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II

(Vorbereitende Rechtsakte)

KOMMISSION

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 9 0/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG

(98/C 385/10)

(Text von Bedeutung für den EWR)

KOM (1998) 468 endg. - 98/0245 (COD)

(Von der Kommission vorgelegt am 19. November 1998)


DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 57 Absatz 2, Artikel 66 und Artikel l00a,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses,

gemäß dem Verfahren des Artikels 189b EG-Vertrag,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Im Rahmen der Verwirklichung der Ziele des Binnenmarkts sind Maßnahmen zu dessen schrittweiser Festigung zu ergreifen. Diese Maßnahmen müssen gemäß Artikel 129a EG-Vertrag zur Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus beitragen.

(2) Für die Verbraucher wie auch für die Anbieter von Finanzdienstleistungen wird der Fernabsatz von Finanzdienstleistungen zu den wichtigsten greifbaren Ergebnissen des vollendeten Binnenmarkts gehören.

(3) Es liegt im Interesse der Verbraucher im Binnenmarkt, gleichen Zugang zum breitestmöglichen Angebot an Finanzdienstleistungen zu haben, die in der Gemeinschaft verfügbar sind, damit die Verbraucher sich für die Leistungen entscheiden können, die ihren Bedürfnissen am ehesten entsprechen. Zwecks Gewährleistung des Rechts der Verbraucher auf freie Wahl, das für die Verbraucher ein wesentliches Recht darstellt, ist ein bestimmtes Schutzniveau unerläßlich, um sicherzustellen, daß das Vertrauen der Verbraucher in den Fernabsatz wächst.

(4) Für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts ist es unabdingbar, daß die Verbraucher mit außerhalb ihres Landes ansässigen Anbietern Verträge aushandeln und schließen können, und zwar unabhängig davon, ob ein Anbieter über eine Niederlassung in dem Land verfügt, in dem der Verbraucher ansässig ist.

(5) Die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen soll dazu beitragen, die Entstehung der Informationsgesellschaft und die Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs zu fördern.

(6) Die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz enthält die Kernbestimmungen über Verträge, die im Fernabsatz von Waren und Dienstleistungen zwischen einem Lieferer und einem Verbraucher geschlossen werden. Aus dieser Richtlinie sind Finanzdienstleistungen allerdings ausgeklammert.

(7) Im Rahmen ihrer Untersuchungen zur Feststellung des Bedarfs an spezifischen Maßnahmen in dem anstehenden Bereich hat die Kommission u. a. anläßlich ihres Grünbuchs "Finanzdienstleistungen - Wahrung der Verbraucherinteressen" alle betroffenen Kreise um Stellungnahme gebeten. Die entsprechende Konsultierung hat gezeigt, daß eine Stärkung des Verbraucherschutzes in dem betreffenden Bereich erforderlich ist. Demzufolge hat die Kommission beschlossen, einen Vorschlag für ein Regelungsinstrument betreffend den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen vorzulegen.

(8) Unterschiedliche oder abweichende Verbraucherschutzbestimmungen der Mitgliedstaaten im Bereich Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher könnten negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt und den Wettbewerb der Unternehmen im Binnenmarkt zur Folge haben. Es ist daher geboten, auf Gemeinschaftsebene gemeinsame Regeln für den anstehenden Bereich einzuführen.

(9) In Anbetracht des mit der vorliegenden Richtlinie gewährleisteten hohen Verbraucherschutzniveaus, um den freien Verkehr von Finanzdienstleistungen sicherzustellen, dürfen die Mitgliedstaaten für die durch diese Richtlinie harmonisierten Bereiche keine anderen als die mit dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen vorsehen.

(10) Diese Richtlinie gilt für Finanzdienstleistungen jeder Art, die im Fernabsatz erbracht werden können. Da für bestimmte Finanzdienstleistungen jedoch besondere gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen gelten, sind diese auch weiterhin auf diese Finanzdienstleistungen anwendbar. Davon betroffen sind insbesondere die Bestimmungen über die vorherige Unterrichtung des Verbrauchers. Dennoch ist es angezeigt, Grundsätze für den Fernabsatz solcher Dienstleistungen festzulegen.

