches Ergebnis bekannt, identifiziert sich damit und übernimmt die Gewähr für den Inhalt der Veröffentlichung. Zugleich erwirbt der Autor und/oder der Verlag des Publikationsorgans dadurch dokumentierte Rechte (Urheberrecht, copyright etc.). Im Zusammenhang damit hat das Datum der Veröffentlichung eine wesentliche Bedeutung im Sinne der Dokumentierung der wissenschaftlichen Priorität erlangt; alle guten naturwissenschaftlichen Zeitschriften berichten, wann ein Manuskript eingegangen und wann es (meist nach Überprüfung durch Gutachter) akzeptiert worden ist.

Wegen ihrer Bedeutung als Prioritäts- und Leistungsnachweis sind Veröffentlichungen seit langem Gegenstand vielfältiger Konflikte und Kontroversen. Aus ihnen haben sich jedoch allgemein anerkannte Regeln (19) für die geläufigsten Konfliktpunkte, nämlich die Originalität und Eigenständigkeit des Inhalts und die Autorschaft herausgebildet, die im folgenden zusammengefaßt sind:

Veröffentlichungen sollen, wenn sie als Bericht über neue wissenschaftliche Ergebnisse intendiert sind,

  • die Ergebnisse vollständig und nachvollziehbar beschreiben,
  • eigene und fremde Vorarbeiten vollständig und korrekt nachweisen (Zitate),
  • bereits früher veröffentlichte Ergebnisse nur in klar ausgewiesener Form und nur insoweit wiederholen, wie es für das Verständnis des Zusammenhangs notwendig ist.

Viele gute und angesehene Zeitschriften verlangen in ihren Autorenrichtlinien eine schriftliche Versicherung, daß der Inhalt eines Manuskripts nicht schon ganz oder teilweise anderweitig publiziert oder zur Publikation eingereicht wurde. Sie akzeptieren Manuskripte insbesondere dann nicht, wenn ihr Inhalt zuvor (ehe er von Gutachtern und von der Fachöffentlichkeit geprüft werden konnte) dem allgemeinen Publikum bekanntgegeben wurde; Ausnahmen werden bei der ausführlichen Publikation zuvor nur in Kongreßbeiträgen ("abstracts") referierter Ergebnisse zugelassen.

Als Autoren einer wissenschaftlichen Originalveröffentlichung sollen alle diejenigen, aber auch nur diejenigen, firmieren, die zur Konzeption der Studien oder Experimente, zur Erarbeitung, Analyse und Interpretation der Daten und zur Formulierung des Manuskripts selbst wesentlich beigetragen und seiner Veröffentlichung zugestimmt haben, d.h. sie verantwortlich mittragen. Einige Zeitschriften verlangen, daß dies durch Unterschrift aller Autoren bekundet wird, andere verpflichten jedenfalls den korrespondierenden Autor als den für alle Einzelheiten einer Publikation Verantwortlichen zu einer entsprechenden Versicherung. Für den Fall, daß nicht alle Koautoren sich für den gesamten Inhalt verbürgen können, empfehlen manche Zeitschriften, die Einzelbeiträge kenntlich zu machen.

Mit dieser Definition vor Autorschaft werden andere - auch wesentliche - Beiträge wie

  • Verantwortung für die Einwerbung der Förderungsmittel,
  • Beitrag wichtiger Untersuchungsmaterialien,
  • Unterweisung von Mitautoren in bestimmten Methoden,
  • Beteiligung an der Datensammlung und -zusammenstellung,
  • Leitung einer Institution oder Organisationseinheit, in der die Publikation entstanden ist,

für sich allein nicht als hinreichend erachtet, Autorschaft zu rechtfertigen.

Eine "Ehrenautorschaft" ist sowohl nach den Richtlinien der besten Zeitschriften als auch nach den Verhaltenskodizes der bekanntesten amerikanischen Forschungsuniversitäten keinesfalls akzeptabel. Als angemessene Formen der Erwähnung werden beispielsweise Fußnoten oder Danksagungen empfohlen.

Zur Vermeidung von Konflikten über die Autorschaft empfehlen die Zeitschriften - um so mehr, je größer die Zahl der an der Erarbeitung der Ergebnisse Beteiligten ist - frühzeitig klare Vereinbarungen zu treffen, die bei Dissens eine Orientierung ermöglichen.

Fast alle guten Zeitschriften verpflichten ihre Gutachter, denen sie eingesandte Manuskripte zur Prüfung anvertrauen, auf strikte Vertraulichkeit und auf Offenlegung von Befangenheiten, die dem Herausgeber und seinem Beratungsgremium bei der Auswahl entgangen sein könnten. Viele gute Zeitschriften verpflichten sich außerdem gegenüber ihren Autoren zu einer Rückmeldung innerhalb definierter, kurzer Zeit und setzen dementsprechend ihren Gutachtern kurze Fristen für die Abgabe ihres Kommentars.

Die Kommission hält eine Diskussion der hier zusammengefaßten Fragen der Qualitätssicherung, in noch breiterem Umfang, als sie sich in jüngsten Veröffentlichungen (20) andeutet, auf europäischer oder internationaler Ebene für wünschenswert.

Empfehlung 13

Einrichtungen der Forschungsförderung sollen nach Maßgabe ihrer Rechtsform in ihren Antragsrichtlinien klare Maßstäbe für die Korrektheit der geforderten Angaben zu eigenen und fremden Vorarbeiten, zum Arbeitsprogramm, zu Kooperationen und zu allen anderen für das Vorhaben wesentlichen Tatsachen formulieren und auf die Folgen unkorrekter Angaben aufmerksam machen.

Erläuterungen

Forschungsförderung findet in verschiedenen Rahmen statt, seien es Bundes- oder Landesministerien, öffentlich- oder privatrechtliche Stiftungen und Fördereinrichtungen oder die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Anders als in Forschungseinrichtungen und Hochschulen, an denen direkt Forschung betrieben wird, reichen die Beziehungen der Förderinstitutionen zu einzelnen Wissenschaftlern meist über ihren eigenen organisatorischen Rahmen hinaus.

Sie stehen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaftlern, die Anträge auf Forschungsförderung stellen, und solchen, die Anträge begutachten. Die Förderinstitutionen legen ein großes Maß an Vertrauen in den einzelnen Wissenschaftler, einerseits, wenn sie seine Angaben in einem Antrag als Grundlage der Beurteilung seines Vorhabens anerkennen, und andererseits, wenn sie seinem Kollegen den Antrag, der schutzwürdige neue Ideen enthält, zur Begutachtung übergeben. In dem Schutz dieser unentbehrlichen Vertrauensgrundlage liegt das eigene Interesse aller Förderinstitutionen an der Einhaltung von Grundprinzipien in der wissenschaftlichen Arbeit und in der Begutachtung.

Förderinstitutionen spielen für den einzelnen Wissenschaftler eine essentielle Rolle, weil sie Forschung finanziell unterstützen. Indem sie den einzelnen als Antragsteller oder Empfänger von Förderungsmitteln ansprechen, können sie Einfluß auf die Festigung von Standards wissenschaftlicher Arbeitsweise und ihren Schutz ausüben. Durch Ausgestaltung ihrer Antragskriterien und Förderbedingungen können sie Umstände abbauen, die zu Fehlverhalten verleiten. Auf den Umgang mit einem Fall, in dem sie finanziell oder in ihrem Ruf durch das Fehlverhalten eines Wissenschaftlers selbst direkt betroffen werden, müssen die Förderorganisationen sich vorbereiten. Derartige Fälle können durch falsche Angaben in Anträgen, durch den Mißbrauch von gewährten Mitteln oder schließlich durch unredlichen Umgang mit zur Begutachtung überantworteten Anträgen ausgelöst werden.

Um die Grundlage des Vertrauens gegenüber den Antragstellern zu schützen und ihnen eine Orientierung zu geben, sollten Forschungsförderer in ihren Antragsformularen oder -anleitungen klar und deutlich solche Maßstäbe nennen, denen ein qualifizierter Antrag genügen muß:

  • Vorarbeiten sind konkret und vollständig darzustellen.
  • Eigene und fremde Literatur ist genau zu zitieren. Noch nicht erschienene Publikationen sind klar zu kennzeichnen als "im Druck in ...", "angenommen bei ..." oder "eingereicht bei ...".
  • Projekte sind nach bestem Gewissen inhaltlich so zu beschreiben, wie der Antragsteller beabsichtigt, sie durchzuführen.
  • Kooperationen können bei der Antragsbewertung nur Berücksichtigung finden, wenn alle Beteiligten die erklärte Absicht und die Möglichkeit zu der angestrebten Zusammenarbeit haben.

Die Antragsteller sollen durch ihre Unterschrift auch ihre Kenntnis dieser Grundsätze dokumentieren.

Empfehlung 14

In den Richtlinien für die Verwendung bewilligter Mittel soll der/die für das Vorhaben Verantwortliche auf die Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis verpflichtet werden. Ist eine Hochschule oder ein Forschungsinstitut allein oder gleichberechtigt Empfänger der Mittel, so müssen dort Regeln guter wissenschaftlicher Praxis (Nr. 1) und für den Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (Nr. 8) etabliert sein.

An Einrichtungen, die sich nicht an die Empfehlungen 1 bis 8 halten, sollen keine Fördermittel vergeben werden.

Der 2. Absatz dieser Empfehlung wurde aufgrund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung der DFG vom 17. Juni 1998 neu formuliert:

Fördermittel der DFG sind zu verweigern, wenn eine Hochschule oder Forschungseinrichtung gegen Sinn und Zweck der Empfehlungen 1 bis 8 gravierend verstößt. Dies gilt jedoch erst nach der Verabschiedung der Musterordnung durch die HRK und auch dann nicht sofort, sondern mit einer angemessenen Übergangsfrist.

Erläuterungen

Das Verhältnis einer Förderorganisation zu einem Antragsteller gestaltet sich zunächst einseitig. Die Bewilligung nach Begutachtung begründet eine engere zweiseitige Verbindung, die weitere Möglichkeiten eröffnet, den einzelnen Wissenschaftler anzusprechen.

