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[Überblick über sonstige Veröffentlichungen
zum Datenschutz] [Abkürzungen der ausgewerteten
Tageszeitungen]
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"Spicken für Chefs verboten / Deutsches
Datenschutzgesetz soll kontrollfreies Surfen am Arbeitsplatz garantieren
... Ein neuer Zusatz im Datenschutzgesetz soll nach den Plänen
von Bundesarbeitsminister Walter Riester dem Arbeitnehmer das Surfen am
Arbeitsplatz erlauben. Das Mitlesen von privaten E-Mails durch den Arbeitgeber
soll demnach als Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses unter Strafe
gestellt werden. ... Ein umgekehrter Trend nämlich zeichnet sich jetzt
in Großbritannien ab, wo sich Arbeitnehmer künftig beim Surfen
über die Schulter schauen lassen müssen. Der Arbeitgeber bezahlt
die E-Mails, die ein Angestellter verschickt. Also sind sie sein Eigentum,
er darf mit ihnen tun und lassen, was er will, sie lesen und sogar speichern.
... In den USA ist eine automatische Überwachung der Angestellten
schon seit längerer Zeit legal." MoPo 18.10.00 S. 27
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Interview mit Dr. Johann Bizer, Medienrechtler und Mitherausgeber der
Zeitschrift 'Datenschutz und Datensicherheit':
"Großer Lauschangriff im Cyberspace
... 'Inwieweit ist ein Arbeitgeber berechtigt, das Kommunikationsverhalten
seiner Angestellten zu überwachen?' 'Ist Privatnutzung erlaubt,
darf das Kommunikationsverhalten ohnehin nur zur Kostenerstattung ausgewertet
werden. Die Speicherung hat sich dabei auf die gekürzten Nummern der
Angerufenen zu beschränken. Werden die Gebühren für Internet-Nutzung
allerdings nicht für jeden Anschluss separat, sondern pauschal berechnet
- und dies ist meistens so -, besteht erst gar keine Veranlassung, solche
Verbindungsdaten zu erheben und zu speichern. Ob der Arbeitgeber auch bei
Dienstgesprächen das Fernmeldegeheimnis befolgen muss, ist juristisch
umstritten. ... Der Rechtsprechung nach aber läuft eine heimliche
Überwachung dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zuwider
und ist daher unzulässig.' 'Auch wenn sie mit Zustimmung des
Betriebsrats geschieht?' 'Auch dann. ...'" HB 18.10.00 S.
B 22
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"Andrea Fischer will Gentests stark eingrenzen
/ Beirat der Ministerin macht erste Gesetzesvorschläge
Der Ethikbeirat des Bundesgesundheitsministeriums hat sich für
strenge und klar definierte Regeln im Umgang mit Gentests ausgesprochen.
... ... dass in Deutschland niemand zu Gentests gezwungen werden darf.
... Einerseits sollte Versicherungen verboten werden, bekannte Testergebnisse
gegen die Betroffenen zu wenden, ihnen also zum Beispiel höhere Versicherungsprämien
abzuverlangen. Andererseits müssten die so genannten prädiktiven
Tests strengen Bedingungen unterworfen werden." BerlZtg 18.10.00 S.
5
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"Neue EU-Initiative gegen Finanzkriminalität
/ Europäische Regierungen wollen gemeinsamen Kampf gegen Steuerhinterziehung
und Geldwäsche verstärken
... Die Finanz-, die Innen- und die Justizminister der EU vereinbarten
am Dienstag in Luxemburg einen entsprechenden Maßnahmenkatalog. Er
umfasst unter anderem die Absicht, grenzüberschreitende Bargeldbewegungen
stärker zu überwachen." HB 18.10.00 S. 10
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"Umfassende Informationen gewinnen und nutzen
/ Kunden binden und halten
... Kundendaten, die auf der Web-Site gesammelt wurden, müssen
auch im Call-Center oder in der Marketing-Abteilung verfügbar sein.
Wenn Unternehmen alles, was sie über ihre Kunden wissen, in einer
einzigen Quelle vereinigen, können sie alle Kanäle bündeln
und dadurch eine höhere Kundenzufriedenheit erzielen." HB 18.10.00
S. B 20
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LOKALES
Berlin:
Interview mit Prof. Dr. Hansjürgen Garstka, Berliner Beauftragter
für Datenschutz und Akteneinsicht:
"Verfolgte Frauen und Kripo-Ermittler dürfen
ihre Adressen sperren lassen / Datenschutzbeauftragter: Keine Sonderregelung
für Abgeordnete
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat mit seiner
Forderung, die Daten aller Bundestagsabgeordneten in den Meldeämtern
zu sperren, bislang wenig Erfolg. ... Begonnen hat der Streit, als Journalisten
beim Landeseinwohneramt nachgefragt hatten, welche Bundestagsabgeordneten
in Berlin gemeldet sind. Dadurch konnten sie auf diejenigen schließen,
die sich nicht angemeldet haben und sich dadurch der Pflicht zur Zahlung
von Zweitwohnungssteuer entziehen. ... Die Absage der Innenverwaltung erfolgte
nun völlig zu Recht, urteilt der Berliner Datenschutzbeauftragte Hansjürgen
Garstka. 'Hat der Bundestagspräsident denn kein Recht, seine Abgeordneten
vor Nachstellungen durch Neugierige zu schützen?' 'Nein, zumindest
nicht in dieser pauschalen Form. ... Für jeden einzelnen Abgeordneten
müsste ein gesonderter Antrag gestellt werden.' ... 'In jedem Einzelfall
muss der Betroffene - also auch der Abgeordnete - glaubhaft machen, dass
eine solche Sperre notwendig ist, weil eine Gefahr für Leben,
Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige
Belange besteht.' ... 'Wer seine Daten nicht sperren lassen kann, ist der
den Neugierigen schutzlos ausgeliefert?' 'In gewisser Weise schon.