(11) Entsprechend dem in Artikel 3b EG-Vertrag niedergelegten Subsidiaritäs- und Verhältnismäßigkeitsprinzip können die Ziele dieser Richtlinie auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden, sie können daher wegen des Umfangs und der Auswirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene verwirklicht werden. Die erforderlichen Maßnahmen, die es dem Verbraucher ermöglichen, Kenntnis von den ihm angebotenen Vertragsbedingungen zu nehmen und diese abzuwägen, sowie Maßnahmen zur Gewährleistung der Wahrung der entsprechenden Rechte, sind ausreichend. Vorzusehen sind ebenso Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers vor dem Kauf von Finanzdienstleistungen unter Zwang und vor bestimmten unaufgefordert benutzten Fernkommunikationsmitteln. Vollen Nutzen aus den ihnen mit dieser Richtlinie verliehenen Rechte können die Verbraucher aber nur ziehen, wenn für die Beilegung etwaiger Rechtsstreitigkeiten eine angemessene Regelung vorgesehen ist.

(12) Der Vertragsabschluß im Fernabsatz setzt die Verwendung von Fernkommunikationstechniken voraus. Diese verschiedenen Techniken werden im Rahmen eines Fernkauf- bzw. Ferndienstleistungssystems eingesetzt, bei dem Anbieter und Verbraucher nicht gleichzeitig anwesend sind. Aufgrund der ständigen Weiterentwicklung dieser Kommunikationstechniken müssen Grundsätze formuliert werden, die auch für die noch wenig verbreiteten unter ihnen Gültigkeit haben. Als im Femabsatz geschlossener Vertrag gilt also jeder Vertrag, für den das Anbieten, das Aushandeln und das Abschließen selbst nach dem Distanzprinzip erfolgen.

(13) Ein und derselbe Vertrag, der sukzessive Vorgänge umfaßt, kann je nach Mitgliedstaat in rechtlicher Hinsicht unterschiedlich ausgestaltet sein. Da die Richtlinie aber in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen angewandt werden muß, gilt diese Richtlinie für den ersten einer Reihe von sukzessiven Vorgängen oder den ersten einer Reihe von getrennten Vorgängen, die sich über einen bestimmten Zeitraum erstrecken und als ein Gesamtvorgang betrachtet werden können, und zwar unabhängig davon, ob dieser Vorgang oder diese Reihe von Vorgängen Gegenstand eines einzigen Vertrags oder aufeinanderfolgender getrennter Verträge ist.

(14) Unter die Richtlinie fällt die organisierte Bereitstellung von Dienstleistungen durch den Anbieter von Finanzdienstleistungen, nicht jedoch die Bereitstellung von Dienstleistungen auf gelegentlicher Basis und außerhalb einer Absatzstruktur, deren Zweck der Abschluß von Verträgen im Fernabsatz ist.

(15) Als Anbieter gilt die Person, die Leistungen nach dem Distanzprinzip erbringt. Die Richtlinie muß aber gleichermaßen Anwendung finden, wenn sich eine der Absatzphasen unter Mitwirkung eines Vermittlers vollzieht. Nach Maßgabe von Art und Umfang dieser Mitwirkung müssen die spezifischen Bestimmungen dieser Richtlinie unabhängig von der Rechtsstellung des Vermittlers auf diesen anwendbar sein.