Zum Schutz der Organisation vor dem Fehlverhalten einzelner Beihilfeempfänger sollen die Forschungsförderer ihrer Rechtsform entsprechend das Rechtsverhältnis eigener Art (21) mit geförderten Wissenschaftlern gestalten und darin normative Maßstäbe und Reaktionen verankern und bekanntgeben.

Die Definition wissenschaftlichen Fehlverhaltens an sich soll den Institutionen überlassen werden, an denen Forschung tatsächlich stattfindet, um Homogenität innerhalb einer Forschungsumgebung zu schaffen. Gleiches gilt für tatsächliche Ermittlungen, die zur Aufklärung eines Verdachts erforderlich werden.

Dagegen müssen die Förderorganisationen ihre Reaktionen auf Verhalten, das sie selbst finanziell oder in ihrem Ruf betrifft, in ihren Förderbedingungen festlegen und bekanntgeben. Statt der geläufigen Möglichkeit, auf der Grundlage des bürgerlichen Rechts in solchen Fällen auf das Bereicherungs- und Deliktsrecht zurückzugreifen, können sie z.B. Vertragsstrafen für bestimmte Konstellationen mit ihren Beihilfeempfängern vereinbaren, deren Inhalt nicht unbedingt Geldzahlungen sein müssen, sondern die auch Verwarnungen, Ausschlüsse u.a. umfassen können (22).

Empfehlung 15

Förderorganisationen sollen ihre ehrenamtlichen Gutachter auf die Wahrung der Vertraulichkeit der ihnen überlassenen Antragsunterlagen und auf Offenlegung von Befangenheit verpflichten. Sie sollen die Beurteilungskriterien spezifizieren, deren Anwendung sie von ihren Gutachtern erwarten. Unreflektiert verwendete quantitative Indikatoren wissenschaftlicher Leistung (z.B. sogenannte impact-Faktoren) sollen nicht Grundlage von Förderungsentscheidungen werden.

Erläuterungen

Auch Gutachtern können formulierte Standards zur Orientierung bei ihrer Arbeit dienen. Die Vertraulichkeit des fremden Ideenmaterials, zu dem ein Gutachter Zugang erlangt, schließt die Weitergabe an Dritte, und sei es auch nur zur Hilfe bei der Begutachtung, absolut aus. Um eine objektive und an wissenschaftlichen Kriterien ausgerichtete Bewertung zu sichern, müssen die Förderorganisationen ihre Gutachter so auswählen, daß Befangenheit und jeder Anschein von ihr vermieden werden. Wo dies im Einzelfall nicht gelungen ist, müssen Gutachter eventuelle Interessenkonflikte oder Befangenheiten, die in der Person des Antragstellers oder dem angestrebten Projekt begründet sein können, anzeigen. Die Anzeige von Interessenkollisionen liegt auch im Interesse des Gutachters, der seinen Ruf als den eines fairen und neutralen Sachverständigen festigt.

Die Richtlinien über Vertraulichkeit und den Umgang mit Befangenheit müssen als Anknüpfung für Reaktionen auf Mißbrauch der Gutachterposition taugen. Anders als in den Richtlinien für Antragsteller kommen freilich Vertragsstrafen, die vor dem Beginn einer Begutachtung zu vereinbaren wären, nicht in Betracht. Die Gutachtertätigkeit ist ein Ehrenamt. Jede auch nur hypothetische Unterstellung unredlichen Verhaltens würde hier abschreckend und demotivierend wirken. Daran ändert das Auftragsverhältnis, welches im rechtlichen Sinne möglicherweise zwischen den Gutachtern und der Förderorganisation zustande kommt, nichts (23). Reaktionen auf Fehlverhalten von Gutachtern sollten daher allgemein in den Regelungen der Förderorganisationen vorgesehen sein, im Gegensatz zu Vereinbarungen mit jedem einzelnen.

Für den Fall des Verdachts der Verwendung fremder Ideen für eigene Projekte oder anderer gravierender Formen des Vertrauensbruchs durch einen Gutachter empfiehlt die Kommission den Einsatz von Sachverständigen zur schnellstmöglichen Aufklärung. Ein Gutachter, dem dergestalt Mißbrauch von vertraulichen Antragsinformationen nachgewiesen wird, darf nicht mehr gehört werden und muß, beruht seine Tätigkeit auf einem Wahlamt, dieses verlieren.

Die Mitteilung eines belastenden Befundes an andere Forschungsförderer kann ebenfalls sinnvoll sein. Unredlicher Umgang eines Gutachters mit vertraulichen Antragsinhalten kann die Aufhebung seiner Anonymität gegenüber dem geschädigten Antragsteller rechtfertigen, um diesem zu ermöglichen, seine Rechte gegen den Gutachter durchzusetzen.

Analoge Regelungen sind für die Mitarbeiter und die Mitglieder von Entscheidungsgremien vorzusehen, die im Rahmen ihres Amtes Zugang zu vertraulichen Antragsunterlagen haben.

In vergleichbar zurückhaltender Form wie die Anforderungen an die Vertraulichkeit und Neutralität müssen auch die Kriterien vorgegeben werden, deren Anwendung eine Förderorganisation von ihren Gutachtern erwartet. Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Begutachtung sind gleichwohl notwendig, schon deshalb, weil unterschiedliche Förderungsprogramme neben den allgemeinen Kriterien wissenschaftlicher Qualität unterschiedliche Akzente setzen, die den Gutachtern bekannt sein müssen; sie sind daher auch weithin üblich (24).

Noch schwieriger als die Sicherung der Vertraulichkeit der Begutachtung ist die Sicherung ihrer wissenschaftlichen Qualität, d.h. die Auswahl der für die Beurteilung eines Antrags am besten qualifizierten Gutachter, auch solcher, die sich nicht mit einfachen Zugängen zur oberflächlichen Abschätzung der Produktivität der antragstellenden Arbeitsgruppe begnügen, sondern die Mühe der inhaltlichen Beschäftigung mit dem vorgestellten Projekt und den Vorarbeiten dazu nicht scheuen. Für die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Förderorganisationen liegt hierin eine ständige, große Herausforderung.

Auch wenn die Begutachtung von Förderungsanträgen generell kein geeigneter Weg sein kann, wissenschaftliches Fehlverhalten aufzudecken, sind Laborbesuche bei örtlichen Begutachtungen, indem sie Gelegenheit zum Informationsaustausch mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Arbeitsgruppe bieten, eine wichtige Informationsquelle.

Empfehlung 16

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft soll eine unabhängige Instanz - etwa in Gestalt eines Ombudsmans oder auch eines Gremiums von wenigen Personen - berufen und mit den nötigen Arbeitsmitteln ausstatten, die allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zur Beratung und Unterstützung in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und ihrer Verletzung durch wissenschaftliche Unredlichkeit zur Verfügung steht und jährlich darüber öffentlich berichtet.

Erläuterungen

Die Formulierung von Normen und Vorgaben für gute wissenschaftliche Praxis legt für ihre Verwirklichung nur eine Grundlage. Schwierigkeiten bei der Einhaltung von Grundprinzipien treten in allen Lebensgebieten erst bei ihrer Umsetzung in einem konkreten Fall auf, in dem Gegenpole von "redlich" und "unredlich" aufgrund von Verflechtungen und Wertungskonflikten im Einzelfall weniger klar zu trennen sind.

Dies gilt sowohl bei Fragen, die eigenes wissenschaftliches Verhalten betreffen, als auch für Zweifel an dem Verhalten anderer. Letzteres stellt besonders junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die noch am Aufbau ihrer Karriere arbeiten, zumindest subjektiv häufig vor die Frage, ob das Interesse an der Offenlegung des unredlichen Verhaltens eines älteren, u.U. vorgesetzten Wissenschaftlers das Risiko für die eigene Karriere, welches dadurch entstehen kann, aufwiegt. Sie kommen dadurch in einen schwerwiegenden Konflikt. "Whistle blowers" oder "Informanten" geraten leicht in den Verdacht der Denunziation. Um allen Wissenschaftlern, insbesondere dem Nachwuchs, aus dieser einsamen Konfliktlage einen Ausweg zu öffnen, empfiehlt die Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Berufung eines Ombudsmans oder mehrerer Ombudsleute für die Wissenschaft.

Eine derartige Vertrauensperson oder -kommission soll mit einer gewissen Autorität ausgestattet werden, die ihre Grundlage z.B. in der Wahl durch den Senat der DFG und einer jährlichen Berichterstattung an ihn finden kann. Sie soll nicht eigene Ermittlungen nach dem Vorbild des heutigen "Office of Research Integrity" des amerikanischen Public Health Service führen (25), sondern vor allem durch ihre persönliche Autorität, Integrität und Neutralität den Wissenschaftlern ein kompetenter und vertrauenswürdiger Ansprechpartner sein, der gegebenenfalls erhebliche Verdachtsmomente aufnimmt und zur Aufmerksamkeit der sachnahen Institutionen bringt. Wichtig ist der Kommission, daß diese Vertrauensperson(en) allen Wissenschaftlern zugänglich ist (sind), unabhängig von ihrem Bezug oder dem eines betroffenen Projekts zur Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Durch die Einrichtung einer derartigen Appellationsinstanz kann die Deutsche Forschungsgemeinschaft das öffentliche Vertrauen in die gute wissenschaftliche Praxis erhalten, indem sie die Aufmerksamkeit demonstriert, die die Wissenschaft ihrer eigenen Selbstkontrolle schenkt (26). Die Empfehlung an die Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Vertrauensleute zu benennen, soll damit nicht ihre Grundlage verlieren, sondern ergänzt werden.

II. Probleme im Wissenschaftssystem

Fragen und Diskussionen ähnlich denen, die die Ausarbeitung der vorliegenden Empfehlungen angestoßen haben, gab es in größerem Umfang erstmals vor fast 20 Jahren in den USA, nachdem dort im Verlauf weniger Jahre an mehreren angesehenen Forschungsuniversitäten Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens erhoben und teils nach einiger Zeit erhärtet, teils über Jahre hin unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit und der Gerichte kontrovers verfolgt und erst nach langer Zeit (in einem Fall erst im elften Jahr nach den ersten Vorwürfen) entschieden wurden.