...' 'Datenschutz wird dabei ja offensichtlich nicht groß geschrieben.' 'Ja,
leider. Als das Gesetz verabschiedet wurde, haben wir uns dagegen gewehrt.
Aber inzwischen gibt es im Bundesinnenministerium sogar einen Referentenentwurf
für eine Novelle des Melderechtsrahmengesetzes. Danach sollen die
Daten künfig auch im Internet verfügbar sein. Wir setzen uns
dafür ein, dass es nicht dazu kommt. Denn datenschutzrechtlich wäre
es prinzipiell am besten, wenn jeder selbst darüber bestimmen könnte,
ob seine Daten weitergegeben werden dürfen oder nicht.'" BerlZtg
18.10.00 S. 22
"Bußgeld für Bundestagsabgeordnete
/ Verwaltung geht gegen Politiker vor, die sich nicht in Berlin anmelden
/ Daten werden nicht pauschal gesperrt
... Am 15. September bat Thierse ... um eine pauschale Sperrung
der Daten - 'bis auf weiteres'. Darauf antwortete jetzt Werthebach, eine
pauschale Sperrung sei unzulässig. Allerdings könnten die 668
Abgeordneten wie jeder andere Bürger eine individuelle Sperrung beantragen,
wenn sie glaubhaft machen könnten, dass eine 'Gefahr für Leben
und Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige
Belange bestehe'. ... Sonderregelungen für Politiker gebe es nicht.
'Für uns ist jeder gleich, egal ob Abgeordneter oder nicht', so Paris.
1998 wurden in Berlin 2600 Bußgelder wegen Verstößen gegen
das Melderecht verhängt. ... Welche Politiker betroffen sind, sagt
die Verwaltung allerdings aus Datenschutzgründen nicht. ... Die Finanzverwaltung
hat ... alle Abgeordneten angeschrieben, von denen bekannt wurde, dass
sie sich nicht rechtzeitig gemeldet hatten. Vorgesehen ist auch ein Abgleich
mit dem Melderegister." Tsp 18.10.00 S. 9
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"Videoüberwachung in Umkleidekabinen / Berliner
Bäder Betriebe nehmen Langfinger ins Visier - Datenschutz scheint
nicht verletzt
... Stadtbad Lankwitz ... . Über den beiden Männer-Gemeinschaftsumkleidekabinen
im Schwimmbad an der Leonorenstraße 39 blinken die Videokameras,
mit denen die Badegäste ins Visier genommen werden. Auch im Gang
zu den Umkleidekabinen und -räumen hängt eines der halbkugelförmigen
Gebilde. ... Datenschutzrechtlich gibt es noch keine gesetzlichen Regelungen.
Selbst nach Maßgaben des neuen Bundesdatenschutzgesetzes, das im
Frühjahr 2001 verabschiedet werden soll, gäbe es klare Vorgaben. Mehrere
Kriterien müssten erfüllt sein: 'Die Überwachung muss für
den Geschäftszweck erforderlich sein, der Veranlasser genannt werden
und auf jeden Fall müssen große Schilder darauf hinweisen',
erläutert Volker Brozio, Pressereferent beim Berliner Datenschutzbeauftragten.
... Ob in Lankwitz die Bilder auch auf Bändern aufgezeichnet werden
und wie lange die Kameras laufen, dazu geben sich die BBB zugeknöpft:
'Kein Kommentar', heißt es in der Pressestelle. ... 'Hängen
Kameras etwa in Duschen oder Umkleidekabinen, ist in jedem Fall das
Persönlichkeitsrecht verletzt', betont Volker Brozio, 'das ist ein
ganz klarer Eingriff in die Intimsphäre.' Den Schwimmbadbesuchern
ist Überwachung jedenfalls nicht ganz geheuer. ... Würden die
Daten aufgezeichnet, wäre kaum sichergestellt, dass diese nicht missbräuchlich
benutzt werden." MoPo 18.10.00 S. 36
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"Eine Anleitung zum Zurückgucken / Ein
geführter Stadtspaziergang zeigt die sichere Seite der West-City.
Videokameras verfolgen die Gruppe rund um den Ku'damm. Und im Bahnhof
Zoo geben die Wachschützer eine themenbezogene Einlage und schmeißen
die Besucher raus
... ... Stadtrundgangs 'Safer City - Die sichere Seite des Kurfürstendamms',
den das Reisebüro Stattreisen seit Anfang Oktober anbietet. ... Ob
mit Videokameras und privaten Wachschützern und verdachtsunabhängigen
Kontrollen wirklich Gefahr gebannt werden kann, bleibt fraglich. ... ...
über den Hardenbergplatz, Breitscheidplatz und Europa-Center. Lückenlose
Kameraüberwachung, verdachtsunabhängige Kontrollen, Verdrängung
sozialer Realität ... ." taz 18.10.00 S. 22
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