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BGH-Urteil über Versicherungs-Klauseln (u.a. Telefonwerbung)
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
(IV ZR 90/98, verkündet am: 24. März 1999)
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. S. u.a. auf
die mündliche Verhandlung vom 3. März 1999
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Parteien werden das Urteil des 5. Zivilsenats des Hanseatischen
Oberlandesgerichts vom 11. März 1998 teilweise aufgehoben und das Urteil des Landgerichts
Hamburg, Zivilkammer 24, vom 8. November 1996 - soweit die Beklagte ihre Berufung hinsichtlich der
Klausel § 18 Abs. 3 PVA 96 nicht zurückgenommen hat - teilweise abgeändert und wie
folgt neu gefaßt:
Der Beklagten wird bei Meidung von Ordnungsgeldern bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft,
oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, die
Klauseln
"Unfreiwillige Arbeitslosigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn der Arbeitgeber das
bestehende Arbeitsverhältnis aus Gründen, die nicht in der Person des
Versicherungsnehmers liegen, wirksam gekündigt hat." (§3 Nr. 1 PVA 96)
und
"Der Versicherungsnehmer ist bis auf Widerruf damit einverstanden, daß er künftig im
Rahmen des Versicherungsverhältnisses sowie im Hinblick auf weitere Versicherungs- und
Finanzdienstleistungen der Versicherungsgruppe auch telefonisch informiert und beraten wird."
(Telefonische Information)
oder inhaltsgleiche Klauseln in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private
Vorsorge bei Arbeitslosigkeit mit geregeltem Anspruch auf Beitragsrückerstattung (PVA 96) in
ihren Erläuterungen zum Versicherungsvertrag zu verwenden, es sei denn gegenüber einem
Kaufmann im Rahmen dessen Geschäftsbetriebes.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Revision des Klägers und die
weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 6/11 und die Beklagte 5/11. Von den
Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 3/5 und die Beklagte
2/5.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, der nach seiner Satzung die Interessen der
Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrnimmt.
Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Versicherungsunternehmen. Sie bietet eine
Versicherung zur privaten Vorsorge bei Arbeitslosigkeit an. Die von ihr für diese Versicherung
aufgestellten und verwendeten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Vorsorge
bei Arbeitslosigkeit mit geregeltem Anspruch auf Beitragsrückerstattung (PVA 96) enthalten
unter anderem folgende Klauseln:
§ 1 Gegenstand der Versicherung
Die V. AG (nachstehend V. genannt) bietet dem Versicherungsnehmer während der Wirksamkeit des
Vertrages Versicherungsschutz bei Verdienstausfall als Folge von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit.
Sie gewährt im Leistungsfall eine zusätzliche monatliche Leistung zum Arbeitslosengeld.
Sie garantiert daneben entweder zum Vertragsende oder bei Kündigung des Versicherungsvertrages
Erstattung der in der Rückstellung für Garantieleistungen verzinslich angesammelten
Beitragsteile. ...
§ 3 Begriff der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit
1. Unfreiwillige Arbeitslosigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn der Arbeitgeber das
bestehende Arbeitsverhältnis aus Gründen, die nicht in der Person des
Versicherungsnehmers liegen, wirksam gekündigt hat.
2. Unfreiwillige Arbeitslosigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt auch dann vor, wenn der
Arbeitgeber und der Versicherungsnehmer das Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch
Aufhebungsvertrag beendet haben.
§ 5 Beginn und Ende des Versicherungsschutzes; Wartezeit
1. Der Versicherungsschutz tritt 24 Monate nach dem im Versicherungsantrag bezeichneten Beginn in
Kraft (Wartezeit). ...
§ 6 Leistung bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit
1. ...
2. Die Versicherungsleistung darf zusammen mit dem Arbeitslosengeld 90 Prozent des aus dem
Arbeitsverhältnis herrührenden monatlichen Nettoeinkommens nicht übersteigen.
Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durchschnittsverdienst der
letzten 3 Monate vor Eintritt der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit. Setzt sich das Nettoeinkommen
überwiegend aus Provisionseinkünften zusammen, ist das durchschnittliche Nettoeinkommen
der letzten 12 Monate bei der Berechnung zugrunde zu legen. Sonderzahlungen wie
Überstundenentgelt, Weihnachts- und Urlaubsgratifikationen oder Jubiläumszuwendungen
finden keine Berücksichtigung. ...
§11 Leistungsausschlüsse bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit
1. ...
2. Ferner ist die Leistung ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber das bestehende
Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt hat.
§ 22 Willenserklärungen und Anzeigen
Willenserklärungen und Anzeigen gegenüber der V. bedürfen der Schriftform. Zu ihrer
Entgegennahme sind Versicherungsvermittler nicht bevollmächtigt.
Auf der Rückseite des von der Beklagten verwendeten Versicherungsantrags-Formulars sind so
bezeichnete "Erläuterungen" abgedruckt, darunter:
"Telefonische Information
Der Versicherungsnehmer ist bis auf Widerruf damit einverstanden, daß er künftig im
Rahmen des Versicherungsverhältnisses sowie im Hinblick auf weitere Versicherungs- und
Finanzdienstleistungen der Versicherungsgruppe auch telefonisch informiert und beraten wird."
Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, die Klauseln der §§3
Nr. 1, 5 Nr. 1, 6 Nr. 2 Satz 2, 11 Nr. 2, 22 Satz 2 PVA 96 und die auf der Rückseite des
Antragsformulars enthaltene Einwilligung zur telefonischen Information oder inhaltlich gleiche
Klauseln unter Meidung eines Ordnungsgeldes zu verwenden, es sei denn, gegenüber einem
Kaufmann im Rahmen dessen Geschäftsbetriebes.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der §§ 3 Nr. 1, 5 Nr. 1, 6 Nr. 2 Satz 2, 11
Nr. 2 PVA 96 stattgegeben; im übrigen hat es die Klage abgewiesen (VuR 1997, 167). Auf die
Berufung beider Parteien hat das Berufungsgericht der Beklagten die Verwendung der Klausel §
22 Satz 2 PVA 96 untersagt und die Klage im übrigen abgewiesen (VersR 1998, 627). Mit der
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter, soweit sie erfolglos
geblieben sind. Die Beklagte hat Anschlußrevision eingelegt mit dem Ziel, daß die Klage
auch hinsichtlich des § 22 Satz 2 PVA 96 abgewiesen wird.
Entscheidunsgründe:
Die Revision des Klägers hat hinsichtlich der Klauseln § 3 Nr. 1 PVA 96 und
"Telefonische Information" Erfolg. Wegen der weiteren Klauseln bleibt ihr der Erfolg versagt. Die
Anschlußrevision der Beklagten hat Erfolg.
A. Die Revision des Klägers
I. Zu §3 Nr. 1 PVA 96
1. Das Berufungsgericht hat die Regelung des §3 Nr. 1 PVA 96 als nach § 8 AGBG
kontrollfrei angesehen. Zur Begründung ist es von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
zu § 8 AGBG ausgegangen und hat ausgeführt, diese Klausel enthalte eine nähere
Definition des Begriffs der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit als dem Gegenstand der Versicherung.
Der Sache nach schließe sie den Versicherungsschutz aus, wenn der Arbeitgeber das bestehende
Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der Person des Versicherungsnehmers liegen, wirksam
gekündigt habe. Damit greife die Beklagte auf § 1 Abs. 2 des
Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) zurück, der zwischen der personenbedingten, der
verhaltensbedingten und der betriebsbedingten Kündigung unterscheide. Die Beklagte wolle
demgemäß lediglich für die Verhaltens- sowie die betriebsbedingte Kündigung
Versicherungsschutz bieten. Der Zweck der Klausel bestehe darin, den Kern des
Versicherungsvertrages, also das Hauptleistungsversprechen, zu konstituieren.
Das Berufungsgericht hat nicht erörtert, ob auch auf der Grundlage seiner Annahme,
daß es sich bei § 3 Nr. 1 PVA 96 um eine kontrollfreie Leistungsbeschreibung handele,
diese Klausel einer Prüfung nach dem Transparenzgebot zu unterziehen ist. Das könnte sich
aus einer Auslegung des § 8 AGBG ergeben, bei der auch Art. 4 Abs. 2 der EG-Richtlinie
über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (vom 5. April 1993 -
ABIEG Nr. L 95) zu berücksichtigen sein kann (vgl. Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 3.
Aufl. §8 Rdn. 1, Art. 4 RiLi Rdn. 2; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 8. Aufl.
vor § 8 Rdn. 6, § 8 Rdn. 4b, § 9 Rdn. 168; Präve, NVersZ 1998, 49 unter III 2
m.w.N.).
2. Die Frage, ob und inwieweit Art. 4 Abs. 2 der genannten EG-Richtlinie mit heranzuziehen ist,
braucht hier nicht vertieft zu werden. Denn das Berufungsgericht hat den Zweck und die Reichweite
des § 8 AGBG, wie sie in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes schon bisher zum Ausdruck
gekommen sind, verkannt. § 3 Nr. 1 PVA 96 gehört nicht zu dem engen Bereich, der durch
§8 AGBG einer gerichtlichen Kontrolle entzogen ist.
a) § 8 AGBG beschränkt die Inhaltskontrolle nach §§ 9 bis 11 AGBG auf
Klauseln, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Die Vorschrift soll, so
die Begründung des Regierungsentwurfs, weder eine Kontrolle der Preise oder Leistungsangebote
ermöglichen, noch sollen Vorschriften anderer Gesetze modifiziert werden (BT-Drucks. 7/3919,
S. 22). Da das Gesetz den Vertragspartnern grundsätzlich freistellt, Leistung und
Gegenleistung im Vertrag frei zu bestimmen, unterliegen bloße Abreden über den
unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung (sog. Leistungsbeschreibung) der gesetzlichen
Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz ebensowenig wie Vereinbarungen über das von dem anderen
Teil zu erbringende Entgelt (st. Rspr. BGHZ 93, 358, 360 m.w. N.). Der gerichtlichen
Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibungen sind solche, die Art, Umfang und Güte der
geschuldeten Leistung festlegen. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken,
verändern, ausgestalten oder modifizieren, sind hingegen in haltlich zu kontrollieren. Damit
bleibt für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich
der Leistungsbeschreibung, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des
wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (st. Rspr.
vgl. BGHZ 127, 35, 41 m.w.N.). Zu diesem engen Bereich gehört § 3 Nr. 1 PVA 96 nicht.
b) Nach § 1 Abs. 1 PVA 96 bietet die Beklagte dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz
bei Verdienstausfall als Folge von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit. Sie verspricht eine
zusätzliche monatliche Leistung zum Arbeitslosengeld. Es braucht nicht entschieden zu werden,
ob die Gesamtheit dieser. Regelung die kontrollfreie Leistungsbeschreibung ausmacht. Jedenfalls hat
die Beklagte mit ihr das Hauptleistungsversprechen so beschrieben, daß der wesentliche
Vertragsinhalt bestimmt werden kann. Diese Leistungsbeschreibung reicht aus, um einen wirksamen
Vertrag anzunehmen. Dagegen gehört § 3 Nr. 1 PVA 96 nicht mehr zum kontrollfreien
Minimum, ohne das dem Vertrag ein so wesentlicher Bestandteil fehlte, daß ihm die Wirksamkeit
zu versagen wäre. Diese Regelung definiert die unfreiwillige Arbeitslosigkeit in der Weise,
daß sie sie auf die Fälle beschränkt, in denen der Arbeitgeber das
Arbeitsverhältnis aus Gründen kündigt, die nicht in der Person des
Versicherungsnehmers liegen. Damit modifiziert die Beklagte ihr mit §1 Abs. 1 PVA 96 gegebenes
Hauptleistungsversprechen von Leistungen bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit in
einschränkender Weise. Sie schließt mit § 3 Nr. 1 PVA 96 Leistungen dann aus, wenn
der Versicherungsnehmer aus Gründen arbeitslos wird, die in seiner Person liegen.
c) Aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25. November
1992 (IV ZR 187/91 - VersR 1993, 297 unter II 1) ergibt sich nichts anderes. Der Bundesgerichtshof
hat in jener Entscheidung generell darauf hingewiesen, daß nach § 8 AGBG das
Leistungsversprechen keiner Inhaltskontrolle unterliege und deshalb hingenommen werden müsse,
wenn der Versicherer weitergehende Leistungen als geschehen nicht versprochen habe. Zur Abgrenzung
zwischen kontrollfreiem Hauptleistungsversprechen und kontrollfähiger, weil
einschränkender, verändernder, ausgestaltender oder modifizierender Beschreibung, hat der
Senat in jenem Urteil nicht Stellung genommen.
3. a) Ob die Bestimmung des §3 Nr. 1 PVA 96 den Versicherungsnehmer nach den gesetzlichen
Konkretisierungen des § 9 Abs. 2 AGBG unangemessen benachteiligt, dürfte zweifelhaft
sein. Bei der Beurteilung, ob die Bestimmung von einem wesentlichen Grundgedanken einer
gesetzlichen Regelung abweicht, sind die gesetzlichen Vorschriften über Sozialversicherungen
außer Betracht zu lassen. Auch wenn die private Versicherung bei Arbeitslosigkeit im
Gesamtgefüge sozialer Sicherung eine wichtige Funktion einnehmen kann, ist die
Privatversicherung nach ihren eigenen privatrechtlichen Regelungen und ihrem eigenen Vertragszweck
zu beurteilen. Die Gesetze zur Sozialversicherung geben wegen ihrer Andersartigkeit und ihrer
anderen Leistungsvoraussetzungen keinen tauglichen Maßstab zur Beurteilung her, ob private
Versicherungen den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligen. Grundgedanken privatrechtlicher
Gesetze stehen zur Beurteilung einer privaten Arbeitslosenversicherung nicht zur
Verfügung.
Auch eine Gefährdung des Vertragszwecks läßt sich nicht ohne weiteres
feststellen. Nach § 1 Abs. 1 PVA 96 bezweckt die Versicherung den Schutz des
Versicherungsnehmers bei Verdienstausfall als Folge von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit. Wenn der
Versicherer diesen Versicherungsschutz einschränken will, ist dies grundsätzlich seiner
freien unternehmerischen Entscheidung zu überlassen, soweit er mit der Beschreibung der
Hauptleistung beim Versicherungsnehmer nicht falsche Vorstellungen erweckt. Diese Fragen
bedürfen indessen keiner abschließenden Beantwortung, denn entscheidend ist, daß
der Versicherer dem Versicherungsnehmer klar und verständlich vor Augen führt, was dieser
erwarten kann. Daran fehlt es hier mit der Folge, daß § 3 Nr. 1 PVA 96 den
Versicherungsnehmer wegen Verstoßes gegen das sich aus § 9 AGBG ergebende
Transparenzgebot unangemessen benachteiligt. Die Bestimmung ist deshalb unwirksam.
b) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen
entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines
Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur
darauf an, daß die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen
Vertragspartner verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, daß die
Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen läßt, wie dies
nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 136, 394, 401). Diesen Erfordernissen
entspricht § 3 Nr. 1 PVA 96 nicht.
Mit ihrem Hauptleistungsversprechen knüpft die Beklagte in § 1 Abs. 1 Satz 1 PVA 96 an
die Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit an. Mit ihrer Einschränkung des
Versicherungsschutzes in § 3 Nr. 1 PVA 96 wechselt die Beklagte den Begriff, indem sie auf
eine Kündigung abstellt, deren Gründe nicht in der Person des Versicherungsnehmers
liegen. Unfreiwillig arbeitslos kann aber auch werden, wem aus Gründen gekündigt wird,
die in seiner Person liegen. Es mag sein, daß die Beklagte mit ihrer Definition des § 3
Nr. 1 PVA 96 an die Unterscheidung von personen-, Verhaltens- und betriebsbedingter Kündigung
des § 1 Abs. 2 KschG anknüpfen will und dafür auch gute Gründe hat. Dies kommt
in der Formulierung des § 3 Nr. 1 PVA 96 aber nicht zum Ausdruck. Ein durchschnittlicher
Versicherungsnehmer kann solche Differenzierungen nicht erkennen. Ihm bleibt unklar, was die
Beklagte mit einer personenbedingten Kündigung im Sinne einer unfreiwilligen Arbeitslosigkeit
sagen will (vgl. Schwintowski, VuR 1997, 175 f.; Kieninger, VersR 1998, 1071, 1074 f.). Beispiele,
die dies erläutern könnten, hat die Beklagte nicht gegeben. Der Umfang des vereinbarten
Versicherungsschutzes ist deshalb für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der sich um
ein Verständnis der Regelungen in ihrem Zusammenhang bemüht, undurchschaubar.