Den von 1978 bis zum Ende der achtziger Jahre in den USA zu causes célèbres gewordenen Fällen sind folgende Merkmale gemeinsam (27):

  • Der/die Beschuldigte und die Institution, wo die Arbeiten stattfanden, waren hoch renommiert; mindestens war der/die Beschuldigte Mitglied einer angesehenen Arbeitsgruppe. In der Regel wurden die Beschuldigungen von weniger prominenter Seite erhoben.
  • Die Tatsachenaufklärung durch die Institution verlief zögerlich und/oder ungeschickt.
  • Die Öffentlichkeit wurde durch Presse und andere Medien frühzeitig informiert, so daß alle weiteren Schritte von Aufmerksamkeit und Kontroversen begleitet waren.

Die meisten dieser Fälle waren außerdem von gerichtlichen Auseinandersetzungen begleitet; an einigen von ihnen nahmen auch Politiker regen Anteil. Vor allem die Öffentlichkeitswirksamkeit führte dazu, daß sich ab Beginn der achtziger Jahre zahlreiche Gremien sowohl mit der Kasuistik als auch mit grundsätzlichen Überlegungen zu "scientific fraud and misconduct" beschäftigten (28). Dem verbreiteten Eindruck, die Institutionen der Wissenschaft seien auf das Problem schlecht eingerichtet, wurde mit institutionellen Regelungen begegnet, über die weiter unten (Abschnitt III.1) berichtet wird.

Erste Versuche, das Problem "Fehlverhalten in der Wissenschaft" zu quantifizieren (29), führten zu wenig schlüssigen Ergebnissen. Inzwischen liegen Erfahrungsberichte der für "scientific misconduct" zuständigen Behörden, dem Office of Inspector General (OIG) der National Science Foundation (NSF) und dem Office of Research Integrity (ORI) des Public Health Service vor. Das OIG erhielt im Durchschnitt der letzten Jahre zwischen 30 und 80 neue 'Fälle' pro Jahr bei ca. 50.000 unterstützten Projekten und fand Fehlverhalten in etwa einem Zehntel dieser Fälle. Im Jahresbericht des ORI für 1995 wird über 49 neue Fälle beim ORI selbst und über 64 neue Fälle in Institutionen seines Geschäftsbereichs im Vorjahr bei mehr als 30.000 von den National Institutes of Health (NIH) geförderten Vorhaben berichtet (30).

Das im Jahr 1992 auf Inititative des dänischen medizinischen Forschungsrates gegründete und seit 1996 unter der Schirmherrschaft des dortigen Forschungsministeriums stehende Danish Committee on Scientific Dishonesty (31) hatte sich im ersten Jahr seiner Amtszeit mit 15 Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu befassen; in den darauffolgenden Jahren nahm die Anzahl der neuen 'Fälle' zunächst rasch ab und stieg 1996 wieder auf zehn.

Zur Kenntnis der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind aus Deutschland in den letzten zehn Jahren vor 1997 insgesamt sechs Fälle von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens gelangt. Seit 1992 sind sie, soweit die DFG involviert war, nach den vom Präsidium erlassenen Regeln zum Umgang mit derartigen Vorkommnissen behandelt worden, die unter anderem folgendes vorsehen:

  • Prüfung der Vorwürfe in den zuständigen Referaten der Geschäftsstelle und Anhörung der Betroffenen,
  • sofern hiernach ein substantieller Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens bestätigt und eine einvernehmliche Regelung nicht erzielt wird, Befassung eines Unterausschusses des Hauptausschusses der DFG unter Vorsitz des Generalsekretärs; dieser Ausschuß stellt unter Anhörung der Beteiligten den Tatbestand fest und empfiehlt gegebenenfalls dem Hauptausschuß die erforderlichen Maßnahmen,
  • Verhängung von gegebenenfalls erforderlichen Sanktionen durch den Hauptausschuß der DFG.

In drei Fällen betrafen die erhobenen Vorwürfe die Aneignung von vertraulichen Antragsunterlagen oder andere Formen problematischen Verhaltens bei Gutachtern. Sie wurden in Korrespondenz und Gesprächen zwischen der Geschäftsstelle der DFG und den Beteiligten beigelegt.

In den drei anderen Fällen ging es um Vorwürfe der Erfindung oder Fälschung experimenteller Forschungsergebnisse in Hochschuleinrichtungen. Ihnen sind folgende Merkmale gemeinsam:

  • Die veröffentlichten Ergebnisse wurden nach kürzerer oder längerer Zeit im wissenschaftlichen Schrifttum angezweifelt.
  • Die jeweils zuständigen Stellen in den Hochschulen wurden tätig, ermittelten den Sachverhalt unter Anhörung der Betroffenen und zum Teil weiterer Beteiligter, und trafen Maßnahmen.
  • Alle drei Fälle - der älteste reicht ins Jahr 1988 zurück - sind Ende 1997 noch bei Gericht anhängig. In einem Fall erhebt derzeit die betroffene Universität Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (8). In einem weiteren, jüngeren Fall liegt bislang erst ein Beschluß des zuständigen Verwaltungsgerichts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vor (32).

Im folgenden wird entsprechend dem Mandat der Kommission, "Ursachen von Unredlichkeit im Wissenschaftssystem nachzugehen", versucht, einige der Faktoren zu beschreiben, die Unredlichkeit begünstigen könnten und es rechtfertigen, diesen Problemen heute mehr als früher Aufmerksamkeit zu widmen.

Wissenschaftliche Unredlichkeit ist stets Verhalten von Individuen, auch wenn sie nicht allein handeln. Dementsprechend fehlt es weder in den Analysen einzelner Fälle noch in generalisierenden Betrachtungen an individualpsychologischen Erklärungen bis hin zur Psychopathologie (33). Diese Erklärungen führen indessen schon vom Ansatz her nicht weiter, wenn die Frage aufgeworfen wird, welche allgemeinen Bedingungen wissenschaftliche Unredlichkeit begünstigen und welche Prävention möglich ist.

1. Normen der Wissenschaft

Unredlichkeit und bewußte Regelverstöße gibt es in allen Lebensbereichen. Die Wissenschaft, und speziell die Forschung sind aus mehreren Gründen gegenüber Unredlichkeit besonders empfindlich:

Forschung als Tätigkeit ist Suche nach neuen Erkenntnissen. Diese entstehen aus einer stets durch Irrtum und Selbsttäuschung gefährdeten Verbindung von Systematik und Eingebung. Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und gegenüber anderen ist eine Grundbedingung dafür, daß neue Erkenntnisse - als vorläufig gesicherte Ausgangsbasis für weitere Fragen (34) - überhaupt zustande kommen können. "Ein Naturwissenschaftler wird durch seine Arbeit dazu erzogen, an allem, was er tut und herausbringt, zu zweifeln, ... besonders an dem, was seinem Herzen nahe liegt" (35).

Forschung im idealisierten Sinne ist Suche nach Wahrheit. Wahrheit ist unlauteren Methoden kategorial entgegengesetzt. Unredlichkeit - anders als gutgläubiger Irrtum, der nach manchen wissenschaftstheoretischen Positionen essentiell für den Fortschritt der Erkenntnis ist, jedenfalls aber zu den 'Grundrechten' des Wissenschaftlers gehört (36) - stellt also die Forschung nicht nur in Frage, sie zerstört sie.

Forschung geschieht heute fast durchweg mit Blick auf einen engeren (innerwissenschaftlichen) und weiteren (gesellschaftlichen) sozialen Kontext: Forscher sind in der Zusammenarbeit wie im Wettbewerb aufeinander angewiesen. Sie können nicht erfolgreich sein, wenn sie einander - und ihren Vorgängern, sogar ihren Konkurrenten - nicht vertrauen können. "Wissenschaftlich ... überholt zu werden, ist ... nicht nur unser aller Schicksal, sondern unser aller Zweck. Wir können nicht arbeiten, ohne zu hoffen, daß andere weiter kommen werden als wir." Max Webers Ausspruch (37) gilt für Zeitgenossen nicht weniger als für Vor- und Nachfahren. So ist Ehrlichkeit nicht nur selbstverständliche Grundregel professioneller wissenschaftlicher Arbeit, "daß innerhalb der Räume des Hörsaals, nun einmal keine andere Tugend gilt als eben: schlichte intellektuelle Rechtschaffenheit" (37); sie ist das Fundament der Wissenschaft als eines sozialen Systems.

2. Wissenschaft als Beruf - heute

Schon im Jahr 1919, noch geraume Zeit vor dem Aufstieg der Vereinigten Staaten zur führenden Wissenschaftsnation, hat Max Weber in dem bereits zitierten Kontext gesagt: "Unser deutsches Universitätsleben amerikanisiert sich, wie unser Leben überhaupt, in sehr wichtigen Punkten, und diese Entwicklung, das bin ich überzeugt, wird weiter übergreifen ..." (37). A fortiori sind heute die USA das Land, in dem die Strukturen professioneller Wissenschaft und ihre Probleme am klarsten in Erscheinung treten und am besten dokumentiert sind (38). Schon die für einen großen Teil der aktuellen Verhältnisse grundlegende Tatsache, daß "90 Prozent aller jemals aktiven Wissenschaftler heute leben", wurde von einem Amerikaner zuerst veröffentlicht (39). Die USA waren auch das Land, in dem nach der beispiellosen Anstrengung des Manhattan-Projekts ein nationales staatliches Engagement für die Grundlagenforschung als intellektuelles Kapital gefordert (40) und verwirklicht wurde. Das nach der Gründung der National Science Foundation (1950) und der National Institutes of Health (1948) über Jahre stetig wachsende Engagement der amerikanischen Bundesregierung führte zu einem rapiden Wachstum des Forschungssystems im ganzen und zur Herausbildung der Forschungsuniversitäten, in denen ein erheblicher Teil der Gesamtaktivität über Projektmittel der Forschungsförderungsinstitutionen finanziert wird. Anders als in Deutschland können diese nicht nur das Gehalt des Projektleiters, sondern auch über die sogenannten "overheads" Infrastrukturkosten einschließlich der Mittel für die Verwaltung enthalten. Der Erfolg im Wettbewerb um diese Mittel entscheidet daher über Karrierechancen, Ausstattung und - kumulativ - über das Ansehen der Abteilung und der gesamten Universität. Wesentliches Kriterium für den Erfolg im Wettbewerb wurde die wissenschaftliche Produktivität, gemessen an ihren der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Ergebnissen. Damit geriet die Veröffentlichung im Lauf der Zeit in eine Doppelrolle: neben ihrer Funktion im wissenschaftlichen Diskurs und als Dokument neuen Wissens wurde sie Mittel zum Zweck, bald mehr gezählt als gelesen. Zugleich entwickelte sich in dem Maße, wie Forschungsergebnisse Grundlage von Anwendungen wurden, eine immer intensivere Wechselwirkung der 'akademischen' Forschung mit Anwendungsfeldern in der Industrie, im Gesundheitswesen, in der Politikberatung u.a.m. Neuerdings sieht man in den USA wiederum bedeutsame Änderungen: die über lange Jahre fraglos akzeptierte Bedeutung der Forschung als nationale Aufgabe geht zurück; die Wissenschaft wird zu einem Verbraucher staatlicher Mittel neben anderen und muß ihre Forderungen in der Konkurrenz zu anderen Bereichen der staatlichen Daseinsvorsorge rechtfertigen. Kooperationen mit Anwendern gewinnen - mit großen Unterschieden nach Disziplinen - noch weiter an Bedeutung; wissenschaftliche Ergebnisse werden immer öfter auch als Grundlage finanziellen Erfolgs gesehen (41).