(16) Der Einsatz eines Fernkommunikarionsmittels darf nicht zu einer ungerechtfertigten Einschränkung der dem Verbraucher vermittelten Information führen. Aus Transparenz-Gründen sollten Anforderungen festgelegt werden, die eine angemessene Verbraucherinformation vor und nach Abschluß eines Vertrags gewährleisten. Vor Abschluß eines Vertrags müssen dem Verbraucher die Vertragsbedingungen zugehen, damit er das ihm unterbreitete Angebot eingehend beurteilen und folglich in Kenntnis der Sache seine Entscheidung treffen kann. Damit der Verbraucher über eine Bedenkzeit verfügen kann, dürfen die ihm übermittelten Vertragsbedingungen binnen einer Frist von 14 Tagen nicht einseitig geändert werden.

(17) Vorgesehen werden sollte ein Recht auf Widerruf, das ohne Angabe von Gründen in Anspruch genommen werden kann und keinerlei Veragsstrafe nach sich zieht, wenn der Verbraucher das Vertragsverhältnis eingegangen ist, ohne daß ihm zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags die Vertragsbedingungen vorlagen, oder wenn er während der ihm durch diese Richtlinie eingeräumten Bedenkzeit auf unlautere Weise zum Vertragsabschluß geleitet wurde.

(18) Es ist angebracht, das Widerrufsrecht der Verbraucher für Verträge über Hypothekarkredit, Lebensversicherungen und Individualpensionsgeschäfte zu stärken.

(19) Der Verbraucher sollte vor nicht angeforderten Geschäften geschützt werden. Im Falle unaufgefordert erbrachter Leistungen sollte er von jedweder Verpflichtung befreit sein. Nicht als Zustimmung verstanden werden darf das Ausbleiben einer Reaktion seitens des Verbrauchers. Diese Regel berührt nicht die stillschweigende Verlängerung rechtskräftig zwischen den Parteien geschlossener Verträge.

(20) Die Mitgliedstaaten sollten angemessene Vorkehrungen treffen, um jene Verbraucher, die nicht mittels bestimmter Kommunikationsmittel umworben werden möchten, wirksam zu schützen. Nicht von dieser Richtlinie berührt werden die besonderen Sicherheiten, die dem Verbraucher durch die Gemeinschaftsbestimmungen über den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre eingeräumt sind.

(21) Im Hinblick auf den Schutz der Verbraucher ist es wichtig, die Frage der Beschwerden zu behandeln. In den Mitgliedstaaten muß es angemessene und wirksame Beschwerde- und Abhilfeverfahren zur Beilegung etwaiger Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Anbietern geben; dabei sollten, wo dies angezeigt ist, bestehende Verfahren genutzt werden.

(22) Hinsichtlich des Zugangs der Verbraucher zum Recht und insbesondere zu Gerichten im Falle grenzübergreifender Rechtsstreitigkeiten sollte die Mitteilung der Kommission an den Rad und an das Europäische Parlament über größere Effizienz beim Erwirken und bei der Vollstreckung von Entscheidungen in der Europäischen Union berücksichtigt werden.

(23) Die Mitgliedstaaten sollten die bestehenden öffentlichen oder privaten Einrichtungen, denen die außergerichtliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten obliegt, zur Kooperation im Hinblick auf die Beilegung grenzübergreifender Streitfälle ermutigen.

(24) Im Rahmen des Allgemeinen Übereinkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) sind die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten Verpflichtungen hinsichtlich der Möglichkeit für Verbraucher, im Ausland Bank- und Investmentdienstleistungen zu erwerben, eingegangen. Laut GATS können die Mitgliedstaaten Maßnahmen zu Vorsichtszwecken erlassen, u. a. zum Schutz der Anleger, der Einzahler, der Versicherten bzw. der Personen, denen der Anbieter einer Finanzdienstleistung eine solche Finanzdienstleistung schuldet. Mit derartigen Maßnahmen dürften keine Einschränkungen auferlegt werden, die über das zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes erforderliche Maß hinausgehen.

(25) Es ist folglich erforderlich, die Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG (2), geändert durch die Richtlinie 92/96/EWG, anzupassen.