II. Zu §5 Nr. 1 PVA96
1. Das Berufungsgericht hat die Regelung über eine 24monatige Wartezeit für
kontrollfähig gehalten. Die Revisionserwiderung tritt dem entgegen. Sie meint, diese
Bestimmung unterfalle schon deshalb nicht der Kontrolle nach § 9 AGBG, weil die Wartezeit
wesentlich von dem versicherten Risiko abhänge. Es handele sich um eine Mindestvoraussetzung
für eine bedarfsgerechte Bildung einigermaßen homogener Risikokollektive, die auch dann
kontrollfrei bleiben müsse, wenn sie sich mit der allgemeinen Beschreibung des versicherten
Risikos decke. Es gehe - im Gegensatz zur Vertragslaufzeit - um eine sachgerechte und die
Interessen der in einer Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherten
berücksichtigende Ausgestaltung des versicherten Risikos. Diese Argumentation widerlegt die
Kontrollfähigkeit der Klausel nicht. Sie ist zwar nachvollziehbar, gehört aber in den
Bereich der nach § 9 Abs. 1 AGBG erforderlichen Interessenabwägung.
Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß Wartezeiten Einschränkungen
des Hauptleistungsversprechens (vgl. oben l. 2. a)) und damit kontrollfähige Nebenabreden
sind. Die Wartezeit des § 5 Nr. 1 PVA 96 modifiziert das Hauptleistungsversprechen einer
Zahlung bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit, indem der Versicherungsnehmer während der ersten
24 Monate keinen Zahlungsanspruch hat, auch wenn er während dieser Zeit unfreiwillig
arbeitslos wird. Der wesentliche Vertragsinhalt wäre auch ohne die Regelung einer Wartezeit
hinreichend bestimmbar. Damit hindert § 8 AGBG nicht die Kontrolle nach § 9 AGBG.
2. Die Regelung des § 5 Nr. 1 PVA 96 ist nicht unwirksam, denn sie belastet den
Versicherungsnehmer nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 9 AGBG.
Auch darin ist dem Berufungsgericht zuzustimmen.
a) Soweit die Beklagte mit der Wartezeit bezweckt, sich vor solchen Schadensfällen zu
schützen, die bereits bei Vertragsschluß angelegt waren, sind schon keine Anhaltspunkte
für eine unangemessene Benachteiligung gegeben. Das sieht auch der Kläger nicht anders.
Richtig ist, daß eine Wartezeit von immerhin 24 Monaten nicht erforderlich ist, um diesem
berechtigten Interesse des Versicherers zu genügen. In der Abwehr des subjektiven Risikos
erschöpft sich das berechtigte Interesse der Beklagten an einer Wartezeit von 24 Monaten aber
nicht.
b) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Wartezeit diene ersichtlich auch der Ansparung
für künftige Versicherungsleistungen. Die Regelung sei damit Ausdruck des
Versicherungsprinzips im Sinne einer Äquivalenz zwischen Beitrags- und Versicherungsleistung.
Diese Überlegungen treffen zu und führen zu dem Ergebnis, daß §5 Nr. 1 PVA 96
den Versicherungsnehmer nicht in einem solchen Maße belastet, das zur Unwirksamkeit nach
§ 9 AGBG führt.
Der Kläger ist der Auffassung, das Hinausschieben des materiellen Versicherungsschutzes, um
dem Versicherer ein Ansparen zu ermöglichen, sei dem Versicherungsrecht fremd. Nach dem
Grundsatz der Gefahrengemeinschaft aller Versicherten werde ein Schaden, der von den bis dahin
gezahlten Prämien des einzelnen Versicherungsnehmers nicht gedeckt sei, durch die von der
Gemeinschaft aufgebrachten Mittel gedeckt. Für ein Ansparen in bezug auf den einzelnen
Versicherungsvertrag bestehe deshalb keine sachliche Notwendigkeit. Diese Darlegungen zwingen nicht
zu der Beurteilung, eine Wartezeit von 24 Monaten durch Allgemeine Versicherungsbedingungen zu
vereinbaren, sei dem Versicherer nach § 9 AGBG untersagt.
Es muß grundsätzlich dem Versicherer überlassen bleiben, in welcher Weise er die
Deckung seiner vertraglichen Leistungen durch Prämien kalkuliert. Die Vorstellung von der
Gefahrengemeinschaft aller Versicherten macht es nicht erforderlich, den Versicherungsschutz mit
dem Zeitpunkt beginnen zu lassen, in dem auch die Pflicht des Versicherungsnehmers beginnt,
Prämien zu zahlen. Die Regelung über eine Wartezeit wird auch nicht dadurch
unzulässig, daß der durchschnittliche Versicherungsnehmer ihren versicherungstechnischen
Hintergrund nicht erkennt. Entscheidend ist, daß die Regelung hinreichend klar in dem Sinne
ist, daß der Versicherungsnehmer bei Abschluß des Vertrages erkennen kann, er bekommt
erst nach 24 Monaten Versicherungsschutz, auch wenn er die Prämien schon bei Beginn des
Vertrages zahlen muß. Unter diesem Gesichtspunkt der Klarheit ist § 5 Nr. 1 PVA 96 nicht
zu beanstanden. Die Bestimmung weicht auch nicht von einem wesentlichen Grundgedanken einer
gesetzlichen Regelung ab, § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Denn solche Regelungen, an denen eine private
Versicherung gegen das Risiko eines Verdienstausfalls bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit gemessen
werden könnte, hält das Gesetz nicht bereit. Insbesondere sind auch bei der Beurteilung
der Wartezeit die gesetzlichen Regelungen aus der Sozialversicherung kein tauglicher Maßstab,
weil diese Versicherungen unter anderen, nicht vergleichbaren Gesichtspunkten kalkuliert sind.