Vieles aus dieser Schilderung läßt sich auf deutsche Verhältnisse übertragen. Die quantitative Entwicklung ist - berücksichtigt man die unterschiedlichen Größen der beiden Länder - durchaus ähnlich. Im Jahr 1920 zählte der Lehrkörper der Universitäten und vergleichbaren Einrichtungen in ganz Deutschland 5.403 Professoren und Dozenten (42). Die Zahl der Stellen für Professoren an Hochschulen stieg in Westdeutschland von rund 5.500 im Jahr 1950 auf rund 34.100 im Jahr 1995, die für "übriges wissenschaftliches Personal" von rund 13.700 auf 55.900. In ganz Deutschland gab es im Jahr 1996 rund 42.000 Stellen für Professoren und 72.700 Stellen für "übriges wissenschaftliches Personal" (43) an Hochschulen. In diesen Zahlen ist das nicht aus Stellen, sondern aus Mitteln Dritter finanzierte wissenschaftliche Personal nicht enthalten. Die staatlichen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in den Hochschulen machten ihrerseits rund ein Fünftel der Bruttoinlandsausgaben für F&E aus (44).

Die Zahlen veranschaulichen, daß akademische Forschung in Deutschland (wie in den übrigen entwickelten Ländern) sich in weniger als einem Jahrhundert von einer allein oder in kleinen Gemeinschaften betriebenen gelehrten Arbeit weithin zu großbetrieblichen Arbeits- und Organisationsformen entwickelt hat. Der Begriff der "Wissensproduktion" hat sich dafür eingebürgert; Veränderungen der Produktionsform werden heute in ähnlichen Kategorien diskutiert wie die der industriellen Produktion (45).

3. Wettbewerb

Wettbewerb ist Bestandteil des Wissenschaftssystems seit dem 17. Jahrhundert (46). Ging es damals darum, wer als erster eine Entdeckung gemacht und sie veröffentlicht hatte, erstreckt sich unter den heutigen Bedingungen der Forschungsfinanzierung der Wettbewerb auch auf die materielle Sicherung wissenschaftlicher Arbeit bis hin zum Fortbestand von Arbeitsgruppen und zu den Existenzgrundlagen der einzelnen Forscher. Neben den Wettbewerb der einzelnen Wissenschaftler, der sich auf fast allen Feldern im internationalen Rahmen abspielt, ist ein Wettbewerb der Institutionen und Nationen getreten (47). Anders als bei den Medaillenspiegeln der Sportwettbewerbe ist allerdings der Abstand zwischen der Goldmedaille und dem Feld sehr groß: Ein vom Erstentdecker veröffentlichtes Ergebnis zu bestätigen, bringt wenig Ehre. Es gibt keine Silbermedaillen, und die nationalen Rekorde werden international nicht beachtet. Um so wichtiger ist freilich die Nachprüfung veröffentlichter Ergebnisse durch andere, auf demselben Arbeitsgebiet kompetente Arbeitsgruppen.

In jeder Form des Wettbewerbs gibt es gezielte Regelverstöße, und ihre Wahrscheinlichkeit wächst mit der Intensität des Wettbewerbs ebenso wie mit dem Erfolgsdruck, unter dem sich Teilnehmer sehen. Unerträglicher Erfolgsdruck ist das Motiv, das beispielsweise William Summerlin, die zentrale Figur des ersten in den USA berühmt gewordenen neueren Fälschungsfalls, neben anderem anführte: "Immer wieder wurde ich aufgefordert, Versuchsdaten zu publizieren und Projektanträge ... zu erstellen. Dann kam eine Zeit im Herbst 1973, als ich keine neue überraschende Entdeckung vorzuweisen hatte und mir Dr. Good brutal eröffnete, daß ich ein Versager sei ... So stand ich unter extremem Produktionsdruck ..." (48).

Vor allem im amerikanischen System der Forschungsförderung, wo schon seit langem die Erfolgsquoten von Förderungsanträgen konsistent niedrig sind, muß die Motivation, durch regelwidriges Verhalten zum Erfolg zu kommen, hoch eingeschätzt werden. Unter vergleichbarem Druck sehen sich mittlerweile auch in Deutschland viele, vor allem junge, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Neben der Versuchung zum gezielten Regelverstoß kann Wettbewerbsdruck auch zu Nachlässigkeit und mangelnder Sorgfalt führen. Ein Kernstück wissenschaftlicher Methode ist aber der systematische Zweifel an den eigenen Ergebnissen. Experimente sollten gerade dann - und möglichst unabhängig - wiederholt werden, wenn sie das erhoffte Ergebnis bringen. Erfolgsdruck und Eile, das Bestreben, schneller als die Konkurrenz zu publizieren, sind eine Quelle schlecht abgesicherter Resultate, in der Praxis weit häufiger als Manipulationen und Fälschungen.

4. Veröffentlichungen

Forschungsergebnisse gelten seit den frühen neuzeitlichen Formen der Institutionalisierung von Wissenschaft im 17. Jahrhundert erst dann als anerkannt, wenn sie veröffentlicht und damit der Kritik und Überprüfung zugänglich gemacht worden sind. Dieses Prinzip ist heute unverändert gültig; es begegnet jedoch mehreren Schwierigkeiten:

Zum einen ist im Gefolge des exponentiellen Wachstums des Wissenschaftssystems auch die Zahl der Veröffentlichungen exponentiell gewachsen und hat schon vor langer Zeit unüberschaubare Ausmaße angenommen (49).

Zum anderen hat der Gebrauch der Publikationen als Erfolgskriterium im Wettbewerb der Wissenschaftler um Karrierechancen, Forschungsmittel etc. seinerseits zu einer Vermehrung der Veröffentlichungen geführt und zur Aufteilung ihres Inhalts in immer kleinere Einheiten, die mit Begriffen wie dem "publish or perish"-Prinzip oder der LPU (least publishable unit) zwar seit langer Zeit kritisiert wird, sich aber nicht verringert hat.

Weiterhin hat auch die Zahl der Veröffentlichungen, an denen mehrere Autoren beteiligt sind, in diesem Jahrhundert rapide zugenommen. Das hat nicht nur den objektiven Grund, daß in nahezu allen Wissenschaftszweigen mit Ausnahme der Geisteswissenschaften Kooperation zu einer notwendigen Erfolgsbedingung wissenschaftlicher Arbeit geworden ist, sondern auch den opportunistischen Grund, daß die Länge einer Publikationsliste zu einem ebenfalls kritisierten, aber gleichwohl häufig angewendeten Kriterium für den wissenschaftlichen Rang eines Forschers geworden ist.

Seit dem späten 17. Jahrhundert besteht der Brauch, neue Forschungsergebnisse vor der Veröffentlichung kritisch zu diskutieren. Alle angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlichen heute nur solche Arbeiten, die von sachverständigen Gutachtern auf ihre Validität und Originalität geprüft worden sind. Oft enthalten die regelmäßig veröffentlichten Hinweise für Autoren eine Beschreibung des Begutachtungsprozesses und Angaben über Fristen und Erfolgsquoten (Anteil der angenommenen Arbeiten an den eingereichten), die bei als führend geltenden Zeitschriften wie "Nature" oder "Science" bei 10 Prozent oder darunter liegen (50).

Die Begutachtung ist in doppelter Weise eine kritische Phase für Publikationsmanuskripte:

Einerseits birgt sie Gefahren für die Autoren, weil urheberrechtlich oder patentrechtlich noch ungeschützte Ideen, Forschungsergebnisse und Formulierungen an Personen weitergegeben werden, deren Identität die Autoren in der Regel nicht kennen (fast alle derartigen Begutachtungsverfahren sind anonym, und wenige Gutachter durchbrechen von sich aus die Anonymität) und die ihre unmittelbaren Konkurrenten sein können. Typische Vorsichtsmaßnahmen der Zeitschriftenherausgeber sind sorgfältige Auswahl der Gutachter unter Vermeidung von Angehörigen derselben 'Schule' und ihrer erklärten Gegner, die Verpflichtung der Gutachter auf Vertraulichkeit und Offenlegung von Befangenheit und die Setzung kurzer Fristen für die Begutachtung.

Andererseits ist argumentiert worden, die Gutachter müßten Datenmanipulationen und Fälschungen zuverlässig erkennen können und seien im Rahmen ihrer Prüfung dazu auch moralisch verpflichtet. Faktisch trifft dieses Argument die Wirklichkeit nur begrenzt. Herausgeber und Gutachter entdecken in der Tat viele Ungereimtheiten mit der Folge, daß Publikationsmanuskripte nachgebessert werden oder (zumindest in der betreffenden Zeitschrift) nicht erscheinen. Auch gibt es aktuelle Überlegungen von Herausgebern führender Zeitschriften, wie der Umgang mit Unregelmäßigkeiten in eingereichten Manuskripten und in Publikationen verbessert werden kann (20). Die Erwartung einer stets wirksamen Identifizierung von Unregelmäßigkeiten geht jedoch fehl: Weder stehen den Gutachtern die Originaldaten zur Verfügung, noch hätten sie die Zeit, die Experimente oder Beobachtungen zu wiederholen, selbst wenn dies regelmäßig möglich wäre. Auch in diesem Stadium wissenschaftlicher Selbstkontrolle ist das wechselseitige Vertrauen eine wesentliche Grundlage des Systems. Eben dadurch ist es so verletzlich durch unredliches Verhalten.