(26) Aufgrund des Erlasses der vorliegenden Richtlinie ist es notwendig, den Anwendungsbereich der Richtlinie 97/7/EG und der Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen anzupassen -

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1
Anwendungsbereich

(1) Gegenstand dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher.

(2) Bei Verträgen über Finanzdienstleistungen, die sukzessive Vorgänge oder eine Reihe von getrennten Vorgängen umfaßt, die sich über einen bestimmten Zeitraum erstrecken, gelten die Bestimmungen dieser Richtlinie nur für den ersten dieser Vorgänge, und zwar ungeachtet, ob diese Vorgänge nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als Bestandteil eines einzigen Vertrags oder getrennter Verträge betrachtet werden können.

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet

a) "Vertragsabschluß im Fernabsatz": jeder zwischen einem Anbieter und einem Verbraucher geschlossene, Finanzdienstleistungen betreffende Vertrag, der im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems des Anbieters geschlossen wird, wobei dieser für den Vertrag bis zu dessen Abschluß einschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet.

b) "Finanzdienstleistung": jede Dienstleistung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Investmentunternehmen gemäß den Richtlinien 89/646/ EWG, 93/22/EWG, 73/239/EWG und 79/267/EWG des Rates. Eine nicht erschöpfende Liste befindet sich im Anhang zu dieser Richtlinie.

c) "Anbieter": jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit die Dienstleistungen, die Gegenstand von unter diese Richtlinie fallenden Verträgen sind, selbst erbringt oder für deren Erbringung oder für den Abschluß des im Fernabsatz geschlossenen Vertrags zwischen den Parteien als Vermittler handelt;

d) "Verbraucher": jede in der Gemeinschaft ansässige natürliche Person, die bei Verträgen im Sinne dieser Richtlinie zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können;

e) "Fernkommunikationsmittel": jedes Kommunikationsmittel, das ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Anbieters und des Verbrauchers für den Fernabsatz einer Dienstleistung zwischen diesen Parteien eingesetzt werden kann;

f) "Dauerhafter Datenträger": jedes Medium, das es dem Verbraucher gestattet, Informationen zu speichern, ohne daß dieser selber diese Informationen aufzeichnen muß, insbesondere Computerdisketten, CD-ROMs und die Hard Disk zur Speicherung der per E-Mail übermittelten Daten im Computer des Verbrauchers;

g) "Betreiber oder Anbieter eines Fernkommunikationsmittels": jede natürliche oder juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts, deren gewerbliche oder berufliche Tätigkeit darin besteht, Lieferern eine oder mehrere Fernkommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen.

KAPITEL II

RECHTE UIND PFLICHTEN DER VERTRAGSPARTEIEN

Artikel 3
Recht auf Bedenkzeit vor Vertragsabschluß

(1) Vor Vertragsabschluß übermittelt der Anbieter dem Verbraucher alle Vertragsbedingungen auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger, der letzterem zur Verfügung steht und zu dem er Zugang hat. Der Anbieter darf diese Bedingungen während einer Frist von 14 Tagen nicht einseitig ändern.

Die Parteien können eine längere Frist vereinbaren.

Der Verbraucher kann jedoch den Vertrag vor Ablauf der in Unterabsatz 1 genannten oder der vereinbarten Frist unterzeichnen.

Stillschweigen des Verbrauchers bei Ablauf der Bedenkzeit gilt nicht als dessen Einwilligung.

(2) Die in Absatz 1 genannten Fristen beginnen mit dem Tag, an dem der Verbraucher die Vertragsbedingungen auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger, der ihm zur Verfügung steht und zu dem er Zugang hat, entgegennimmt.

(3) Unbeschadet des Absatzes 1 wird bei Verträgen über die in den Ziffern 5 und 7 des Anhangs angeführten Finanzdienstleistungen in dem Fall, in welchem der Anbieter dem Verbraucher die Vertragsbedingungen vor Vertragsabschluß übermittelt, der Preis, dessen Bestimmung sich nach den Sätzen auf den Finanzmärkten, auf die der Anbieter keinen Einfluß hat, richtet, mit ausdrücklicher Billigung des Verbrauchers zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses festgelegt.

