Privacy Magazine - Hauptseite Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von ausgewählten Berichten der Berliner und überregionalen Presse.

 

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Ausgabe vom 18. Oktober 2000

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"Spicken für Chefs verboten / Deutsches Datenschutzgesetz soll kontrollfreies Surfen am Arbeitsplatz garantieren
... Ein neuer Zusatz im Datenschutzgesetz soll nach den Plänen von Bundesarbeitsminister Walter Riester dem Arbeitnehmer das Surfen am Arbeitsplatz erlauben. Das Mitlesen von privaten E-Mails durch den Arbeitgeber soll demnach als Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses unter Strafe gestellt werden. ... Ein umgekehrter Trend nämlich zeichnet sich jetzt in Großbritannien ab, wo sich Arbeitnehmer künftig beim Surfen über die Schulter schauen lassen müssen. Der Arbeitgeber bezahlt die E-Mails, die ein Angestellter verschickt. Also sind sie sein Eigentum, er darf mit ihnen tun und lassen, was er will, sie lesen und sogar speichern. ... In den USA ist eine automatische Überwachung der Angestellten schon seit längerer Zeit legal." MoPo 18.10.00 S. 27

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Interview mit Dr. Johann Bizer, Medienrechtler und Mitherausgeber der Zeitschrift 'Datenschutz und Datensicherheit':
"Großer Lauschangriff im Cyberspace
... 'Inwieweit ist ein Arbeitgeber berechtigt, das Kommunikationsverhalten seiner Angestellten zu überwachen?' 'Ist Privatnutzung erlaubt, darf das Kommunikationsverhalten ohnehin nur zur Kostenerstattung ausgewertet werden. Die Speicherung hat sich dabei auf die gekürzten Nummern der Angerufenen zu beschränken. Werden die Gebühren für Internet-Nutzung allerdings nicht für jeden Anschluss separat, sondern pauschal berechnet - und dies ist meistens so -, besteht erst gar keine Veranlassung, solche Verbindungsdaten zu erheben und zu speichern. Ob der Arbeitgeber auch bei Dienstgesprächen das Fernmeldegeheimnis befolgen muss, ist juristisch umstritten. ... Der Rechtsprechung nach aber läuft eine heimliche Überwachung dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zuwider und ist daher unzulässig.' 'Auch wenn sie mit Zustimmung des Betriebsrats geschieht?' 'Auch dann. ...'" HB 18.10.00 S. B 22

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"Andrea Fischer will Gentests stark eingrenzen / Beirat der Ministerin macht erste Gesetzesvorschläge
Der Ethikbeirat des Bundesgesundheitsministeriums hat sich für strenge und klar definierte Regeln im Umgang mit Gentests ausgesprochen. ... ... dass in Deutschland niemand zu Gentests gezwungen werden darf. ... Einerseits sollte Versicherungen verboten werden, bekannte Testergebnisse gegen die Betroffenen zu wenden, ihnen also zum Beispiel höhere Versicherungsprämien abzuverlangen. Andererseits müssten die so genannten prädiktiven Tests strengen Bedingungen unterworfen werden." BerlZtg 18.10.00 S. 5

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"Neue EU-Initiative gegen Finanzkriminalität / Europäische Regierungen wollen gemeinsamen Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche verstärken
... Die Finanz-, die Innen- und die Justizminister der EU vereinbarten am Dienstag in Luxemburg einen entsprechenden Maßnahmenkatalog. Er umfasst unter anderem die Absicht, grenzüberschreitende Bargeldbewegungen stärker zu überwachen." HB 18.10.00 S. 10

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"Umfassende Informationen gewinnen und nutzen / Kunden binden und halten
... Kundendaten, die auf der Web-Site gesammelt wurden, müssen auch im Call-Center oder in der Marketing-Abteilung verfügbar sein. Wenn Unternehmen alles, was sie über ihre Kunden wissen, in einer einzigen Quelle vereinigen, können sie alle Kanäle bündeln und dadurch eine höhere Kundenzufriedenheit erzielen." HB 18.10.00 S. B 20

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Berlin:

Interview mit Prof. Dr. Hansjürgen Garstka, Berliner Beauftragter für Datenschutz und Akteneinsicht:
"Verfolgte Frauen und Kripo-Ermittler dürfen ihre Adressen sperren lassen / Datenschutzbeauftragter: Keine Sonderregelung für Abgeordnete
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat mit seiner Forderung, die Daten aller Bundestagsabgeordneten in den Meldeämtern zu sperren, bislang wenig Erfolg. ... Begonnen hat der Streit, als Journalisten beim Landeseinwohneramt nachgefragt hatten, welche Bundestagsabgeordneten in Berlin gemeldet sind. Dadurch konnten sie auf diejenigen schließen, die sich nicht angemeldet haben und sich dadurch der Pflicht zur Zahlung von Zweitwohnungssteuer entziehen. ... Die Absage der Innenverwaltung erfolgte nun völlig zu Recht, urteilt der Berliner Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka. 'Hat der Bundestagspräsident denn kein Recht, seine Abgeordneten vor Nachstellungen durch Neugierige zu schützen?' 'Nein, zumindest nicht in dieser pauschalen Form. ... Für jeden einzelnen Abgeordneten müsste ein gesonderter Antrag gestellt werden.' ... 'In jedem Einzelfall muss der Betroffene - also auch der Abgeordnete - glaubhaft machen, dass eine solche Sperre notwendig ist, weil eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Belange besteht.' ... 'Wer seine Daten nicht sperren lassen kann, ist der den Neugierigen schutzlos ausgeliefert?' 'In gewisser Weise schon. ...' 'Datenschutz wird dabei ja offensichtlich nicht groß geschrieben.' 'Ja, leider. Als das Gesetz verabschiedet wurde, haben wir uns dagegen gewehrt. Aber inzwischen gibt es im Bundesinnenministerium sogar einen Referentenentwurf für eine Novelle des Melderechtsrahmengesetzes. Danach sollen die Daten künfig auch im Internet verfügbar sein. Wir setzen uns dafür ein, dass es nicht dazu kommt. Denn datenschutzrechtlich wäre es prinzipiell am besten, wenn jeder selbst darüber bestimmen könnte, ob seine Daten weitergegeben werden dürfen oder nicht.'" BerlZtg 18.10.00 S. 22

"Bußgeld für Bundestagsabgeordnete / Verwaltung geht gegen Politiker vor, die sich nicht in Berlin anmelden / Daten werden nicht pauschal gesperrt
... Am 15. September bat Thierse ... um eine pauschale Sperrung der Daten - 'bis auf weiteres'. Darauf antwortete jetzt Werthebach, eine pauschale Sperrung sei unzulässig. Allerdings könnten die 668 Abgeordneten wie jeder andere Bürger eine individuelle Sperrung beantragen, wenn sie glaubhaft machen könnten, dass eine 'Gefahr für Leben und Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Belange bestehe'. ... Sonderregelungen für Politiker gebe es nicht. 'Für uns ist jeder gleich, egal ob Abgeordneter oder nicht', so Paris. 1998 wurden in Berlin 2600 Bußgelder wegen Verstößen gegen das Melderecht verhängt. ... Welche Politiker betroffen sind, sagt die Verwaltung allerdings aus Datenschutzgründen nicht. ... Die Finanzverwaltung hat ... alle Abgeordneten angeschrieben, von denen bekannt wurde, dass sie sich nicht rechtzeitig gemeldet hatten. Vorgesehen ist auch ein Abgleich mit dem Melderegister." Tsp 18.10.00 S. 9

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"Videoüberwachung in Umkleidekabinen / Berliner Bäder Betriebe nehmen Langfinger ins Visier - Datenschutz scheint nicht verletzt
... Stadtbad Lankwitz ... . Über den beiden Männer-Gemeinschaftsumkleidekabinen im Schwimmbad an der Leonorenstraße 39 blinken die Videokameras, mit denen die Badegäste ins Visier genommen werden. Auch im Gang zu den Umkleidekabinen und -räumen hängt eines der halbkugelförmigen Gebilde. ... Datenschutzrechtlich gibt es noch keine gesetzlichen Regelungen. Selbst nach Maßgaben des neuen Bundesdatenschutzgesetzes, das im Frühjahr 2001 verabschiedet werden soll, gäbe es klare Vorgaben. Mehrere Kriterien müssten erfüllt sein: 'Die Überwachung muss für den Geschäftszweck erforderlich sein, der Veranlasser genannt werden und auf jeden Fall müssen große Schilder darauf hinweisen', erläutert Volker Brozio, Pressereferent beim Berliner Datenschutzbeauftragten. ... Ob in Lankwitz die Bilder auch auf Bändern aufgezeichnet werden und wie lange die Kameras laufen, dazu geben sich die BBB zugeknöpft: 'Kein Kommentar', heißt es in der Pressestelle. ... 'Hängen Kameras etwa in Duschen oder Umkleidekabinen, ist in jedem Fall das Persönlichkeitsrecht verletzt', betont Volker Brozio, 'das ist ein ganz klarer Eingriff in die Intimsphäre.' Den Schwimmbadbesuchern ist Überwachung jedenfalls nicht ganz geheuer. ... Würden die Daten aufgezeichnet, wäre kaum sichergestellt, dass diese nicht missbräuchlich benutzt werden." MoPo 18.10.00 S. 36

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"Eine Anleitung zum Zurückgucken / Ein geführter Stadtspaziergang zeigt die sichere Seite der West-City. Videokameras verfolgen die Gruppe rund um den Ku'damm. Und im Bahnhof Zoo geben die Wachschützer eine themenbezogene Einlage und schmeißen die Besucher raus
... ... Stadtrundgangs 'Safer City - Die sichere Seite des Kurfürstendamms', den das Reisebüro Stattreisen seit Anfang Oktober anbietet. ... Ob mit Videokameras und privaten Wachschützern und verdachtsunabhängigen Kontrollen wirklich Gefahr gebannt werden kann, bleibt fraglich. ... ... über den Hardenbergplatz, Breitscheidplatz und Europa-Center. Lückenlose Kameraüberwachung, verdachtsunabhängige Kontrollen, Verdrängung sozialer Realität ... ." taz 18.10.00 S. 22

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