Die Dauer von 24 Monaten ist zwar erheblich. Sie überschreitet aber noch nicht die Grenze,
jenseits der gesagt werden könnte, der Vertragszweck sei gefährdet, § 9 Abs. 2 Nr. 2
AGBG. Eine Versicherung, die Leistungen bei Arbeitslosigkeit verspricht, ist auf längere Dauer
angelegt. Auch wenn der Versicherungsnehmer 24 Monate warten muß, bis er Leistungen aus der
Versicherung erwarten kann, verfehlt eine solche Versicherung doch nicht von vornherein ihren
Zweck. Für den einzelnen Versicherungsnehmer kann es durchaus sinnvoll sein, für den
späteren Fall einer unfreiwilligen Arbeitslosigkeit rechtzeitig vorzusorgen und eine Wartezeit
von 24 Monaten in Kauf zu nehmen.
c) Schließlich hält die Regelung der 24monatigen Wartezeit auch einer Kontrolle am
Maßstab der Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGBG stand. Nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes ist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann
unangemessen, wenn der Verwender entgegen den Geboten von Treu und Glauben einseitig eigene
Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen sucht, ohne von vornherein auch dessen
Belange hinreichend zu berücksichtigen (BGHZ 96, 182, 192). Indessen zeigt eine Abwägung
der Interessen beider Vertragsparteien (vgl. auch BGHZ 127, 35, 42 f.), daß die Beklagte mit
der Regelung der Wartezeit nicht allein ihre Interessen durchzusetzen versuchte. Es muß davon
ausgegangen werden, daß ohne die Ansparphase von 24 Monaten und bei dann sofort einsetzendem
Versicherungsschutz der Versicherungsnehmer eine höhere Prämie als Gegenleistung
hätte zahlen müssen. Mit der Ansparzeit unternimmt die Beklagte den Versuch, die
Prämien zugunsten des Versicherungsnehmers niedrig zu halten. Es tritt hinzu, daß die
Beklagte zugunsten des Versicherungsnehmers durch § 20 Nr. 1, 3 PVA 96 einen gewissen
Ausgleich geschaffen hat. Nach dieser Regelung kann der Versicherungsnehmer kündigen, wenn der
Versicherungsfall innerhalb der Wartezeit eingetreten ist. Im Falle der Kündigung garantiert
der Versicherer die Erstattung der in der Rückstellung für Garantieleistungen verzinslich
an gesammelten Beitragsteile, § 1 Abs. 1 Satz 1 PVA 96.
III. Zu § 6 Nr. 2 Satz 2 PVA 96
Das Berufungsgericht hat in der Anknüpfung an den Durchschnittsverdienst der letzten drei
Monate vor Eintritt des Versicherungsfalls bei der Berechnung des Nettoeinkommens keine
unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers gesehen. Das trifft unter jedem
Gesichtspunkt des § 9 AGBG zu.
Zwar ist der Kläger der Auffassung, es hätte ein längerer Zeitraum als drei
Monate zugrunde gelegt werden müssen. Anderenfalls wäre eine Gleichbehandlung der
Versicherungsnehmer nicht gewährleistet, weil während der drei Monate der einzelne
Versicherungsnehmer aufgrund besonderer Umstände ein geringeres Einkommen als vorher bezogen
haben könnte. Diese Überlegungen führen jedoch nicht zur Unwirksamkeit der
Klausel.
Zum einen ist auch bei einer längeren Vergleichszeit nicht ausgeschlossen, daß in ihr
Monate mit einem geringeren Einkommen enthalten sind. Liegen diese früher als drei Monate vor
Eintritt des Versicherungsfalls, stünde sich der Versicherungsnehmer sogar schlechter als bei
der beanstandeten Regelung. Zum anderen muß dem Versicherer ein Spielraum für
Pauschalierungen zugestanden werden, soweit er damit die Grenzen nicht überschreitet, die ihm
die Gebote von Treu und Glauben, § 9 Abs. 1 AGBG, ziehen. Das ist mit der Vergleichszeit von
drei Monaten zur Berechnung des Nettoeinkommens nicht der Fall.
IV. Zu § 11 Nr. 2 PVA 96.
1. Das Berufungsgericht hat in dem Ausschluß des Versicherungsschutzes bei fristloser
Kündigung des Arbeitsverhältnisses keinen Verstoß gegen § 9 AGBG gesehen und
zwar sowohl bei Verhaltens-, wie auch bei personen- und betriebsbedingter Kündigung. Bei der
Druckkündigung (Kündigung auf Verlangen eines Dritten) werde es sich häufig um eine
personen- oder verhaltensbedingte Kündigung handeln. Lediglich dann, wenn es an einer
objektiven Rechtfertigung der Drohung fehle, komme eine Kündigung aus betriebsbedingten
Gründen in Betracht. In solchen Fällen werde der Arbeitgeber aber unter dem Gesichtspunkt
der Zumutbarkeit regelmäßig gehalten sein, lediglich eine ordentliche Kündigung
auszusprechen. Diese Ausführungen nimmt die Revision zum Anlaß, die Klausel des §
11 Nr. 2 PVA 96 für intransparent zuhalten. Die arbeits- und kündigungsrechtliche
Unterscheidung zwischen personen- und verhaltensbedingter Kündigung sei maßgeblich,
komme in der Formulierung der Klausel aber nicht zum Ausdruck. Sie werde für den
durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht hinreichend deutlich. Wenn schon das Berufungsgericht
Schwierigkeiten habe, die einzelne Fallgruppe, etwa die der Druckkündigung, einer bestimmten
Kündigungskategorie zuzuordnen, so dürften die notwendigen Differenzierungen den
Verständnishorizont eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei weitem
überschreiten.
Dieser Argumentation des Klägers könnte nähergetreten werden, wenn ihr
Ausgangspunkt richtig wäre. Auf eine Differenzierung einzelner Kündigungsgründe
kommt es aber nicht an. Nach dem einfachen und für jeden durchschnittlichen
Versicherungsnehmer ohne Schwierigkeiten zu verstehenden Wortlaut der Klausel schließt jede
fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses Leistungen der Beklagten aus. Eine
Intransparenz der Regelung ist deshalb nicht festzustellen.