(4) Von den Absätzen 1 und 2 nicht berührt werden die Bestimmungen der Mitgliedstaaten über das Zustandekommen von Verträgen und insbesondere die Bestimmungen über die Art und Weise der Zustimmung zum Vertrag durch die Parteien.

Artikel 4
Widerrufsrecht

(1) Ist der Vertrag auf Ersuchen des Verbrauchers geschlossen worden, bevor der Anbieter ihm die Vertragsbedingungen übermittelt hat, stellt der Anbieter dem Verbraucher den Vertrag auf Papier oder auf einem dauerhaften Datenträger, der dem Verbraucher zur Verfügung steht und zu dem er Zugang hat, zu, sobald der Vertrag geschlossen ist.

Der Verbraucher kann den Vertrag binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen und ohne daß Vertragsstrafen zahlbar werden, widerrufen. Bei Verträgen über Hypothekendarlehen, Lebensversicherungen und Individualpensionsgeschäfte beträgt diese Frist 30 Tage.

Die Widerrufsfrist beginnt mit dem Tag, an dem der Verbraucher die Vertragsbedingungen entgegennimmt.

Das Widerrufsrecht gilt nicht für

a) Verträge über die in den Ziffern 5 und 7 des Anhangs angeführten Finanzdienstleistungen, deren Preis auf den Finanzmärkten Schwankungen, auf die der Anbieter keinen Einfluß hat, unterliegen;

b) Nichtlebensversicherungen mit einer Laufzeit von weniger als einem Monat.

(2) Unterzeichnet der Verbraucher den Vertrag innerhalb der Frist gemäß Artikel 3 und ist er dazu auf unlautere Weise vom Anbieter verleitet worden, kann der Verbraucher den Vertrag binnen 14 Tagen unentgeltlich, ohne Vertragsstrafen und unbeschadet des Rechts auf Entschädigung zur Wiedergutmachung des von ihm erlittenen Schadens widerrufen.

Nicht als unlauteres Verleiten zum Vertragsabschluß im Sinne dieser Bestimmung gilt die Übermittlung objektiver Angaben, seitens des Anbieters an den Verbraucher, über den Preis der Finanzdienstleistung, wenn diese Schwankungen am Markt unterliegen.

Die Widerrufsfrist beginnt mit dem Tag des Vertragsabschlusses.

(3) Der Verbraucher macht von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, indem er den Anbieter auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger, der dem Anbieter zur Verfügung steht und zu dem er Zugang hat, benachrichtigt.

(4) Die Mitgliedstaaten sehen in ihren Rechtsvorschriften vor, daß in dem Fall, in dem der Preis einer Finanzdienstleistung ganz oder teilweise durch einen Kredit gedeckt ist, der dem Verbraucher vom Anbieter oder von einem Dritten aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Anbieter gewährt worden ist, der Kreditvertrag ohne Vertragsstrafe für den Verbraucher gelöst wird, wenn das Recht gemäß Absatz 1 geltend gemacht wird.

(5) Maßgebend für die sonstigen Rechtsfolgen und Widerrufsbedingungen ist das auf den Vertrag anzuwendende Recht.

Artikel 5
Zahlung einer vor Widerruf des Vertrags erbrachten Dienstleistung

(1) Macht der Verbraucher von dem ihm gemäß Artikel 4 Absatz 1 eingeräumten Widerrufsrecht Gebrauch, darf von ihm lediglich die unverzügliche Zahlung folgender Beträge verlangt werden:

a) wenn der Preis vom Anbieter vor Vertragsabschluß festgelegt werden kann: den Preis der vom Anbieter tatsächlich erbrachten Finanzdienstleistung;

b) wenn der Preis nicht vom Anbieter vor Abschluß des Vertrags festgelegt werden kann: der Teil des Gesamtpreises der Finanzdienstleistung, die Gegenstand des Vertrags ist, anteilmäßig im Verhältnis zu der Zeitspanne vom Tag des Vertragsabschlusses an bis zum Tag der Geltendmachung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher.