Wahrscheinlicher ist die Entdeckung von Unregelmäßigkeiten bei der Überprüfung publizierter Ergebnisse durch andere Gruppen. Nach Schätzungen werden zwischen einem Promille und einem Prozent veröffentlichter Arbeiten korrigiert oder zurückgezogen, nachdem ihre Validität angezweifelt wurde. Darüber, inwieweit in solchen Fällen Irrtum oder Täuschung die Ursache ist, gibt es keine Daten. Zweifel werden den Autoren im Regelfall von Kollegen unmittelbar mitgeteilt. Die Herausgeber von Zeitschriften haben, wenn ihnen Zweifel informell bekannt werden, wenig Handlungsspielraum. Die Veröffentlichung von Korrekturen unterliegt, wenn nicht alle Autoren einer Arbeit sie gemeinsam verantworten, juristischen Risiken (51).

5. Quantitative Leistungsmessung

Die bisher geschilderten Anfälligkeiten des Wissenschaftssystems gegenüber Unredlichkeit in ihren verschiedenen Formen sind in den letzten beiden Jahrzehnten durch die breite Einführung computergestützter Literaturnachweisverfahren und ihre zunehmende Nutzung zur Bewertung wissenschaftlicher Leistungen und Leistungsfähigkeit vermehrt worden. Die inhaltsreichste und am häufigsten genutzte Datenbasis dafür ist der Science Citation Index, der vom Institute for Scientific Information (ISI) in Philadelphia veröffentlicht wird. Er erlaubt es, die Wirkung von Veröffentlichungen anhand ihrer Zitierungen quantitativ darzustellen, und obgleich methodische Einzelheiten nach wie vor in Zeitschriften wie "Scientometrics" diskutiert werden, sind Zitatenanalysen aus der Praxis der Bewertung von Forschungsleistungen nicht mehr wegzudenken und spielen, wie jüngste Veröffentlichungen zeigen (52) eine wachsende Rolle in der Gestaltung der Forschungspolitik in verschiedenen Ländern. Auch die Beobachtung der wissenschaftlichen Entwicklung durch die Analyse, zu welchen Themen besonders extensiv publiziert wird und welche Arbeiten besonders häufig zitiert werden, ist auf dieser Grundlage gut möglich und trägt inzwischen eine eigene Zeitschrift "Science Watch".

Neben der Wirkung der wissenschaftlichen Arbeiten von Einzelpersonen, Gruppen, Fachbereichen/Fakultäten und ganzen Ländern kann über die Zitierhäufigkeit auch die Wirkung von Zeitschriften berechnet werden ("journal impact factor"); er wird vom ISI jährlich veröffentlicht und gilt weithin als Maß der Anerkennung - mittelbar also der Qualität - einer Zeitschrift. So hat z.B. "Nature" den impact factor 27, das "Journal of Biological Chemistry" 7,4 und "Arzneimittelforschung" 0,5. In der Begutachtung von Forschungsanträgen spielt regelmäßig die 'Publikationsleistung' der Antragsteller eine entscheidende Rolle. Schon immer war es ein Kriterium, inwieweit ein Antragsteller und seine Gruppe in "guten" Zeitschriften mit Gutachtersystem (und nicht lediglich "abstracts" in Kongreßberichten oder Beiträge in Sammelbänden ohne Begutachtung) veröffentlicht hatten. Seit der "journal impact factor" eine bequeme Quantifizierung ermöglicht, wird er von Gutachtern zur Bewertung von Leistungen mit zunehmender Häufigkeit verwendet.

Diese Praxis begegnet Bedenken, die in jüngster Zeit stärker artikuliert werden (53). Die Bedenken sind aus mehreren Gründen berechtigt:

Zum einen hängt die Zitierhäufigkeit offenkundig nicht nur vom Ansehen einer Zeitschrift oder einer Arbeitsgruppe ab, sondern vor allem von der Größe der Gruppe von Wissenschaftlern, die sich für das Thema interessiert. Spezialisierte Zeitschriften haben geringere "impact factors" als solche mit breiter Leserschaft; in einem kleinen Fach gelten andere quantitative Maßstäbe als in einem großen. Ein Assyriologe und ein Germanist wären mit dem "impact factor" auch dann schlecht vergleichbar, wenn die Publikationsgewohnheiten in beiden Fächern gleich wären. Auch die fachspezifischen Publikationsgewohnheiten spielen für die Vergleichbarkeit eine große Rolle: der Publikationsrhythmus ist in der Halbleiterphysik ein anderer als in der molekularen Entwicklungsbiologie. So wird in Arbeiten zur Methodik bibliometrischer Analysen immer wieder betont, daß nur Vergleichbares verglichen werden darf (54).

Zum anderen delegiert ein Gutachter, der sich in der Bewertung lediglich auf Publikationszahlen und (etwa im "impact factor" ausgedrückte) Zitierhäufigkeiten stützt, seine Verantwortung vollständig auf die jeweiligen Zeitschriften und ihre Leser. Auch bedarf es für das Zählen von Publikationen und das Nachschlagen von "impact factors" bei weitem nicht derselben Kompetenz, die zur Beurteilung der Qualität des Inhalts einer Veröffentlichung erforderlich ist. Ein Gutachter, der sich auf ersteres beschränkt, macht sich damit letztlich überflüssig.

Außerdem verdient Beachtung, daß alle (lediglich oder vorwiegend) quantitativen Verfahren der Leistungsbewertung dem "publish or perish"-Prinzip mit allen seinen bekannten Nachteilen zu noch breiterer Geltung verhelfen.

Schließlich muß bedacht werden, daß das Bewußtsein von der Verwendung des Zitats als Einfluß- und (trotz aller methodischen Bedenken) als Qualitätsmaß für die zitierte Publikation und ihre Autoren seinerseits verhaltenssteuernd wirken und zu Mißbräuchen (z.B. Zitierkartellen) führen kann.

6. Organisation

Forschung in Universitäten und universitätsnahen Forschungsinstituten dient in aller Regel zugleich der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Erfolgreiche Forscher erinnern sich mit großer Regelmäßigkeit daran, wie sie in einem gut geführten, wissenschaftlich anspruchsvollen Arbeitskreis selbständig geworden sind (55). Doch gibt es nicht nur solche Verhältnisse. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler klagen häufig über mangelnde Betreuung, über unzureichende Anleitung, über Ausnutzung durch Vorgesetzte (bis hin zu dem Vorwurf, die wesentlichen Bestandteile von Publikationen erarbeitet zu haben, ohne als Autoren mitberücksichtigt zu werden) und über eine Atmosphäre von Konkurrenzdruck und wechselseitigem Mißtrauen in ihrer Umgebung. Ein immer wieder genanntes Problem in solchen Situationen ist das Fehlen zugänglicher, neutraler Ansprechpartner, mit denen Sorgen und Probleme erörtert werden können, ohne die Furcht haben zu müssen, daß Kritik zum Verlust des Arbeitsplatzes führt.

Als besonders problematisch hat die Kommission die Verhältnisse in der klinischen Forschung identifiziert. Die Probleme, die auch im Ausland beschrieben werden (56), wirken sich in Deutschland dadurch besonders stark aus, daß die Ausbildung der Studierenden im Fach Humanmedizin für sich allein keine geeigneten Grundlagen für eine eigenständige wissenschaftliche Tätigkeit vermittelt (57). Dementsprechend sind viele medizinische Promotionsleistungen (ausgenommen die wachsende Zahl der auf experimentelle Arbeiten gestützten Dissertationen) Pflichtübungen, die wissenschaftlichen Maßstäben, wie sie in den medizinischtheoretischen Disziplinen und in den Naturwissenschaften gelten, nicht genügen; das ist ein Grund dafür, daß in den Statistiken über akademische Prüfungen die Promotionen im Fach Humanmedizin stets gesondert ausgewiesen werden. Auch wenn junge Ärztinnen und Ärzte, die wissenschaftlich arbeiten wollen, ihre Beherrschung der wissenschaftlichen Grundlagen der Medizin und der in den Grundlagenfächern verwendeten Methoden und Techniken - z.B. durch einen Aufenthalt im Ausland nach der Promotion - verbessert haben, sind die Arbeitsabläufe in den meisten Hochschulkliniken für alle ärztlichen Mitarbeiter - in aller Regel vom Arzt im Praktikum bis zum Direktor der Klinik - so beanspruchend, daß eine produktive wissenschaftliche Tätigkeit auf internationalem Niveau schwer zu erreichen ist (sogenannte "Feierabendforschung"). Diese Überlastung begünstigt auch Organisationsmängel in der Aufsicht und in der Kommunikationsstruktur von Arbeitsgruppen.

Wissenschaftliche Leistung ist auch in der klinischen Medizin Karrierevoraussetzung. Sie ist jedoch strukturell durch die Überlast der klinischen Aufgaben, durch den Mangel an Breite der Führungsstruktur der Kliniken und durch die Seltenheit von Positionen für Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler mit Aussicht auf eine stabile Lebensperspektive in den Kliniken weit mehr erschwert als in anderen Disziplinen. Eine straffe hierarchische Führungsstruktur, wie sie den klinischen Betrieb charakterisiert, ist für die Forschung und die hier zu leistenden Aufgaben der Anleitung und der Qualitätssicherung nicht notwendig förderlich. Modelle delegierter und geteilter Verantwortung, wie sie in den von der DFG geförderten Klinischen Forschergruppen und in manchen Sonderforschungsbereichen etabliert worden sind, bieten Beispiele für eine forschungsdienlichere Organisation. Sie sind auch geeignet, für die notwendige Ausbildung des klinischwissenschaftlichen Nachwuchses eine bessere Umgebung zu schaffen.