2. § 11 Nr. 2 PVA96 benachteiligt auch im übrigen den Versicherungsnehmer nicht
unangemessen, § 9 AGBG. Der Versicherer gewährt nach seinem Hauptleistungsversprechen in
§ 1 Nr. 1 Satz 1 PVA96 Versicherungsschutz bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit. In der
großen Zahl der Fälle wird bei einer fristlosen Kündigung die Arbeitslosigkeit
nicht unfreiwillig herbeigeführt sein. Soweit Fälle denkbar sind, in denen bei fristloser
Kündigung doch eine unfreiwillige Arbeitslosigkeit vorliegt, ist der Versicherer nicht
gehindert, diese von seinem Leistungsversprechen auszunehmen. Das Herausnehmen dieser Fälle
aus dem Versicherungsschutz gefährdet den Vertragszweck noch nicht, weil ihre Zahl sehr gering
ist.
V. Zur Klausel "Telefonische Information"
1. Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht davon ausgegangen, daß die Klausel
über die telefonische Information in den vorformulierten "Erläuterungen" der Beklagten
der Inhaltskontrolle unterliegt. Er sichtlich hat das Berufungsgericht diese Erläuterungen als
Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG angesehen. Das ist richtig
und wird von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen.
2. Dem Berufungsgericht kann aber darin nicht zugestimmt werden, daß die Klausel den
Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteilige. Die vom Kläger beanstandete Klausel
über das Einverständnis mit der Telefonwerbung enthält bei einer auch im
Verbandsklageverfahren gebotenen generalisierenden und die beiderseitigen Interessen
abwägenden Betrachtung (vgl. BGHZ 65, 107, 111 f.; 82, 238, 240 f.) eine unangemessene
Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne von § 9 AGBG.
Telefonwerbung stellt eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung der
verfassungsrechtlich geschützten Privatsphäre des Angerufenen dar. Sie ist ein grober
Mißbrauch des vom Inhaber im eigenen Interesse und auf eigene Kosten unterhaltenen
Telefonanschlusses zu Werbezwecken, erlaubt ein praktisch unkontrollierbares Eindringen in die
Lebensgewohnheiten der Zielperson und zwingt ihr zu einem aus schließlich durch den Werbenden
bestimmten Zeitpunkt in ihrer häuslichen Sphäre Anpreisungen von Waren und
Dienstleistungen auf. Die Anrufe werden im allgemeinen von in dieser Art der Werbung besonders
geschulten Personen vorgenommen, deren psychologisch geschickt ein gesetzter Redegewandtheit sich
der aus in seiner gegenwärtigen Tätigkeit Gerissene meist nur unter peinlicher Verletzung
der Regeln der Höflichkeit entziehen kann.
Erklärte man eine solche Form der Werbung ohne Einschränkungen für
rechtmäßig, wäre ihr Umsichgreifen innerhalb kurzer Zeit schon aus
Wettbewerbsgründen unvermeidlich und damit der Inhaber eines Telefonanschlusses nicht nur
vielfältigen Belästigungen ausgesetzt, sondern sein Anschluß für ins Gewicht
fallende Zeiträume für erwünschte Anrufe blockiert und damit in unzumutbarer Weise
seinem bestimmungsgemäßen Zweck entfremdet.
Wegen der massiven Beeinträchtigungen für die Zielpersonen und im Hinblick auf die
Nachahmungsgefahr hat der l. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in ständiger Rechtsprechung
(vgl. BGHZ 54, 188, 190 ff.; 113, 282, 283 f.; BGH, Urteil vom 8. Juni 1989 - I ZR 178/87 - NJW
1989, 2820; Urteil vom 16. Dezember 1993 - I ZR 285/91 - NJW 1994, 1071, 1072; Urteil vom 8.
Dezember 1994 - I ZR 189/92 - VersR 1995, 1095) die Telefonwerbung im privaten Bereich sogar
grundsätzlich als mit den guten Sitten des Wettbewerbs unvereinbar angesehen und einen
Verstoß gegen § 1 UWG bejaht, wenn nicht der Angerufene zuvor aus drücklich oder
konkludent sein Einverständnis mit einem solchen Anruf erklärt hat. Diese Beurteilung
stützt sich vor allem auf die Erwägung, daß der Schutz der Individualsphäre
vorrangig gegenüber dem wirtschaftlichen Gewinnstreben von Wettbewerbern ist, und daß
die berechtigten Interessen der gewerblichen Wirtschaft, ihre Produkte werbemäßig
anzupreisen, es angesichts der Vielfalt der Werbemethoden nicht erfordern, mit Werbemaßnahmen
auch in den privaten Bereich des umworbenen Verbrauchers einzudringen.
Nach Auffassung des erkennenden Senats gelten diese Grundsätze nicht nur im Verhältnis
von Wettbewerbern untereinander, sondern erst recht für die Zulässigkeit der
Telefonwerbung gegenüber dem in seiner Privatsphäre zu schützenden Werbeadressaten
selbst. Das Erfordernis eines ausdrücklichen oder konkludenten Einverständnisses
schließt eine Herbeiführung der "Einverständniserklärung" durch Allgemeine
Geschäftsbedingungen aus. Jede andere Sicht der Dinge würde Wettbewerber zu einer
entsprechenden Angleichung ihrer Geschäftsbedingungen ermuntern und zu eben der massiven
Belästigung führen, der das Erfordernis des ausdrücklichen oder zumindest
konkludenten Einverständnisses entgegenwirken soll. Sie würde darüber hinaus dem
Schutzgedanken des § 1 UWG widersprechen.