(2) Vor Abschluß des Vertrags unterrichtet der Anbieter den Verbraucher in jeder auf das benutzte Fernkommunikationsmittel abgestimmten Weise über den Preis oder den Betrag, der als Berechnungsgrundlage für den Preis dient, den der Verbraucher dem Anbieter gemäß Absatz 1 in dem Fall zu zahlen hat, wo er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen sollte.

Kann nicht nachgewiesen werden, daß der Verbraucher ordnungsgemäß über den Preis unterrichtet worden ist, darf der Anbieter keinerlei Zahlung vom Verbraucher verlangen, wenn dieser von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht.

(3) Der Anbieter erstattet dem Verbraucher unverzüglich jeden Betrag, den er von diesem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erhalten hat; hiervon ausgenommen sind die in Absatz 1 genannten Zahlungen.

Artikel 6
Unterrichtung des Verbrauchers

Der Anbieter unterrichtet den Verbraucher vor Vertragsabschluß in einer der benutzten Fernkommunikationstechnik angepaßten Weise deutlich und unmißverständlich über die dem Verbraucher gemäß den Artikeln 3 und 4 zustehenden Rechte.

Artikel 7
Übermittlung auf dauerhaften Datenträger

Ungeachtet jedweder anderer Bestimmung, nach der für die Übermittlung ausschließlich der Schriftweg erforderlich ist, kann die Übermittlung der Vertragsbedingungen gemäß den Artikeln 3 und 4 auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erfolgen, der dem Verbraucher zur Verfügung steht und zu dem dieser Zugang hat.

Artikel 8
Nichtverfügbarkeit der Dienstleistung

(1) Ist die Finanzdienstleistung, die Gegenstand des Vertrags ist, ganz oder teilweise nicht verfügbar, unterrichtet der Anbieter den Verbraucher unverzüglich davon.

(2) Ist die Finanzdienstleistung zur Gänze nicht verfügbar, erstattet, der Anbieter dem Verbraucher unverzüglich jede von diesem geleistete Zahlung.

(3) Ist die Finanzdienstleistung teilweise nicht verfügbar, darf der Vertrag nur mit ausdrücklicher Billigung des Verbrauchers und des Anbieters ausgeführt werden.

Andernfalls erstattet der Anbieter dem Verbraucher etwaige von diesem geleistete Zahlungen.

Wird die Dienstleistung nur teilweise erbracht, erstattet der Anbieter dem Verbraucher die für den Teil der Leistung, die nicht erbracht worden ist, geleistete Zahlung.

Artikel 9
Unbestellte Dienstleistungen

(1) Unbeschadet der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die stillschweigende Verlängerung von Verträgen ist die Erbringung von Finanzdienstleistungen im Fernabsatz an einen Verbraucher ohne dessen vorherige Anforderung untersagt.

(2) Im Falle der Erbringung unbestellter Leistungen ist der Verbraucher von jedweder Verpflichtung befreit. Das Ausbleiben einer Reaktion gilt nicht als Einwilligung seitens des Verbrauchers.

Artikel 10
Unerbetene Mitteilungen

(1) Die Verwendung automatischer Systeme für Kommunikation, die ohne menschliche Intervention erfolgen (Voice-Mail-Systeme), oder von Telefaxgeräten zum Zwecke des Fernabsatzes von Finanzdienstleistungen darf nur zulässig sein, wenn damit Verbraucher angesprochen werden, die vorab darin eingewilligt haben.