7. Rechtsnormen und wissenschaftliche Normen

Die Bundesrepublik Deutschland hat - anders als viele westliche Staaten - die Freiheit der Forschung im Grundgesetz als Bestandteil ihrer verfassungsrechtlichen Ordnung verankert. Für die Ausübung von Wissenschaft gibt es zahlreiche - die Forschungsfreiheit im Einzelfall durchaus einengende - spezialgesetzliche Regelungen vom Tierschutzgesetz über das Gentechnikgesetz bis zum Chemikaliengesetz, dem Bundesdatenschutzgesetz und dem Arzneimittelgesetz (58). Das Verhältnis der wissenschaftsinternen Normen, die wissenschaftliches Fehlverhalten von regelgerechter wissenschaftlicher Arbeit abzugrenzen erlauben, zur Verfassungsnorm der Forschungsfreiheit ist dagegen noch wenig geklärt (59). Auch das Hochschulrecht enthält wenig einschlägige Bestimmungen, sieht man von Selbstverständlichkeiten wie dem Verbot der Beeinträchtigung der Rechte und Pflichten anderer Hochschulmitglieder allgemein (§ 36 V HRG) und etwa durch Forschung mit Mitteln Dritter (§ 25 II HRG) ab.

Das Hochschulrecht bietet den Universitäten im Prinzip durchaus hinreichende Möglichkeiten, bei Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens tätig zu werden und im Bedarfsfall auch hochschulinterne Sanktionen zu verhängen, wobei das Disziplinarrecht unberührt bleiben kann. Schwierigkeiten zeigen sich allerdings dann, wenn die von einer Universität getroffenen Maßnahmen Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen werden (8, 32). Nicht nur die Dauer des Verfahrens, sondern auch Unsicherheiten in der Interpretation und Anwendung der hochschulrechtlichen Bestimmungen sowie in der Berücksichtigung außerrechtlicher wissenschaftlicher Normen wie z.B. des gewissenhaften Umgangs mit Originaldaten erscheinen problematisch.

Auf der Ebene der Forschungsförderungsorganisationen ist zu fragen, inwieweit sie durch eigene Richtlinien und Verfahren hinreichend auf den Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten eingerichtet sind.

Schon die Vorbereitung dieser Empfehlungen hat gezeigt, daß die Erfahrungen anderer Institutionen, in diesem Fall aus dem Ausland, mit der Stärkung guter wissenschaftlicher Praxis und der Bestimmung von Definition und Verfahren im Umgang mit Fehlverhalten wichtige Anregungen für eigene Ansätze bieten können. Nach einer gewissen Anfangsphase könnte ein derartiger Erfahrungsaustausch auch unter deutschen Institutionen der Wissenschaft, d.h. Hochschulen und Forschungsinstituten, zu einer sinnvollen und umsichtigen Weiterentwicklung der praktischen Umsetzung dieser Empfehlungen beitragen. Ein Treffen von Fachleuten in ein bis zwei Jahren nach der Publikation dieser Empfehlungen könnte von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder einer anderen interessierten Institution ausgerichtet werden. Sein Ausgang wäre um so reichhaltiger, je mehr die Hochschulen und Institute bis dahin bereits in die Praxis umgesetzt und von ihren Erfahrungen möglichst systematisch aufbewahrt haben.

III. Ausländische Erfahrungen

1. USA

Die weitaus meisten in einer breiteren Öffentlichkeit bekanntgewordenen Vorwürfe wissenschaftlicher Unredlichkeit sind in den USA erhoben (und zu einem kleineren Teil auch bestätigt) worden. Die Verhältnisse dort sind gut zugänglich dokumentiert (21, 28) und müssen daher hier nur kurz zusammengefaßt werden.

Aufgrund der Besonderheiten der Finanzierungsstruktur der akademischen Forschung in den USA war bei sämtlichen Fällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, die seit dem Ende der siebziger Jahre bis in die Gegenwart dort öffentlich diskutiert worden sind, mindestens eine der beiden großen nationalen Förderungsorganisationen involviert. Dies sind

  • die National Science Foundation (NSF), die seit 1950 mit einem Jahresetat von derzeit rund 4 Milliarden Dollar Forschung vor allem in den Ingenieur- und Naturwissenschaften, aber auch in den Verhaltenswissenschaften (einschließlich der Linguistik, der Psychologie und der Sozialwissenschaften) fördert, daneben Programme zur Ausbildung in den Naturwissenschaften betreibt; die NSF hat keine eigenen Institute. Sie ist eine selbständige Bundesbehörde, die keinem Ressort zugeordnet ist;
  • die National Institutes of Health (NIH), deren Anfänge bis ins Jahr 1888 zurückgehen und die unter ihrem heutigen Namen seit 1948 bestehen (60); sie betreiben in 13 eigenen Instituten biologische und medizinische Forschung, sind aber zugleich mit einem Anteil von rund 80 Prozent Projektmitteln an ihrem Gesamtetat von derzeit fast 14 Milliarden Dollar die größte Forschungsförderungsorganisation der Welt. Sie sind eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Department of Health and Human Services (DHHS).

Die NSF (1987) und die NIH (1989) haben ähnliche, aber nicht identische Definitionen von "scientific misconduct" und Regeln zum Umgang damit veröffentlicht. Sie sind für alle Institutionen bindend, die Fördermittel in Anspruch nehmen wollen. Diese müssen nachweisen, daß sie ein internes Verfahren etabliert haben, wie mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens umgegangen wird.

Die Verantwortung für die Behandlung von Vorwürfen liegt damit in erster Linie bei den Universitäten (ebenso: Forschungsinstituten, Unternehmen etc.). Die großenteils nach einem von der Association of American Universities ausgearbeiteten Muster (61) entwickelten Regeln sehen typischerweise ein zweistufiges Verfahren vor:

  • In einer informellen Voruntersuchung (inquiry) wird geklärt, ob Anlaß besteht, eine förmliche Untersuchung (investigation) einzuleiten.
  • Förmliche Untersuchungen, meist in der Verantwortung zentraler Universitätsorgane organisiert, dienen der Klärung des Sachverhalts; anschließend wird eine Entscheidung getroffen, ob und gegebenenfalls welche Sanktionen (in der Spannweite von Abmahnung bis Entlassung) verhängt werden. In diesem Stadium hat der/die Beschuldigte in der Regel das Recht auf anwaltlichen Rat.

Sowohl NSF als auch NIH verlangen, daß Beginn und Abschluß jeder förmlichen Untersuchung, bei der Projektmittel von ihnen involviert sind, ihnen angezeigt wird. Zuständig ist bei der NSF der Inspector General, ein in der NSF selbst angesiedeltes, unmittelbar dem National Science Board als Aufsichtsgremium unterstehendes und auch für die Rechnungsprüfung der Zuwendungen verantwortliches Organ (OIG). Für die NIH wird das Office of Research Integrity (ORI) tätig, eine im Department of Health and Human Services (dem vorgesetzten Ministerium) angesiedelte Behörde mit Jurisdiktion für alle Bereiche des Public Health Service außer der Food and Drug Administration (FDA). OIG und ORI können das Verfahren an sich ziehen oder nach dessen Abschluß eigene Ermittlungen veranstalten. Das ORI hat für die zuständigen Stellen der Institutionen, die Mittel der NIH verwalten, einen detaillierten Leitfaden entwickelt, wie mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens umzugehen ist (62).

Nach Abschluß des inneruniversitären Verfahrens befinden das ORI und das OIG jeweils über die ihrerseits zu verhängenden Sanktionen. Während das ORI hier selbst tätig wird (gegen seine Maßnahmen ist ein Berufungsverfahren zu einem Departmental Appeals Board im DHHS möglich), unterbreitet das OIG dem Deputy Director der NSF zusammen mit dem Untersuchungsbericht einen Vorschlag, der dort unabhängig geprüft wird, ehe Sanktionen angekündigt und dann gegebenenfalls verhängt werden. Sanktionen können beispielsweise sein

  • Ausschluß von der Antragsberechtigung, typischerweise für drei bis fünf Jahre, für Anträge auf Forschungsförderung,
  • Ausschluß aus den Gutachtergremien,
  • Auflagen für die Antragstellung, typischerweise in Gestalt von Aufsichtspflichten der Institution, an der die Arbeiten durchgeführt werden sollen, meist für mehrere Jahre,
  • Verpflichtung, bestimmte Publikationen zurückzuziehen oder zu korrigieren.

OIG und ORI veröffentlichen regelmäßige Tätigkeitsberichte (30). Danach werden Sanktionen in einer Bandbreite zwischen 10 und 50 Prozent aller Fälle verhängt, und zwar fast immer in Form einer freiwilligen Übereinkunft. In einem sehr spektakulären Fall sprach das Departmental Appeals Board Mitte 1996 - zehn Jahre nach Bekanntwerden der Vorwürfe - eine beschuldigte Wissenschaftlerin frei.

Eine eingehende Diskussion galt und gilt in den USA der Definition von "scientific misconduct". Wissenschaftlichen Fehlverhaltens macht sich nach der insoweit übereinstimmenden Definiton der NIH und der NSF schuldig, wer

bei der Antragstellung auf Mittel, in der Durchführung oder in Berichten über Ergebnisse von der jeweiligen Institution finanzierter Arbeiten Tatsachen frei erfindet oder fälscht oder fremdes geistiges Eigentum plagiiert oder in anderer Weise von der allgemein akzeptierten Praxis wissenschaftlicher Arbeit in schwerwiegender Weise abweicht (63).

Bei der NSF folgt hierauf noch eine Schutzklausel für gutgläubige Informanten.