Daß die Versicherungsnehmer, deren Einverständnis die Beklagte herbeiführen
will, mit ihr ein Versicherungsverhältnis eingehen, ändert an der Unangemessenheit der
Klausel nichts. Das bestehende Versiche rungsverhältnis rechtfertigt ein Eindringen in die
Privatsphäre zu Werbezwecken nicht (vgl BGH, Urteil vom 8. Dezember 1994 - I ZR 189/92 - VersR
1995, 1095). Ebensowenig ist es von Bedeutung, daß die Einverständniserklärung
jederzeit widerruflich ist. Die Klausel soll den Verwender von der Notwendigkeit befreien, das
Einverständnis des Kunden durch Individualvereinbarung herbeizuführen, und verlagert die
Initiative zur Wiederherstellung der ungestörten Privatsphäre auf den Betroffenen (vgl.
BGH, Urteil vom 16. März 1999 - XI ZR 76/98).
B. Die Anschlußrevision der Beklagten
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Anschlußrevision gegen die Auffassung des
Berufungsgerichts, die Klausel des § 22 Satz 2 PVA 96 sei unwirksam.
I. Zunächst ergibt die Auslegung dieser Klausel in Übereinstimmung mit der Auffassung
der Parteien, daß der Versicherungsvermittler solche Willenserklärungen und Anzeigen
nicht bevollmächtigt ist entgegenzunehmen, die der Versicherungsnehmer nach Beginn des
Versicherungsverhältnisses abgibt. Die Klausel findet sich nicht in dem
formularmäßigen Antrag auf Abschluß eines Versicherungsvertrages. Vielmehr ist sie
Bestandteil der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die erst nach Vertragsschluß Wirkungen
entfalten. Auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis es bei der
Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen ankommt ,(BGHZ 123, 83, 85), kann deshalb die
Klausel nicht so verstehen, daß sie (auch) Willenserklärungen und Anzeigen erfaßt,
die er vor Vertragsschluß, also bei Antragstellung abgibt.
II. Der Klausel ist die Wirksamkeit nicht zu versagen.
1. Die Beschränkung der Empfangsvollmacht unterliegt der Kontrolle anhand des AGB-Gesetzes;
es handelt sich um eine Vertragsbedingung im Sinne des § 1 AGBG. Zwar trifft es zu, daß
mit einer Beschränkung der Empfangsvollmacht der Vollmachtgeber grundsätzlich seine
eigenen Verhältnisse, nicht die der Vertragsgegenseite regelt (vgl. Fricke, VersR 1993, 399,
402; Reift, VersR 1998, 976). Dieser Ansatz verfängt aber dann nicht, wenn eine
Empfangsvollmacht - wie die des Versicherungsagenten - eine gesetzliche Ausgestaltung erfahren hat
(§ 43 Nr. 2 VVG) und der Versicherer davon durch Allgemeine Versicherungsbedingungen abweicht.
Die gesetzliche Ausgestaltung der Empfangsvollmacht des Agenten durch § 43 Nr. 2 VVG dient
auch den Interessen und dem Schutz des Versicherungsnehmers. Dieser soll grundsätzlich darauf
vertrauen können, daß der Agent mit den im Gesetz genannten Befugnissen ausgestattet
ist. Die formularmäßige Beschränkung dieser Empfangsvollmacht durch Allgemeine
Versicherungsbedingungen greift in diese Rechtsposition des Versicherungsnehmers ein; sie betrifft
demgemäß nicht nur die eigenen Verhältnisse des Versicherers (vgl. Beckmann, NJW
1996, 1378, 1379; Schirmer, r+s 1995, 273; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1998-1 A 6/96 -
VersR 1998, 1137 unter II, 4; von der Kontrollfähigkeit von Vollmachtsbeschränkungen
gehen ferner aus: Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 3. Aufl. § 9 Rdn. V 79-80; Hensen in
Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 8. Aufl. § 11 Nr. 16 Rdn. 8).
2. Wie auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, verstößt §22
Satz 2 PVA96 nicht gegen § 11 Nr. 16 AGBG. Diese Vorschrift soll den Vertragspartner vor
Klauseln schützen, die ihm die Durchsetzung seiner Rechte durch Bindung von Anzeigen oder
Erklärungen an übersteigerte Form- oder Zugangserfordernisse erschweren. Als besondere
Zugangserfordernisse sind dabei solche anzusehen, die über die allgemeinen
Zugangsvoraussetzungen für empfangsbedürftige Willenserklärungen (§§ 130,
131 BGB) hinausgehen (h.M.: vgl. nur Wolf, aaO § 11 Nr. 16 Rdn. 10; Hensen, aaO § 11 Nr.
16 Rdn. 8).
Die hier in Rede stehende Beschränkung der Empfangsvollmacht des Versicherungsvermittlers
schafft kein besonderes Zugangserfordernis im Sinne des § 11 Nr. 16 AGBG.
Vom Zugang einer empfangsbedürftigen schriftlichen Willenserklärung ist allgemein dann
auszugehen, wenn die Erklärung derart in den Herrschaftsbereich des Adressaten gelangt ist,
daß dieser unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit hat, von ihrem
Inhalt Kenntnis zu nehmen. Ob und wann diese Voraussetzungen bei Einschaltung einer Mittelsperson -
so auch eines Versicherungsvermittlers - gegeben sind, hängt davon ab, ob diese vom Adressaten
zum Empfang der Erklärung bevollmächtigt worden ist. Regelungen der
Empfangsbevollmächtigung gestalten und bestimmen demgemäß erst den Zugangsbereich
des Adressaten und schaffen deshalb grundsätzlich noch kein "besonderes" Zugangserfordernis im
Sinne des § 11 Nr. 16 AGBG. Im Anwendungsbereich des § 43 Nr. 2 WG gilt nichts anderes.