(2) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit von den Verbrauchern unerbetene Mitteilungen, die zum Zwecke des Fernabsatzes von Finanzdienstleistungen mit anderen als in Absatz 1 vorgesehenen Mitteln getätigt werden,

a) nicht zugelassen werden, wenn dafür die Einwilligung der betroffenen Verbraucher nicht erteilt worden ist,

b) nur in Ermangelung einer offenkundigen Ablehnung von Seiten des Verbrauchers benutzt werden dürfen.

Die Maßnahmen nach Unterabsatz 1 dürfen für den Verbraucher keine Kosten verursachen.

Artikel 11
Unabdingbarkeit

(1) Der Verbraucher kann auf die Rechte, die ihm mit dieser Richtlinie eingeräumt werden, nicht verzichten.

(2) Die Mitgliedstaaten sehen angemessene Strafmaßnahmen zur Ahndung von Verstößen des Anbieters gegen die Artikel 6 und 10 dieser Richtlinie vor.

Sie tragen dafür Sorge, daß der Verbraucher den Vertrag jederzeit ohne Kosten und Vertragsstrafen lösen kann und daß eine unverzügliche Entschädigung zur Wiedergutmachung etwaiger vom Verbraucher erlittener Schäden gewährleistet ist. Diese Entschädigung kann unter anderem die Erstattung der Zahlungen umfassen, die der Verbraucher an den Anbieter in Ausführung des Vertrags geleistet hat.

(3) Dem Verbraucher darf der durch diese Richtlinie gewährte Schutz nicht vorenthalten werden, wenn das auf den Vertrag anzuwendende Recht das Recht eines Drittstaates ist, der Verbraucher seinen Wohnsitz in einem der Mitgliedstaaten hat und der Vertrag eine enge Verbindung mit der Gemeinschaft aufweist.

KAPITEL III

RECHTSSTREITIGKEITEN

Artikel 12
Rechtsstreitigkeiten

(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß angemessene und wirksame Beschwerde- und Abhilfeverfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter vorhanden sind; dabei sind, wo dies angezeigt ist, bestehende Verfahren zu nutzen.

(2) Die in Absatz 1 genannten Verfahren schließen Rechtsvorschriften ein, nach denen eine oder mehrere der folgenden, aufgrund innerstaatlichen Rechts festgelegten Einrichtungen gemäß den jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen kann/können, um die Anwendung der innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie sicherzustellen:

a) öffentliche Einrichtungen oder ihre Vertreter;

b) Verbraucherverbände, die ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben;

c) Berufsverbände mit berechtigtem Interesse an einem Tätigwerden.

(3) Die Mitgliedstaaten ermutigen die für die außergerichtliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten geschaffenen öffentlichen und privaten Einrichtungen zur Kooperation im Hinblick auf die Beilegung grenzübergreifender Rechtsstreitigkeiten.

(4) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die Anbieter und Betreiber von Femkommunikationstechniken, sofern sie hierzu in der Lage sind und ein Gerichtsurteil oder eine Entscheidung einer Verwaltungs- oder Aufsichtsbehörde an sie ergangen ist, Praktiken unterlassen, die als nicht mit den Bestimmungen dieser Richtlinie in Einklang stehend befunden worden sind.

Artikel 13
Beweislast

Die Beweislast in Sachen Erfüllung der Verpflichtungen des Anbieters zur Unterrichtung des Verbrauchers, Einwilligung des Verbrauchers in den Vertrag und gegebenenfalls dessen Durchführung, liegt beim Bieter.

Eine Vertragsbedingung, nach der die Beweislast betreffend die Erfüllung aller oder eines Teils der dem Anbieter aufgrund dieser Richtlinie obliegenden Verpflichtungen beim Verbraucher liegt, gilt als mißbräuchlich im Sinne der Richtlinie 93/13/EWG des Rates.