Gegenstand der Auseinandersetzung ist die Unbestimmtheit der Klausel "oder in anderer Weise ... in schwerwiegender Weise abweicht". Dagegen wird politisch mit der Gefahr von Behördenwillkür argumentiert, verfassungsrechtlich mit dem Bestimmtheitsgebot (64), und sachlogisch mit der Forderung, eine Definition wissenschaftlichen Fehlverhaltens müsse sich auf Verstöße gegen Grundregeln des Wissenschaftssystems beschränken und nicht Tatbestände von Fehlverhalten einschließen, die bereits anderweitig rechtlich sanktioniert sind. Dagegen wird vor allem seitens der NSF argumentiert, die Definition sei gerade in diesem Punkt besonders wissenschaftsnah indem sie sich auf (ggf. fachspezifische) Normen der jeweiligen wissenschaftlichen Gemeinschaft stütze. Im Lauf der Jahre wird diese Argumentation von der NSF ausgebaut: Die gravierende Abweichung von den Normen korrekter wissenschaftlicher Arbeit sei der Kern der Definition, die zuvor genannten Tatbestände seien lediglich (empirisch am häufigsten belegte) Beispiele dafür. Eine Beschränkung auf "FFP" (Fabrikation von Resultaten, Fälschung, Plagiat) sei legalistisch, treffe einige gravierende Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens (z.B. Indiskretion eines Gutachters) nicht und verschiebe im übrigen das Problem lediglich auf die Definition der Einzelbestandteile von "FFP" (65). Die Diskussion in den USA ist noch nicht abgeschlossen (66).

Es bleibt anzumerken, daß die Unbestimmtheit der Definition in den USA, soweit bekannt, bislang in der Anwendung nicht zu Kontroversen geführt hat, im Gegensatz zu teilweise massiver Kritik an der konkreten Untersuchungs- und Spruchpraxis des ORI.

Die kanadischen Forschungsförderungsorganisationen haben im Jahr 1994 in einer gemeinsamen Erklärung ähnliche, aber weniger detailliert formulierte Grundsätze beschlossen, wie sie in den USA gelten.

2. Dänemark

Als erstes europäisches Land hat Dänemark im Jahr 1992 auf Initiative des Dänischen Medizinischen Forschungsrates (DMRC) ein nationales Gremium zur Behandlung von Vorwürfen wissenschaftlicher Unredlichkeit (scientific dishonesty) gebildet (Danish Committee on Scientific Dishonesty, DCSD). Die Einsetzung folgte Empfehlungen einer Arbeitsgruppe des DMRC, die sich ausführlich mit den Ursachen, der Phänomenologie und den Folgen von wissenschaftlicher Unredlichkeit befaßt hat (67). Ähnlich wie die National Science Foundation sieht die Arbeitsgruppe den Kern wissenschaftlicher Unredlichkeit in der Absicht, andere zu täuschen. Diese führe zu vielerlei einzelnen Tatbeständen, die prinzipiell unterschiedlich gravierend seien, aber auch im Einzelfall unterschiedlichen Schweregrad haben könnten. Als Beispiele für Tatbestände, die eine förmliche Untersuchung grundsätzlich rechtfertigen oder erfordern, nennt sie absichtliche Fälle

  • der Erfindung von Ergebnissen (fabrication of data),
  • selektiven Ausblendens und Verschweigens 'unerwünschter' Ergebnisse und
  • ihrer Substitution durch erfundene Ergebnisse,
  • mißbräuchlicher Anwendung statistischer Verfahren in der Absicht, Daten in ungerechtfertigter Weise zu interpretieren,
  • verzerrter Interpretation von Ergebnissen und ungerechtfertigter Schlußfolgerungen,
  • des Plagiats fremder Ergebnisse oder Veröffentlichungen,
  • verzerrter Wiedergabe fremder Forschungsergebnisse,
  • falscher oder ungerechtfertigter Zuweisung von Autorschaft,
  • von Irreführung in Förderungsanträgen oder Bewerbungen.

Als Beispiele für Tatbestände minderen Schweregrads nennt die Arbeitsgruppe

  • nicht offengelegte Mehrfachveröffentlichungen und andere Formen der 'Wattierung' von Publikationslisten,
  • Bekanntgabe von Forschungsergebnissen an die Laienöffentlichkeit vor der regelgerechten Veröffentlichung im wissenschaftlichen Schrifttum,
  • Nichterwähnung früherer Beobachtungen anderer Forscher,
  • Nichtberücksichtigung von Mitarbeitern als Mitautoren trotz ihrer Beiträge zu einer Veröffentlichung.

In diesem Zusammenhang diskutiert die Arbeitsgruppe auch Schnittmengen der betrachteten Tatbestände zu strafrechtlichen (Betrug, Urkundenfälschung) oder zivilrechtlichen (Plagiat) Delikten.

Das DCSD hat den zuerst genannten Katalog von Tatbeständen (ausdrücklich als nicht abschließend gekennzeichnet) im wesentlichen in seine Statuten übernommen. Sein Tätigkeitsbereich war bis 1996 durch die Zuständigkeit des DMRC definiert. Seine Hauptaufgabe ist die Tatsachenaufklärung der ihm vorgelegten Vorwürfe, wobei über jeden abgeschlossenen Fall ein Bericht verfaßt wird. Strafrechtlich relevante Fälle werden an die Strafverfolgungsbehörden abgegeben. In anderen Fällen kann das Komitee den beteiligten Personen und Institutionen Empfehlungen geben. Das Komitee und seine Mitglieder sehen sich außerdem verpflichtet, sich in Vorträgen und Publikationen für Prinzipien der "good scientific practice" einzusetzen. Seine Jahresberichte enthalten zahlreiche Veröffentlichungen zu Einzelfragen guter wissenschaftlicher Praxis und der Abweichungen davon und ihrer Bewertung. Dem Komitee gehören unter dem Vorsitz eines Richters am obersten dänischen Gericht sieben weitere Mitglieder an, die von verschiedenen Universitäten und Wissenschaftsorganisationen bestimmt werden.

Im Lauf des Jahres 1996 wurde das DCSD ohne Veränderung seiner Prinzipien dem Forschungsministerium unmittelbar unterstellt, womit eine Ausdehnung seiner Zuständigkeit auf alle Wissenschaftsgebiete, wie sein Vorsitzender sie im Jahresbericht 1996 vorgeschlagen hatte, vorbereitet worden ist.

Das DCSD ist Vorbild für großenteils analoge, aber weniger detailliert ausgearbeitete Regelungen in den anderen skandinavischen Ländern geworden.

3. Großbritannien

Ähnlich wie in Dänemark hat in Großbritannien der Medical Research Council (MRC) - soweit bekannt - als erste Institution die Initiative ergriffen, Regeln für korrektes wissenschaftliches Verhalten zu veröffentlichen (68) und Regeln für den Umgang mit Vorwürfen von Fehlverhalten zu kodifizieren. Der MRC, gegründet 1913, betreibt biologische und medizinische Forschung in eigenen Research Units und fördert auf Antrag medizinische Forschungsvorhaben in Universitäten. Er erwartet von seinen Instituten ebenso wie von den geförderten Institutionen, daß Verhaltensregeln formuliert und bekanntgegeben werden. Dafür hat er neben den genannten allgemeinen Richtlinien Empfehlungen zu verschiedenen medizinethischen Fragen - so z.B. zur Forschung mit nicht entscheidungsfähigen Personen - veröffentlicht. Die Richtlinien des MRC hatten maßgeblichen Einfluß auf eine Entschließung der European Medical Research Councils, eines ständigen Ausschusses der European Science Foundation, zum Thema "Misconduct in Medical Research" (69).

Anders als in Dänemark erwartet der MRC, daß Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens (so wie in den USA) in den einzelnen betroffenen Institutionen behandelt werden. Sein Regelwerk (70) sieht ein dreistufiges Verfahren vor, dessen erste Stufe die Unterrichtung des/der Beschuldigten über die Vorwürfe mit Gelegenheit zur Stellungnahme bildet. Das Verfahren folgt im übrigen den bereits dargelegten Grundsätzen, die in den meisten amerikanischen Institutionen gelten. Sanktionen reichen von der Versetzung aus dem Projekt, in dem Fehlverhalten beobachtet wurde, über eine dienstliche Abmahnung bis zur fristlosen Entlassung. Wie in den USA, so ist auch beim MRC eine Berufungsinstanz in Gestalt eines Ausschusses vorgesehen, der vom Executive Director des MRC eingesetzt wird.

Anmerkungen

(3) (1) Zusammenfassend: Robert Koenig: Panel Calls Falsification in German Case 'Unprecedented', Science 277, 894, 1997

(2) Derek Bok: Beyond the Ivory Tower. Social Responsibilities of the Modern University, Cambridge, Mass.: Harvard University Press 1982

(3) http://www.gdch.de

(4) Hans Heinrich Trute: Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, Tübingen: Mohr 1994

(5) Hubert Markl: Wissenschaft im Widerstreit, Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft 1990, S. 7-21

(6) Hochschulrektorenkonferenz: Zum Promotionsstudium. Entschließung des 179. Plenums der HRK, Bonn 1996. Dokumente zur Hochschulreform 113/1996

(7) Danish Committee on Scientific Dishonesty: Guidelines for Data Documentation, in: DCSD Annual Report 1994, København: The Danish Research Councils 1995

(8) Bundesverwaltungsgericht: Urteil vom 11.12.1996, 6 C 5.95, NJW 1997, S. 1996ff.

(9) ebenda S. 16, S. 21 (NJW 1997, S. 1996 unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. BVerfGE 90, 1ff., 11)

(4) (10) ebenda S. 12, NJW 1997, S. 1998

(11) AAAS-ABA National Conference of Lawyers and Scientists. Project on Scientific Fraud and Misconduct; Berichte über drei Workshops in den Jahren 1987 bis 1988, erschienen 1988-89, Washington D.C.: American Association for the Advancement of Science

(12) Max-Planck-Gesellschaft: Verfahren bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten - Verfahrensordnung -, Beschluß des Senats vom 14.11.1997, Typoskript

(13) Wissenschaftsrat: Zur Förderung von Wissenschaft und Forschung durch wissenschaftliche Fachgesellschaften, Typoskript Drs. 823/92, Köln 1992

(14) Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen, DGS-Informationen 1/93, S. 13 ff.