Zwar wird mit dieser Vorschrift die Empfangsvollmacht des Versicherungsagenten für
während der Versicherung abzugebende Anzeigen oder Erklärungen des Versicherungsnehmers
begründet, der Zugangsbereich des Versicherers mithin gesetzlich ausgestaltet. Indessen
gestattet das Gesetz (vgl. § 47 VVG) dem Versicherer zugleich, von § 43 Nr. 2 VVG
abweichende Bestimmungen zu treffen, die Empfangsvollmacht des Agenten also anderweit zu regeln,
diese zu beschränken. Die Ausgestaltung seines Empfangsbereichs ist damit - unbeschadet der
Regelung des §43 Nr. 2 VVG - grundsätzlich in der Hand des Versicherers verblieben. Nimmt
der Versicherer die ihm durch das Gesetz belassene Möglichkeit wahr, die Empfangsvollmacht des
Agenten für schriftliche Mitteilungen, die das Versicherungsverhältnis betreffen,
auszuschließen, regelt er also auch damit die konkrete Ausgestaltung seines Empfangsbereichs
und schafft kein besonderes Zugangserfordernis im Sinne des § 11 Nr. 16 AGBG. Die Auswirkungen
einer solchen Einschränkung der Empfangsvollmacht des Agenten für den Versicherungsnehmer
sind vielmehr am Maßstab des § 9 AGBG zu messen.
3. Die Beschränkung der Empfangsvollmacht des Versicherungsagenten für Mitteilungen,
die das Versicherungsverhältnis betreffen, führt auch nicht zu einer unangemessenen
Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG.
a) Die Vollmacht des Versicherungsagenten zur Entgegennahme von Anzeigen und Erklärungen,
die "während der Versicherung" - also nach Abschluß des Versicherungsvertrages - vom
Versicherungsnehmer zu machen sind, ergibt sich grundsätzlich aus der gesetzlichen Vorschrift
des § 43 Nr. 2 WG. Von dieser Vorschrift weicht § 22 Satz 2 PVA 96 zwar ab, indem er die
Empfangsvollmacht des Vermittlers für alle schriftlichen Willenserklärungen und Anzeigen,
die das Versicherungsverhältnis betreffen, ausschließt. Damit wird jedoch nur eine
Abweichung vollzogen, die das Gesetz dem Versicherer - wie der Zusammenhang der §§ 43, 47
VVG verdeutlicht - gestattet. Denn § 47 WG setzt eine rechtsgeschäftliche
Beschränkung der Vertretungsmacht des Vermittlers bereits voraus und regelt lediglich als
Folge, daß ein Dritter (etwa der Versicherungsnehmer) diese nur dann gegen sich gelten lassen
muß, wenn er die Beschränkung bei Vornahme des Geschäfts oder der Rechtshandlung
kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Die Vorschriften der §§ 43
ff. WG stehen demgemäß einer Beschränkung der Empfangsvollmacht des Vermittlers aus
§ 43 Nr. 2 WG, wie sie sich aus § 22 Satz 2 PVA 96 ergibt, nicht entgegen; sie lassen sie
vielmehr zu.
b) Allerdings ist nicht zu verkennen, daß eine Vollmachtsbeschränkung auch im hier
gegebenen Anwendungsbereich der Klausel dem Versicherungsnehmer nachteilige Auswirkungen haben
kann. Denn er verliert bei Mitteilungen, die er nach Abschluß des Versicherungsvertrages dem
Versicherer zu machen hat, die Möglichkeit, sich unmittelbar und abschließend an
"seinen" Vermittler zu wenden, der ihm regelmäßig bereits bei Vertragsschluß als
zuständiger Vertreter des Versicherers entgegengetreten ist, der ihn bei Vertragsanbahnung
betreut und ihm deshalb als Ansprechpartner des Versicherers bekannt ist. Der Verlust dieser
Möglichkeit wirkt indessen nicht so schwer, daß bereits von einer unangemessenen
Benachteiligung im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG ausgegangen werden könnte.
Die Vollmachtsbeschränkung bewirkt letztlich nur, daß eine schriftliche Mitteilung
nicht dem Agenten, vielmehr unmittelbar dem Versicherer zuzugehen hat. Der Anwendungsbereich des
§ 22 PVA 96 beschränkt sich zudem auf solche Willenserklärungen und Anzeigen, die
der Versicherungsnehmer nach Abschluß des Versicherungsvertrages seinem Vertragspartner zu
machen hat. Das setzt einen konkreten Anlaß zu einer Mitteilung voraus, bei dem es dem
Versicherungsnehmer in der Regel möglich sein wird, sich im Versicherungsvertrag und den
diesem zugrunde liegenden Bedingungen über die Form der Mitteilung und die
Empfangszuständigkeit zu vergewissern (Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. §
47 Rdn. 10). Bei fehlender Kenntnis von der Beschränkung der Empfangsvollmacht des Vermittlers
wird der Versicherungsnehmer darüber hinaus durch die Vorschrift des §47 VVG
geschützt, weil er diese Beschränkung nur dann gegen sich gelten lassen muß, wenn
er sie kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Hinzu kommt schließlich,
daß es dem Versicherungsnehmer unbenommen bleibt, bei seinem ihm vom Versicherer als
Ansprechpartner benannten Agenten auch dann Rat und Auskunft einzuholen, wenn dieser zur
Entgegennahme schriftlicher Mitteilungen nicht bevollmächtigt ist.
Es ist danach nicht festzustellen, daß der Versicherungsnehmer durch die Beschränkung
der Empfangsvollmacht des Vermittlers in seinen Möglichkeiten, dem Versicherer während
des Versicherungsverhältnisses die erforderlichen Willenserklärungen und Anzeigen
zukommen zu lassen, nachhaltig beeinträchtigt wird (so insgesamt schon Senatsurteil vom 10.
Februar 1999 -IV ZR 324/97- zur Veröffentlichung bestimmt).
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