KAPITEL IV

ÄNDERUNG VON RICHTLINIEN

Artikel 14
Richtlinie 90/619/EWG

Artikel 15 der Richtlinie 90/619/EWG wird wie folgt geändert:

1. In Absatz 1 erhält Unterabsatz 1 folgende Fassung:

"Jeder Mitgliedstaat schreibt vor, daß der Versicherungsnehmer eines Individualversicherungsvertrages über eine Frist von 14 bis 30 Tagen verfügt, vom Zeitpunkt an gerechnet, zu dem der Versicherungsnehmer davon unterrichtet ist, daß der Vertrag geschlossen ist, so daß auf die Rechtsfolgen aus dem Vertrag verzichtet werden kann. Diese Frist beträgt 30 Tage in den Fällen gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie .../.../EG des Europäischen Parlaments und des Rates (*).


(*) ABl. L ..."

2. Absatz 2 erhält folgende Fassung:

"(2) Die Mitgliedstaaten können die Anwendung von Absatz 1 auf Verträge mit einer Laufzeit von 6 Monaten oder weniger ausschließen; dies gilt auch dann, wenn aus Gründen der Situation des Versicherungsnehmers oder der Bedingungen, unter denen der Vertrag geschlossen wird, der Versicherungsnehmer dieses besonderen Schutzes nicht bedarf. Die Mitgliedstaaten geben in ihren Rechtsvorschriften die Fälle an, in denen Absatz 1 nicht zur Anwendung gelangt. Werden solcherlei Verträge jedoch unter Umständen wie in Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie .../.. ./EG genannt, geschlossen, verfügt der Versicherungsnehmer über eine Widerrufsfrist von 14 Tagen (*).


(*) ABl. L ..."

Artikel 15
Richtlinie 97/7/EG

Die Richtlinie 97/7/EG wird wie folgt geändert:

1. Artikel 3 Absatz 1 erster Gedankenstrich erhält folgende Fassung:

"- Finanzdienstleistungen betreffend, die unter die Richtlinie .../.. ./EG des Europäischen Parlamentes und des Rates (*).


(*) ABl. L ..."

2. Anhang II wird gestrichen.

Artikel 16
Richtlinie 98/27/EG

Im Anhang zur Richtlinie 98/27/EG wird folgende Ziffer 10 angefügt:

"10. Richtlinie .../.. ./EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher (*).


(*) ABl. L ..."

KAPITEL V

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 17
Umsetzung

(1) Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie spätestens am 30. Juni 2002 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Bei Erlaß dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in diesen Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit, die sie auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet erlassen. Gleichzeitig übermitteln sie eine Konkordanztabelle, aus der hervorgeht, durch welche innerstaatlichen Vorschriften die einzelnen Artikel dieser Richtlinie umgesetzt werden.

Artikel 18
Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Artikel 19
Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

ANHANG

NICHT ERSCHÖPFENDE LISTE DER FINANZDIENSTLEISTUNGEN

1. Entgegennahme von Einlagen und anderen rückzahlbaren Geldern

2. Darlehen, Konsumenten- und Hypothekenkredite

3. Finanzierungsleasing

4. Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs, Ausgabe und Verwaltung von Zahlungsmitteln

5. Leasinggeschäfte

6. Bürgschaften und Eingehung von Verpflichtungen

7. Annahme, Übermittlung und Ausführung von Aufträgen bzw. Dienstleistungen im Zusammenhang mit Emissionen folgender Finanzprodukte:

a) Geldmarktinstrumente

b) Wertpapiere

c) OGAW und andere Investmentpapiere

d) Termin- und Optionsgeschäfte

e) Wechselkurs- und Zinsinstrumente

8. Portfolioverwaltung und Anlageberatung im Hinblick auf sämtliche unter Ziffer 7 aufgeführten Instrumente

9. Wertpapieraufbewahrung und -Verwaltung

10. Schließfachverwaltung

11. Schadensversicherung

12. Lebensversicherung

13. Lebensversicherung in Verbindung mit Anlagefonds

14. Unbefristete, nicht kündbare Krankenversicherung

15. Tilgungsvorgänge

16. Individualpensionssysteme

 
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