(15) Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft: Standards erziehungswissenschaftlicher Forschung, in: Barbara Friebertshäuser, Annedore Prengel (Hrsg.): Handbuch quantitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft, Weinheim: Juventa Verlag 1997, S. 857-863

(16) Deutsche Physikalische Gesellschaft: DPG-Presseinformation 25/97, November 1997

(17) H. Burchardi: Die Ethikkommissionen als Instrument der Qualitätssicherung in der klinischen Forschung, Intensivmedizin 34, 352-360, 1997

(18) Erwin Deutsch: Arztrecht und Arzneimittelrecht, Heidelberg: Springer (2) 1991, S. 1ff., S. 155

(19) International Committee of Medical Journal Editors: Uniform Requirements für Manuscripts Submitted to Biomedical Journals, zitiert nach: New England Journal of Medicine 336, 309-315, 1997

(20) Nigel Williams: Editors Seek Ways to Cope With Fraud, Science 278, 1221, 1997

(21) Stefanie Stegemann-Boehl: Fehlverhalten von Forschern. Eine Untersuchung am Beispiel der biomedizinischen Forschung im Rechtsvergleich USA-Deutschland, Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1994 (Medizin in Recht und Ethik, Band 29), Seite 94

(22) ebenda S. 272ff.

(23) ebenda S. 160f

(5) (24) Deutsche Forschungsgemeinschaft: Richtlinien für die Fachgutachterinnen und Fachgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft. DFG-Vordruck 1.21 (Ausgabe 11/97), http://www.dfg.de

(25) Nach den Empfehlungen aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft war dem ORI ursprünglich eine durchaus ähnliche Rolle zugedacht; vgl. Institute of Medicine: The Responsible Conduct of Research in the Health Sciences. Report of a study, Washington D.C.: National Academy Press 1989

(26) Wolfgang Frühwald: Ein Ombudsman für die Wissenschaft?, forschung - Mitteilungen der DFG 2-3, 1997, S. 3

(27) Allan Mazur: The experience of universities in handling allegations of fraud or mis-conduct in research, in: AAAS-ABA National Conference of Lawyers and Scientists, Project on scientific fraud and misconduct. Report on workshop number two. Washington D.C.: American Association for the Advancement of Science, 1989, 67-94

(28) Zusammenfassend: Panel on Scientific Responsibility and the Conduct of Research. Committee on Science, Engineering and Public Policy. National Academy of Sciences. National Academy of Engineering. Institute of Medicine: Responsible Science. Ensuring the Integrity of the Research Process, 2 Bände, Washington D.C.: National Academy Press, 1992-93

(29) Patricia K. Woolf: Deception in Scientific Research, in: AAAS-ABA National Conference of Lawyers and Scientists, Project on scientific fraud and misconduct. Report on workshop number one. Washington D.C.: American Association for the Advancement of Science, 1988, 37-86

(30) Office of Inspector General: Semiannual Report to Congress, Washington D.C.: National Science Foundation 1 (1989) ff.; Office of Research Integrity. Annual Report, Washington D.C.: Department of Health and Human Services. Office of the Secretary. Office of Public Health and Science, 1994 ff.

(31) The Danish Committee on Scientific Dishonesty: Annual Report 1993, 1994, 1995, 1996, København:The Danish Research Councils; teilweise auch verfügbar bei http://www.forskraad.dk

(32) Verwaltungsgericht Düsseldorf: Beschluß vom 11.4.1997, 15 L 4204/96

(33) Alexander Kohn: False Prophets, Oxford: Basil Blackwell 1986, u.a. S. 193 ff.

(34) Karl R. Popper: Logik der Forschung (1934), Tübingen: Mohr , 2. Auflage 1968

(35) Heinz Maier-Leibnitz: Über das Forschen, in ders.: Der geteilte Plato, Zürich: Interfrom 1981, S. 12

(36) Andreas Heldrich: Freiheit der Wissenschaft - Freiheit zum Irrtum? Haftung für Fehlleistungen in der Forschung. Heidelberg: C.F. Müller 1987. Schriftenreihe der Juristischen Studiengesellschaft Karlsruhe; Heft 179; Kohn (Anm. 33), S. 18-34

(37) Max Weber: Wissenschaft als Beruf (1919), in ders.: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen: Mohr 3. Auflage 1968, 582-613

(38) Die von den USA ausgehenden Veränderungen im Wissenschaftssystem macht auch Federico DiTrocchio für die Zunahme unredlichen Verhaltens verantwortlich: Der große Schwindel, Betrug und Fälschung in der Wissenschaft (1993), deutsch von Andreas Simon, Frankfurt: Campus 1994, S. 51 ff.

(39) Derek J. de Solla Price: Little Science, Big Science, New York: Columbia University Press 1963

(40) Vannevar Bush: Science - the endless frontier, A report to the President on a program for postwar scientific research (1945), reprint Washington D.C.: National Science Foundation, 1960

(41) Report of the Committee on Academic Responsibility. Massachusetts Institute of Technology (1992), zitiert nach: Responsible Science (Anm. 28) Band 2, 159-200

(42) Untersuchungen zur Lage der deutschen Hochschullehrer, Band III: Christian von Ferber: Die Entwicklung des Lehrkörpers der deutschen Universitäten und Hochschulen 1864-1954, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1956

(43) Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (Hrsg.): Grund- und Strukturdaten 1996/97, Bonn: BMBF 1996

(44) Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (Hrsg.): Bundesbericht Forschung 1996, Bonn: BMBF 1996

(45) Michael Gibbons, Camille Limoges, Helga Nowotny, Simon Schwartzman, Peter Scott, Martin Trow: The new production of knowledge, London: Sage Publications 1994

(46) Robert K. Merton: Prioritätsstreitigkeiten in der Wissenschaft (1957), in ders.: Entwicklung und Wandel von Forschungsinteressen, Frankfurt: Suhrkamp 1985, 258-300

(47) Wissenschaftsrat: Empfehlungen zum Wettbewerb im deutschen Hochschulsystem, Köln: Selbstverlag 1985

Heinrich Ursprung: Hochschulen im Wettbewerb, in ders.: Die Zukunft erfinden. Wissenschaft im Wettbewerb, Zürich: vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich 1997, 142-152

(48) Zitiert nach William Broad, Nicholas Wade: Betrug und Täuschung in der Wissenschaft (1982), Basel: Birkhäuser 1985, S. 184

(49) Derek J. de Solla Price: Diseases of Science, in ders.: Science since Babylon (1961). Enlarged Edition, New Haven: Yale University Press 1975, 161-195

(50) http://www.nature.com und http://www.sciencemag.org; Veröffentlichen in Nature - ein Leitfaden, München o.J. (1996)

(51) Patricia Morgan: The impact of libel law on retractions, in: AAAS-ABA National Conference of Lawyers and Scientists. Project on scientific fraud and misconduct. Report on workshop number three, Washington D.C.: American Association for the Advancement of Science 1989, 181-185

(52) Robert M. May: The Scientific Wealth of Nations, Science 275, 793-6, 1997; David Swinbanks et al.: Western research assessment meets Asian cultures, Nature 389, 113-117, 1997

(53) Beschluß des Präsidiums der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. vom 21.6.1997

Sigurd Lenzen: Nützlichkeit und Limitationen des sogenannten "Journal Impact Factor" bei der Bewertung von wissenschaftlichen Leistungen und Zeitschriften, Diabetes und Stoffwechsel 6, 273-275, 1997

Peter Lachmann und John Rowlinson: It's what not where you publish that matters, Science and Public Affairs, Winter 1997, S. 8

(54) Zum Beispiel: Ben R. Martin und John Irvine: Assessing Basic Research. Some partial indicators of scientific progress in radio astronomy, Research Policy 12 (2), 61-90, 1983

(55) Eugen Seibold, Christoph Schneider: Vorschläge, in: Christoph Schneider (hrsg.): Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, Beispiele, Kritik, Vorschläge, Weinheim: Verlag Chemie 1983, 907-942

(56) Edward H. Ahrens, Jr.: The Crisis in Clinical Research. Overcoming Institutional Obstacles, New York, Oxford: Oxford University Press 1992

(57) Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur klinischen Forschung in den Hochschulen, Köln 1986, S. 25 ff.; Empfehlungen zur Verbesserung der Ausbildungsqualität in der Medizin, in: Empfehlungen und Stellungnahmen 1988, Köln 1989, S. 263-288; Empfehlungen zur Neustrukturierung der Doktorandenausbildung und -förderung [1995], in ders.: Empfehlungen zur Doktorandenausbildung und zur Förderung des Hochschullehrernachwuchses, Köln 1997, S. 35-104

(58) Deutsche Forschungsgemeinschaft: Forschungsfreiheit. Ein Plädoyer für bessere Rahmenbedingungen der Forschung in Deutschland, Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft 1996

(59) Stegemann-Boehl (Anm. 21)

(60) Geschichte, Struktur und Verfahren der NIH bei Ahrens (Anm. 56) S. 65 ff.

(61) Abgedruckt in Responsible Science (Anm. 28) Band 2 S. 231-242

(62) ORI Handbook for Institutional Research Integrity Officers, Washington D.C.: Office of Research Integrity, Februar 1997 (Typoskript)

(63) "Misconduct in science and engineering" ist nach der Definition der NSF

"fabrication, falsification, plagiarism or other serious deviation from accepted practices in proposing, carrying out, or reporting results from activities funded by NSF; or retaliation of any kind against a person who reported or provided information about suspected or alleged misconduct and who has not acted in bad faith."

(64) Karen A. Goldmann, Montgomery K. Fisher: The constitutionality of the "other serious deviations from accepted practices" clause, Jurimetrics 37, 149-166, 1997

(65) Robert M. Andersen: Select legal provisions regulating scientific misconduct in federally supported research programs, in AAAS-ABA workshop number three (s. Anm. 50), 145-156; Donald E. Buzzelli: NSF's Definition of Misconduct in Science, The Centennial Review XXXVIII, 2, 273-296, 1994

(66) Vgl. auch Integrity and Misconduct in Research. Report of the Commission on Research Integrity to the Secretary of Health and Human Services (etc.), November 1995, verfügbar unter http://www.dhhs.gov/phs/ori

(67) Daniel Andersen, Lis Attrup, Nils Axelsen, Povl Riis: Scientific Dishonesty and Good Scientific Practice, Kopenhagen: Danish Medical Research Council 1992

Jahresberichte des DCSD: s. Anm. 31

(68) Medical Research Council: Principles in the Assessment and Conduct of Medical Research and Publicising Results. London: MRC 1995

(69) David Evered, Philippe Lazar: Misconduct in Medical Research, The Lancet 345, 1161-2, 1995

(70) MRC Policy and Procedure for Inquiring into Allegations of Scientific Misconduct, London, Dezember 1997

 
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